Dorethea Schaller (links) und Angelika Rübmann sind ein eingespieltes Team. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

Wenn kleine Mädchen zu ihr in den Laden kommen, um Ohrlöcher stechen zu lassen, nimmt sich Dorothea Schaller immer sehr viel Zeit. „Ein bisschen tut das schon weh“, sagt die Schmuck- und Uhrenhändlerin aus Neuhausen, aber sie lächelt dabei. „Für Schönheit muss man leiden“ - der Satz fällt bei ihr immer wieder. Aber vor allem nimmt sie Kindern wie Erwachsenen die Angst. „Da bin ich ganz behutsam.“ Und sie freut sich riesig, wenn die Mädchen dann Jahre später zu ihr ins Geschäft kommen, und ihr stolz die neuen Ohrringe vorführen.

Persönliche Beratung, der enge Draht zu den Kunden - darin sieht Schaller eine große Chance für den Einzelhandel jenseits der Zentren. Mitte Dezember schließt die Geschäftsfrau ihren Laden in der Bahnhofstraße. „Aus gesundheitlichen Gründen“ müsse sie aufhören, sagt die 60-Jährige, die vor 27 Jahren ihren Laden eröffnete. Das lange Stehen im Laden fällt ihr immer schwerer. Schon jetzt hat sie mit dem Räumungsverkauf begonnen, „und ich höre von vielen Kunden, dass sie das sehr bedauern“. Aber die elegante Frau mit den grauen Haaren freut sich darauf, dann mehr Zeit für die Enkel Elisa (2 Jahre), Jona (14 Monate) und Silas zu haben. Der Jüngste kam erst vor zwei Wochen auf die Welt.

Das Ende einer Familientradition

Mit der Geschäftsaufgabe endet eine lange Familientradition der Schallers. Denn schon vor 100 Jahren hatte Otto Schaller, der Großvater ihres Mannes, in der Kirchstraße ein Uhrengeschäft, in dem auch Schmuck verkauft wurde. Das übernahmen die Töchter Clara und Lucia, die aber nach Jahrzehnten altershalber aufgeben mussten. Nach einiger Zeit nahm die zweifache Mutter Dorothea Schaller die Familientradition wieder auf und eröffnete ein eigenes Uhren- und Schmuckgeschäft. Mit ihren Mitarbeiterinnen Angelika Rübmann und Ursula Pfeiffer betreute sie die Kunden liebevoll.

Als Einzelhändlerin habe sie ihre Berufung gefunden, findet die langjährige Vorsitzende der Fachgruppe im Bund der Selbstständigen in Neuhausen. Vor fünf Jahren hat der Augenoptiker Christian Wolf das Amt übernommen. Die temperamentvolle Geschäftsfrau erfüllte nicht nur Aktionen beim Fleckenherbst oder bei den verkaufsoffenen Sonntagen mit Leben. Sie sorgte auch dafür, dass die Probleme ihrer Kollegen in der Kommunalpolitik Gehör fanden. „Das Parken ist für uns im Ortszentrum von Neuhausen ein großes Problem“, sagt Schaller. Nicht erst, seit ein Teil der Esslinger Straße geschlossen ist, hätten es die Kunden schwer, Parkplätze zu finden. Denn viele der Plätze in der Tiefgarage beim Rathaus seien dauerhaft vermietet. „Und der Weg vom Parkhaus im Ochsengarten ist gerade für Gehbehinderte nicht einfach zu meistern.“ Schaller wünscht sich, dass das Rathausteam bei der Beschilderung der Umleitungen für die Ortsdurchfahrt noch mehr auf die Wünsche der Gewerbetreibenden eingeht. „Es ist ja nur ein Stück der Straße gesperrt“, sagt sie. Da gelte es, die Kunden so zu lenken, „dass sie unsere Läden im Ortskern gut erreichen.“

Ein Ladensterben sieht sie in Neuhausen nicht, obwohl sie selbst ihren Uhren- und Schmuckladen aufgeben muss. Allerdings litten sie und viele ihrer Kollegen durch die Konkurrenz im Internet. „Viele bestellen die Sachen und bringen sie dann zu uns zur Reparatur“, schildert sie ihre Erfahrungen. Dass man mit Online-Bestellungen viel Geld sparen könne, sei eine Milchmädchenrechnung. „Gerade bei Uhren sind Beratung und Service inklusive, wenn man sie bei uns kauft.“ Wer sich nicht beraten lasse, treffe oft die falsche Wahl. Das Kürzen eines Uhrenarmbands etwas sei im Internet nicht im Preis inbegriffen, „bei uns schon“. Schaller wünscht sich, dass die Kunden in Neuhausen den Einzelhandel weiter stärken, damit unser gutes Angebot im Ortskern erhalten bleibt.“