Vor der Leonhardskirche werden die Müllmänner der Abfallwirtschaft Stuttgart auch weiterhin fegen - aus öffentlichem Interesse. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (lsw/eh) - Der Rechtsstreit um Kosten für die Reinigung der Gehwege vor zwei Stuttgarter Innenstadtkirchen ist mit einem Vergleich zu Ende gegangen. Die Kirche bekommt mehr als die Hälfte der Gebühren zurück, die ihr von der Stadt für das Jahr 2014 in Rechnung gestellt worden waren. Dafür akzeptiert sie, dass städtische Mitarbeiter aus öffentlichem Interesse auch bei ihr fegen. Beide Seiten gingen gestern auf den Vergleichsvorschlag des Verwaltungsgerichts ein.

Anlass des Streits war, dass die Stadt im Mai 2014 drei Adressen der Evangelischen Kirche in der Innenstadt in die sogenannte Reinigungszone 1 aufgenommen hatte. Rund 350 Meter Gehweg vor zwei Kirchen und einem Pfarramt worden fortan sieben Mal die Woche von städtischen Mitarbeitern gereinigt. Wie berichtet, sollte die Kirche dafür nach Monaten exakt 20 419,77 Euro zahlen.

„Die Situation war schon unerträglich“, erinnert sich Kirchenpfleger Hermann Beck an die Zustände vor einigen Jahren am Hospitalhof. Vermüllt sei es gewesen, Beschwerden habe es gegeben. Alle seien sich einig gewesen: „Da muss man was tun.“ Dass die Stadt das Viertel aber in die gleiche Reinigungszone wie die Flaniermeile Königstraße aufnehmen würde, womit die Kirche jährlich fast 70 Euro je Meter Gehweg zahlen musste, damit habe man nicht gerechnet. Beck wundert vor allem die Höhe der Gebühr, Heidelberg zum Beispiel komme mit einem Drittel aus. „Die Besen werden hier ja nicht teurer sein.“

Vertreter der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) verweisen auf ihre Kalkulation. Verglichen mit München etwa stehe man günstig da. Nur 43 Prozent der Gehwegreinigungskosten in Stuttgart seien durch Gebühren gedeckt. Die Kosten seien aufgrund des Personalaufwandes hoch - oft könne nicht mit Maschinen gekehrt werden. Vor Gericht wird deutlich, dass die Stadt mit ihrer Gebührenordnung von 2014 selbst nicht ganz glücklich war. Die Satzung wurde 2016 geändert. Unter anderem sind jetzt 15 Prozent an den Kehrgebühren im Sinne des öffentlichen Interesses berücksichtigt statt bislang fünf Prozent. Zudem wird an der Leonhardskirche nur noch drei- statt siebenmal pro Woche gekehrt.

Der Vorsitzende Richter nimmt das Zurückrudern der Stadt sowohl beim Zuschnitt der Zone als auch bei der Häufigkeit der Reinigung als Vorlage für seinen Kompromiss: Nach der aktuell gültigen Gebührenordnung von 2016 muss die Kirche nur noch 7877,68 EUR zahlen. Das könne doch rückwirkend auch für das Jahr 2014 reichen, schlägt Gaber vor. Die Kirche bekommt damit zwar 12 000 Euro aus 2014 erlassen, muss aber hinnehmen, dass auch an der Leonhardskirche nicht einfach der Hausmeister entscheiden kann, ob Kehrwoche gemacht wird oder nicht. Richter Gaber lässt keinen Zweifel aufkommen, dass die Stadt weiten Ermessensspielraum bei der Frage hat, wo sie die Gehwege selbst reinigt, und wo sie dies in die Verantwortung der Anlieger abgibt. Damit könnten auch die beiden Widersprüche der Kirche gegen die Gebührenbescheide für 2016 und 2017 vom Tisch sein. Einen 50-prozentigen städtischen Anteil an den Reinigungsgebühren, wie ihn Kirchenpfleger Beck für gerechtfertigt hält, seien überzogen, so Garber.