Foto: Symbolbild dpa

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - Sollen Wildtier-Aufführungen im Zirkus verboten werden oder nicht? An dieser Frage scheiden sich in Stuttgart derzeit die Geister. Die Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler wollte sich selbst ein Bild machen und informierte sich gestern beim Circus Carl Busch auf dem Cannstatter Wasen über die Haltung der Tiere.

An der einstündigen Besichtigung nahmen rund 25 Interessierte teil. Manuel Frank, Stallmeister im Circus Carl Busch, zeigte ihnen, wie die Tiere gehalten werden. So sind die sieben Dromedare in einem überdachten Rundgehege untergebracht, das einen Durchmesser von 26 Metern hat. „Da kann keiner behaupten, die Tiere hätten nicht genügend Platz“, sagte Frank. Die zwei Elefantendamen Carla und Maschibi haben in ihrem Außengehege einen Kratzbaum und frische Äste zur Verfügung, nachts würden sie in einem beheizten Stallzelt untergebracht. Anders als von manchen Kritikern behauptet, würden die beiden Dickhäuter keine Verletzungen von Dressurinstrumenten aufweisen. „Wir haben gar keinen Elefantenhaken, weil wir keinen brauchen“, so Frank. Die 25 Pferde des Zirkus wiederum hätten in ihren geräumigen Einzelboxen mehr Platz als in manch einem Reitstall und könnten jeden Morgen 45 Minuten in der Manege laufen. „Wir leben davon, dass es unseren Tieren gut geht und sie einen normalen Charakter haben“, betonte Zirkusdirektor Manuel Wille-Busch. „Wir verstecken nichts. Jeder Besucher kann sehen, dass es unseren Tieren gut geht.“ Wie in anderen Städten, werde der Zirkus auch beim Gastspiel in Stuttgart zwei- bis dreimal von Amtsveterinären kontrolliert - stets ohne Beanstandungen.

Zu der Besichtigung eingeladen hatte die Gesellschaft der Circusfreunde, Sektion Stuttgart. Auslöser war ein Ende Juli dieses Jahres von Mitgliedern der Fraktionen von Grünen, SPD und SÖS-Linke-Plus gemeinsam eingebrachter Antrag, um Aufführungen mit Wildtieren in Zirkussen auf dem Wasen aus Tierschutzgründen zu verbieten. Die Freien Wähler halten davon nichts. „Ein Wildtierverbot im Zirkus wäre völlig überzogen“, sagte Stadtrat Konrad Zaiß nach dem Rundgang. Wichtig sei es, die Einhaltung der bestehenden Regeln bei der Tierhaltung konsequent zu kontrollieren. Die Tiere im Circus Carl Busch hätten auf ihn einen guten Eindruck gemacht. „Ich habe keine Auffälligkeiten festgestellt, es war alles sehr sauber“, so Zaiß. Sowieso könne es sich kein Tiertrainer im Zirkus leisten, dass es seinen Tieren schlecht geht. Auch Rose von Stein hatte an den ihr gezeigten Haltungsbedingungen nichts auszusetzen. „Ich habe den Eindruck, dass die Tiere als Kapital des Zirkus’ gesehen werden“, so die Vizefraktionschefin. „Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele Haustiere in Privatbesitz grauenhaft gehalten werden.“

Für Zirkusdirektor Wille-Busch spielt vor allem der emotionale Bezug eine wichtige Rolle. „Wir lieben unsere Tiere und sind mit ihnen aufgewachsen.“ Manuel Frank berichtete, er habe den Umgang mit den Tieren in die Wiege gelegt bekommen. Für Stadtrat Christoph Ozasek (Linke), der ebenfalls zum Rundgang erschienen war, kein Argument. „Zu sagen, man liebe die Tiere, reicht nicht“, kritisierte der Befürworter eines Wildtierverbots. Ohne Ausbildung könnten die Zirkusverantwortlichen gar nicht beurteilen, ob sie richtig mit den Tieren umgehen. Von den Haltungsbedingungen konnte sich Ozasek indes kein Bild machen, da er schon vor Beginn der eigentlichen Besichtigung wieder ging - aus terminlichen Gründen, wie er sagte.

Die Stadtverwaltung prüft derzeit noch, ob und wie ein Wildtierverbot überhaupt rechtlich möglich wäre. Voraussichtlich am 16. Dezember wird sich der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen damit auseinandersetzen. Die Freien Wähler würden sich auf jeden Fall gegen ein Verbot aussprechen, kündigte Rose von Stein an.