Peter Cetera spielte bei Chicago und ist seit 1985 erfolgreich als Solokünstler unterwegs. Fotos: Veranstalter Quelle: Unbekannt

Stuttgart - Zur Zeit ist Udo Lindenberg omnipräsent. Die Medien reißen sich um den Panikrocker. Das ARD widmete ihm eine 2-Stunden-Sendung, in drei Tagen feiert er seinen 70. Geburtstag. Kurz darauf geht er auf Tournee, die ihn am 28. Mai in die Mercedes-Benz-Arena führt. An Stuttgart hat er gute Erinnerungen. „Doch, da hab ich gute Zeiten. Theaterhaus, Werner Schretzmeier und so. Ihr habt doch einen grünen Oberbürgermeister. Find ich cool.“

Als Sie 1970 mit deutschen Texten angefangen haben, hätten Sie damals gedacht, dass Sie in Gronau ein Denkmal bekommen, ein Platz nach Ihnen benannt wird, Sie als deutsches Kulturgut gelten?

Udo Lindenberg: Das wären schöne Visionen gewesen. In den Dimensionen habe ich damals aber nicht gedacht. Ich wollte mich nach vorne trommeln und als Musiker leben. Dass es einmal diese Dimensionen annimmt, hätte keiner gedacht. Diese ganze Heiligsprechung und so. Ich geh damit ganz cool um. Die Menschen in Gronau können das Denkmal angucken und das mit dem Kulturgut und der Literatur ist Ansichtssache. Aber es freut einen schon. Wir haben den Weg für uns hintergekriegt und Pionierarbeit geleistet. Alle haben gesagt: ‘Deutsche Texte, das geht nicht.‘ Natürlich geht das.

Was sagen Sie dazu, dass immer mehr junge deutschsprachige Künstler nach vorne kommen?

Lindenberg: Das ist toll. Davon hab‘ ich immer geträumt. Es war aber harte Arbeit als Breitensportler, deutsche Texte für die breite Bevölkerung zugänglich zu machen. Damals waren die Texte auf englisch. Deutsch war dem Schlager vorbehalten. Die deutschen Dinger musste man erst mal durchpushen. Inzwischen haben wir unsere deutsche Sprache wiedergefunden. Jetzt singen alle in deutsch. Das finde ich sehr, sehr toll.

Gibt es ein Album, von dem Sie sagen, es ist besonders gut gelungen?

Lindenberg: „Hermine“ und „Gustav“ sind sehr besondere Platten, die mir sehr am Herzen liegen. Das ist die Story meiner Eltern. „Hermine“ ist eine fiktive Reise meiner Mutter, die in den späten 20er Jahren beginnt, dann machen wir die 30er Jahre, mit der Kultur und den Songs und Künstlern, die vor dem Nazi-Terror flüchten. Brecht, Weill, Thomas Mann und so. Die Platten sind nicht für ein Riesenpublikum. Sie sind doch sehr speziell. Aber auch die anderen Alben find ich toll. „Udopia“, „Wallküre“. Ganz wichtig ist „Stark wie zwei“ von 2008. Das war nach der Selbstfindung und der Phase, wie geht es weiter. Jetzt ist alles klar und es kommen auch junge Leute zum Konzert.

Wie stellt man Material für eine Show zusammen? Viele neue, aktuelle Sachen oder überwiegend altes Material?

Lindenberg: Beides. Die alten Sachen kriegen den Sound von heute. Das klingt dann auch schärfer als früher. Manche Songs entdecken wir wieder, die selbst das Publikum nicht mehr kennt. Aber viele Leute kommen und sagen, ‘wir feiern da unser Leben. Wir sind schon Jahrzehnte dabei und die Songs waren auch immer dabei‘. Das feiern wir dann gemeinsam. Und dann kommt der Blick nach vorne und die neuen Songs, die aktuellen Bezüge, ins Hier und Jetzt gebracht. Das ist die Gesamt-Panik-Wissenschaft, die da rüberkommt.

Wie ist in einem Stadion der Kontakt zu den Zuschauern möglich?

Lindenberg: Ich will den Leuten nah sein. Deshalb auch die Stege und großen Leinwände. Die Kameras zeigen auch immer wieder das Publikum. Ich will nicht ein Programm abspulen. Es soll schon intim sein. Auch bei 50 000 Leuten. Es wird ein totales Abenteuer, ich freu mich riesig darauf.

Was wünschen Sie, was man später über Sie sagen soll?

Lindenberg: Cooler Vogel, schön crazy, für seine Verrücktheiten bekannt, ein Querdenker. Die Spinner von heute sind die Erfinder von morgen. Anarchie und wildes Denken dabei. Aber ich bin ja noch lange am Start und mache noch 30 Jahre.

Sie treten auch in Stuttgart auf. Haben Sie eine bestimmte Beziehung zu der Stadt?

Lindenberg: Ich habe die Stadt kennengelernt, den Freundeskreis mit Max Herre. Wir waren aber früher auch schon viel in Stuttgart. Im Theaterhaus mit Schretzmeier. Dann waren wir in einem Klub in der Nähe von Stuttgart. Wie hieß der noch? Ja, Manufaktur. Da haben wir schon 1969 gespielt. Da waren wir drei Wochen in Stuttgart und haben auch ein bisschen geguckt. Es gibt viele tolle Menschen, es sind Freundschaften entstanden. Stuttgart ist ja auch die Stadt mit ‘nem grünen Oberbürgermeister. Das ist schon toll. Ich bin ja selber auch ursprünglich Grüner, so die grüne Abteilung.

Wie wird der 70. Geburtstag gefeiert?

Lindenberg: Auf der Bühne. Wir haben ja drumherum Proben und so. Wir chartern einen Rockliner und feiern. Da kommen alle mit ihren Familien, die Panikologen, die Lindianer, die Udonauten. Das wird ‘ne geile Party. Ich gleite von den sexy 60ern in die wilden 70er. Die 70er Jahre waren doch ‘ne geile Zeit. Mit Jimmy Hendrix, Zeppelin und so.

Wie hält man sich für eine solche Tour fit?

Lindenberg: Ich renne jede Nacht, egal, wo ich bin, kriege Physiotraining und so. Das Vertragstrinken hab‘ ich eingestellt.

Die Fragen stellte Edgar Rehberger.