Musikunterricht ist in Ostfildern sehr gefragt. Doch kann die städtische Musikschule längst nicht alle Wünsche erfüllen. Foto: oh Quelle: Unbekannt

Von Harald Flößer

Mehr geht mit den aktuellen Strukturen nicht. Das ist auf einen kurzen Nenner gebracht die Botschaft von Marcus Borchert, dem Leiter der Musikschule Ostfildern. Die städtische Einrichtung, die 2018 ihr 50-jähriges Bestehen feiern wird, sei an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt: personell, räumlich, organisatorisch und finanziell. Wolle man noch mehr Schülern als bisher die Chance zu einer musikalischen Ausbildung bieten, müsse man über Veränderungen nachdenken - und möglicherweise über höhere Gebühren. Was Borchert am Mittwochabend im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats vortrug, wollte er ausdrücklich als Sachstandsbericht verstanden wissen. So sieht es auch OB Christof Bolay. Für Entscheidungen sei es noch zu früh, bremste er die aufkeimende Diskussion. Borchert habe lediglich die derzeitige Lage dargestellt. Und die offenbart etliche Probleme.

Derzeit werden 1383 Schüler unterrichtet. Damit komme man längst nicht allen Elternwünschen nach. 158 Schüler stehen auf der Warteliste. Nach aktuellen Prognosen ist davon auszugehen, dass bis 2025 die Zahl der am Musikunterricht interessierten Schüler auf 1450 steigt. Mit dem jetzigen Personalbestand sei das nicht machbar, so Borchert. Die Folgen: Die Warteliste würde deutlich länger werden. Die Wartezeiten würden sich auf zwei bis drei Jahre erhöhen.

36 Prozent freie Mitarbeiter

Im Augenblick sind an der Musikschule 61 Lehrkräfte beschäftigt. Davon haben 39 eine normale Anstellung, 22 oder umgerechnet 36 Prozent sind Honorarkräfte, die auf viele Sozialleistungen verzichten müssen. Die Zahl dieser freien Mitarbeiter ist in den vergangenen zwölf Jahren um neun gestiegen. Dank ihrer Mithilfe habe man mehr Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben können, ein Instrument zu lernen. Doch mache der Einsatz der Honorarkräfte die Gesamtorganisation mit komplizierten Absprachen und aufwendigeren Abrechnungen viel schwieriger. Auch die Stadtverwaltung empfiehlt, auf weitere freie Mitarbeiter zu verzichten, „um einen reibungslosen Ablauf des Musikschulbetriebs gewährleisten zu können“.

Die räumliche Situation ist nach Angaben Borcherts ebenfalls „sehr angespannt“. Gut ein Drittel der Schüler wohnen im Scharnhauser Park. Diese seien nicht bereit, nach Nellingen zu fahren, wo sich das Haupthaus der Musikschule befindet. Die Situation im Scharnhauser Park sei jetzt noch prekärer geworden, weil man einen von vier Unterrichtsräumen im Stadthaus an die Stadtverwaltung habe abgeben müssen. Ein anderes Problem: Größere Ensembles, die im Zentrum an der Halle in Nellingen proben, würden regelmäßig durch einmalige externe Veranstaltungen verdrängt.

Kostendeckungsgrad 50 Prozent

Borchert verwies auf viele Kooperationen mit Schulen, Kindertagesstätten und Vereinen, aber auch auf Projekte, die die Musikschule über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt gemacht hätten. Beispielsweise die Arbeit mit behinderten Menschen, aber auch die Kooperation mit den Tagespflege-Einrichtungen in Ruit und im Scharnhauser Park. Doch diese Angebote für ältere und pflegebedürftige Menschen seien gefährdet, weil die Zuschussgeber, vor allem Stiftungen, nicht mehr bereit seien, die Projekte zu unterstützen.

Das Gesamtbudget der Musikschule beträgt 2,2 Millionen Euro. Den größten Posten machen mit 1,65 Millionen Euro die Personalkosten aus. Die Einnahmen betragen 1,1 Millionen Euro. Das heißt, der Kostendeckungsgrad liegt bei 50 Prozent. 2015 waren es 52 Prozent und 2017 ist mit etwa 47 Prozent zu rechnen.

Die Musikschule müsse entsprechend den Einwohnerzahlen der Stadt wachsen, forderte Margarete Schick-Häberle (Grüne). Vermutlich müssten dann aber auch die Gebühren steigen. Negativ bewertet sie, dass so viele Lehrkräfte keine Festanstellung erhielten und damit viel schlechter gestellt seien als ihre Kollegen. CDU-Stadträtin Elfi Kolm sieht die Analyse des Musikschulleiters positiv. „Das Fazit macht mich hoffnungsfroh.“ Ganz anders ist die Einschätzung von Werner Schmidt (SPD). Ein weiteres Wachstum hält er für ausgeschlossen. Die Qualität müsse erhalten bleiben, doch müsse die Zahl der Schüler begrenzt werden, so Schmidt. Denn bei der Musikschule handle es sich um eine freiwillige Leistung der Stadt. Wer nicht auf einen Platz warten wolle, müsse sich mit Privatunterricht begnügen.