Hans-Eberhard Koch Quelle: Unbekannt

Von Mareike Spahlinger

Stuttgart - Üblicherweise steht bei Wirtschaftspressekonferenzen die Wirtschaft im Mittelpunkt. Nicht so gestern beim Pressegespräch des Landesverbandes der Baden-Württembergischen Industrie (LVI) in Stuttgart. Dort ging es zum größten Teil um die Politik und deren Auswirkungen auf die Branche: Von Donald Trump bis zum Feinstaub in Stuttgart reichte die Palette. Gleich zu Beginn mahnte Hans-Eberhard Koch, Präsident des LVI, dass sich die allgemeine Verunsicherung durch den Protektionismus in den USA und den Brexit eher langfristig als kurzfristig zeigen werde. „Man muss nur mal an Mexiko denken, wenn dort Restriktionen eintreten“, warnte Koch. Dennoch rechnet der LVI in diesem Jahr mit einer etwas stärkeren Konjunktur als im vergangenen. „Im letzten Quartal 2016 gab es eine Aufholjagd, nachdem die Zahlen bis Mitte des Jahres erschreckend niedrig waren“, sagte Koch. Am Ende kam Baden-Württemberg mit einem Wachstum von 1,5 Prozent raus, der Bund schnitt mit 1,8 Prozent etwas besser ab. Von der Aufholjagd des vergangenen Jahres profitiert die Konjunktur im Land bis heute. Deshalb rechnet der LVI mit mehr Wachstum im ersten Halbjahr. Der Grund: stärkere internationale Impulse. „Es zeichnet sich eine deutliche Aufhellung ab“, erklärte Koch. „Südamerika signalisiert, dass es ein bisschen besser wird. Die Konjunktur ist robust. In Brasilien etwa sind die Lkws ganz stark.“ Wie es dann aber im zweiten Halbjahr aussehen wird, kann der Verband noch nicht prognostizieren. „Zu vielfältig sind die Unwägbarkeiten, zu groß die Fragezeichen bei den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, sagte der LVI-Präsident. Viel werde in der Weltwirtschaft davon abhängen, wie es in den USA weitergehen wird.

Bei einem Thema zeigte sich Koch ganz und gar nicht erfreut und nennt die Umweltauflagen in Baden-Württemberg. „Der technische Wandel kommt durch die Digitalisierung.“ Dafür brauche es aber Spielräume, weshalb Koch an die Politik appellierte, diese nicht mit neuen Auflagen enger zu machen. Er betonte: „Wir haben keine emissionsfreie Industrie“. Man könne versuchen, langfristig daran zu arbeiten, aber das ginge nicht von heute auf morgen. Der Aufbau von Beschäftigung dürfte nicht durch immer neue Auflagen verhindert werden. Von Verbandsmitgliedern sei zu hören, dass Genehmigungsverfahren durch Umweltauflagen immer schwieriger würden. „Ich möchte warnen, dass Baden-Württemberg das zu sehr ausschöpft.“ Die Energiewende sei eine riesige Baustelle. „Wir können nicht erkennen, wie dieses hochgesteckte Ziel erreicht werden soll.“ Die Interessenvertretung der Südwest-Industrie rechnet mit höheren Strompreisen.

Diesel nicht alleiniger Sündenbock

Genauso hält Koch das Vorgehen in der Mobilitätswende für die falsche Vorgehensweise: „CO2 reduzieren, Dieselfahrverbote von 2018 an und Verbote von Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2030“, das sei kaum machbar, brauche Zeit und sei mit erheblichen Anstrengungen verbunden. „Null Emission ist das Ziel von allen. Aber man darf das Kind mit dem Bade nicht ausschütten“, sagte Koch. „Eine Politik der ruhigen Hand täte gut“, gab er im Hinblick auf das Stuttgarter Feinstaubproblem zu bedenken: „Man sollte nicht immer gleich auf neue Messungen reagieren, sondern auch warten.“ Koch selbst würde mehr Messstationen einrichten, anstatt nur auf Problemmessstellen einzugehen.

Von einem Fahrverbot für Dieselfahrzeuge hält er nichts. „Man muss aufpassen, das man den Diesel nicht zum alleinigen Sündenbock macht.“ Zusätzlich käme durch die Dieselaffäre einiges zusammen, was den Selbstzünder in Misskredit bringe. „Das ist ein Schaden für die ganze Automobilindustrie.“ Ein solcher massiver Eingriff in eine der deutschen Schlüsselindustrien sei zwar noch nicht erkennbar, könnte aber letztlich dazu führen, dass der hiesige Standort für Autobauer unattraktiver werden würde. „Wir sind immer froh gewesen, dass die Autoproduktion in Deutschland ist“, sagte Koch. Immerhin sei diese Branche der größte Arbeitgeber in der Region Stuttgart. „Aber was tun wir denn, damit sie hier bleibt?“, fragte er in Richtung Politik. In Wahlkämpfen habe er jedenfalls noch nicht gehört, dass jemand die Bedingungen verbessern wollte. Ganz im Gegenteil: „Es gibt immer mehr Belastungen. Das Fahrverbot ist da nur ein kleiner Mosaikstein“, sagte Koch und stellte die Frage: „Wie wichtig ist die Autoindustrie in Baden-Württemberg, dass ihr so leicht ein Fahrverbot aussprechen könnt“. Schließlich bedürfe es neben einer Übergangsfrist von mehreren Jahren etlicher Ausnahmen für den Wirtschaftsverkehr. Wenn aber rasch Konsequenzen aus den hohen Feinstaubwerten gezogen werden müssten, plädierte Koch für ein Fahrverbot nach geraden und ungeraden Autonummern.