Eine kostengünstige Anlage mit Sandsäcken haben Gründungsmitglieder des Verbands Aquaponics Deutschland für Indonesien gebaut. Der Prototyp dafür steht noch immer in ihrer Arbeitsstätte, einem Gewächshaus in Pfedelbach bei Öhringen (Bild). Fotos: oh Quelle: Unbekannt

Das Umweltzentrum Neckar-Fils hat neue Mieter: In einem kleinen Büro im Erdgeschoss hat nun der Verband Aquaponics Deutschland seinen Sitz. Dieser propagiert ein ressourcenschonendes Verfahren, bei dem Fische und Gemüse gezüchtet werden, die am selben Wasserkreislauf hängen. Für die Menschen in Entwicklungsländern mit schlechten Umweltbedingungen eine Chance, findet Verbandschef Peter Winkler.

Von Greta Gramberg

„Mein Fisch ist Gärtner“ steht auf den neuen Visitenkarten von Aquaponics Deutschland, die Peter Winkler auf dem Schreibtisch seines neuen kleinen Büros im Umweltzentrum Neckar-Fils liegen hat. Ihm und den weiteren neun Gründungsmitgliedern geht es darum, in Zukunft mithilfe ihres frisch geschaffenen Verbandes mehr Transparenz über das aquaponische Verfahren herzustellen. Was das ist, beschreibt der Spruch auf den Visitenkarten ganz gut.

Denn bei der Aquaponik geht es um Anlagen, die parallel Fischzucht und Gemüseanbau ermöglichen. Dabei sind beide Teile an einen Wasserkreislauf angebunden: Aus dem Fischtank wird Wasser auf die Pflanzen gepumpt, die statt in Erde etwa in Kies oder anderem angepflanzt werden (Hydrokultur). Das Fischwasser, das gefiltert wird, enthält für Pflanzen wertvolle Nährstoffe. Insofern tragen die Fische zum Gedeihen der Pflanzen bei. Im Anschluss läuft das Wasser von den Pflanzen zurück in den Fischtank.

Der erste Verbandsvorsitzende Peter Winkler ging das Thema zunächst als Hobby an, baute vor fünf Jahren ein solches System im eigenen Garten mit übereinander gehängten Rohren, aus denen Salatköpfe und Erdbeeren sprossen. Der Tank mit Karpfen stand im Schuppen. „Das waren 80 Pflanzen auf wenigen Quadratmetern“, erzählt er. Mittlerweile hat Winkler sein Hobby zum Beruf gemacht: Seit drei Jahren baut der ehemalige Sozialarbeiter mit anderen Gründungsmitgliedern aquaponische Anlagen in ganz Deutschland. In einem Gewächshaus in Pfedelbach bei Öhringen arbeiten sie an ihren Ideen. Ihre Firma Aquaponics Technik bietet auch Kurse für Privatleute und zeigt, wie sie mit Material aus dem Baumarkt ein Aquaponik-System einrichten können.

Mit der Studenteninitiative Enactus Mannheim haben die Aquaponiker vor kurzem sogar ein System nach Indonesien gebracht, das kostengünstig aus Erdsäcken gebaut wurde. In Ländern, wo Armut herrsche, gebe es dafür einen Grund, sagt Winkler: Der reguläre Ackerbau sei oft nicht effektiv umsetzbar, weil der Boden ausgezehrt sei oder Wasser fehle. „Die Aquaponik bietet für beide Probleme die Lösung.“ Gegenüber dem regulären Ackerbau könnten bis zu 80 Prozent Wasser gespart werden - und man brauche keine Erde.

Auch industrielle Anlagen auf Basis des aquaponischen Verfahrens gibt es schon. Doch hier wollen Peter Winkler und seine Kollegen die Euphorie lieber dämpfen: Fische und Pflanzen hätten eigene Bedürfnisse, die nur eine geringe Schnittmenge hätten. Mit dem aquaponischen Verfahren mit nur einem Kreislauf bekomme man darum weder einen Super-Fisch, noch eine Super-Pflanze, so Winkler. Firmen müssten etwa zudüngen, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Den Medien wurde aber zunächst ein anderes Bild vermittelt: das der „Wundermaschine“, die tadellos funktioniere. Hier kommt für Winkler und seine Mitstreiter der Verband Aquaponics Deutschland ins Spiel. „Unser Ziel ist, mehr Transparenz zu schaffen“, sagt der Verbandschef. Zudem erhoffen sich die Gründer, Wissenschaft und Industrie noch mehr zusammenzubringen, um die Verbesserung der Technik voranzutreiben. So schlagen die Aquaponiker etwa vor, für die Industrie ein System mit zwei Kreisläufen zu entwickeln, die nur zeitweise verbunden werden.

Nun sollen peu-à-peu der bundesweite Verband, der noch nicht eingetragen ist, aufgebaut, die Homepage bespielt und Regionalverbände gegründet werden. Einer davon, der Stuttgarter Ableger, wird wie der Deutschlandverband seinen Sitz in Plochingen haben. Hier sei man derzeit in Verhandlung mit einer Firma, die eventuell eine Aquaponik-Anlage am Umweltzentrum aufstellen wird.

Bei einer Infoveranstaltung im Umweltzentrum Neckar-Fils am 25. September um 13.30 Uhr stellt sich Aquaponics Deutschland vor. Ab 11 Uhr gibt es Weißwurstfrühstück.