Die Richtung stimmt: Hannes Grundler (am Ball) und der TSV Neuhausen wollen aufsteigen. Foto: Rudel - Rudel

Von Peter Wörz

Neuhausen – Hans Christensen war gut vorbereitet. Der Trainer des SV Kornwestheim war mit dem Wohnmobil nach Neuhausen angereist und hätte die Meisterfeier in der Egelsee Sporthalle 1 so in vollen Zügen genießen können. Aber es kam anders. Nicht der souveräne Spitzenreiter der Baden-Württemberg Oberliga jubelte, sondern Gastgeber TSV Neuhausen. Mit 29:24 (14:12) siegte der Tabellenzweite, vertagte die Kornwestheimer Meisterfeier und unterstrich eindrucksvoll die eigenen Aufstiegsambitionen. „Wir waren bis in die Haarspitzen motiviert“, sagte TSV-Kapitän Timo Durst. Es könnte das Schlüsselspiel für den TSV gewesen sein.

Ein Spitzenspiel war es ohnehin. Von der von Nervosität auf beiden Seiten geprägten Anfangsphase mit leicht hergeschenkten Bällen und ausgelassenen Chancen einmal abgesehen, sahen die Zuschauer gehobenes Niveau. Neuhausen verwandelte einen 7:9-Rückstand (22. Minute) in eine 14:12-Pausenführung, baute den Vorsprung über 21:17 mit zwei Toren in Unterzahl auf 23:17 (44.) aus – und hatte die erste kritische Phase mit Bravour gemeistert. Die Rote Karte für Timo Flechsenhar (37.), dessen Ellbogen bei einer Angriffsaktion im Gesicht von Kornwestheimers Christopher Tinti landete, schien den TSV eher zu beflügeln, denn zu schocken.

Der zweite kritische Moment folgte beim Stand von 24:19, als Kornwestheim mit einer doppelten oder dreifachen Manndeckung den Neuhausener Spielfluss brach. „Da habe ich kurz befürchtet, dass das Spiel kippen könnte“, sagte TSV-Trainer Ralf Bader. Aber sein Team meisterte diesen Moment – auch weil es kühlen Kopf bewahrte und in Ballbesitz die zwei, drei entscheidenden Zweikämpfe gewann. Auf der Gegenseite verhinderte Torhüter Sebastian Arnold – der seinen Vertrag in Neuhausen um zwei Jahre verlängert hat –, dass der Vorsprung bedrohlich schmolz. Alexander Trost und Julian Reinhardt mit je zwei Toren in den letzten vier Spielminuten krönten dann einen insgesamt starken Neuhausener Teamauftritt.

Der wurde mit der 30:32-Niederlage des TSB Schwäbisch Gmünd veredelt, des härtesten Neuhausener Konkurrenten im Kampf um Platz zwei. Mit fünf Punkten Vorsprung geht der TSV nun in die fünf noch ausstehenden Spiele – wobei sich voreilige Gratulationen in Grenzen hielten. In Neuhausen ist man aufgrund der Erfahrung in den vergangenen Jahren vorsichtig geworden, ging dem Team im Saisonfinale doch gelegentlich die Luft aus. Und auch deshalb wird Bader in seinem ersten Jahr beim TSV trotz einer bislang starken Rückrunde letztlich daran gemessen werden, wie sein Team den Endspurt meistert. Für Trost ist das keine Frage. „Wir ziehen das durch“, sagt der Routinier. Bader hat das Team auch in punkto Einstellung offenbar auf ein professionelleres Niveau gehoben. „Da sind wir deutlich weiter, als im vergangenen Jahr. Jeder ist bereit, dem Ziel Aufstieg alles unterzuordnen“, hat Trost in seiner zweiten Saison beim TSV festgestellt. „Die Mannschaft hat Blut geleckt.“
Hans Christensen hat sich gestern derweil den Bart abrasiert. Der war fünf Monate alt, denn seit vergangenen Oktober hat Kornwestheim kein Spiel mehr verloren – bis Samstag.