Foto: Landkreis Esslingen - Landkreis Esslingen

Landrat Heinz Eininger wird nicht die für 2017 gewünschte Kreisumlage bekommen. Freie Wähler und SPD sprachen sich gestern gegen die Erhöhung von 32,5 auf 34 Prozentpunkte aus. Der Kreis erhalte aufgrund der hohen Steuerkraft seiner Gemeinden sowieso fünf Millionen Euro mehr. Damit steht bereits die ablehnende Mehrheit im Kreistag am 8. Dezember fest.

Von Roland Kurz

Eininger wollte über den höheren Hebesatz 243 Millionen Euro von den 44 Kommunen kassieren, bisher waren es 215 Millionen. Es wiederholte sich aber das Procedere des Vorjahres: Auch da sagten die Bürgermeister-Riege und die Sozialdemokraten Nein. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Bernhard Richter, nutzte sogar das letztjährige Kräftespiel als Argument: Der Landrat habe damals 35,6 Punkte vorgeschlagen, dann seien 32,5 Punkte beschlossen worden, und nun erwarte man trotzdem einen Überschuss von fünf Millionen Euro. Ein Jahr zuvor seien es sogar 25 Millionen Euro gewesen. Die aus dem guten Ergebnis 2015 gebildete Rücklage „für besondere Zwecke“ könne man nun 2017 verbrauchen.

Kritisch sehen die Freien Wähler auch die Personalplanung. Grundsätzlich zweifle man den Bedarf von fast 60 weiteren Stellen nicht an, so Richter, aber zunächst solle man zwei Millionen Euro weniger einplanen. Begrüßt hat Richter, dass der Landkreis Trassen für eine Weiterführung der U7 von Nellingen nach Esslingen untersuchen lässt, ebenso eine S-Bahn-Strecke von Neuhausen ins Neckartal.

Die CDU, die in der Regel den Landrat stützt, legte sich dieses Mal bei der Kreisumlage noch nicht fest: Es fehlten noch die Orientierungsdaten des Landes. Fraktionsvorsitzender Martin Fritz deutete aber an, dass Investitionen möglichst ohne weitere Verschuldung umgesetzt werden sollten. Das sei bei einer zu geringen Umlage schwierig. Er sprach sich ebenfalls für die Prüfung der Schienenverbindung von den Fildern ins Neckartal aus: „Nur so kommen wir mit Lösungen im ÖPNV weiter.“

Schon traditionell lehnt die SPD die Finanzwünsche des Landrats ab. „Faire Finanzverteilung“ bedeutet für sie, dass der Hebesatz bei 32,5 Prozentpunkten bleibt, sagte Fraktionsvorsitzende Sonja Spohn. Aufgrund der hohen Steuerkraft der Gemeinden könne der Landkreis dennoch mehr Geld abschöpfen. Eine andere Rollenverteilung gab es im Kreistag bei der Haltung zur Landesregierung. Verteidigte Spohn vor Jahresfrist noch die rot-grüne Regierung, prangerte sie nun Grün-Schwarz an: „Es ist kein guter Stil, wenn die Kommunen geschröpft werden.“ Bei dieser Kritik an der geplanten Kürzung der kommunalen Zuweisungen war sich die SPD mit den Freien Wählern, der FDP und der Linken einig.

Die Grünen bleiben ihrer Finanz-Linie treu: Der Landkreis müsse in Zeiten guter Konjunktur seine Schulden abbauen, deshalb sei die höhere Umlage richtig, betonte Marianne Erdrich-Sommer. Auch die lange Liste an notwendigen Investitionen spreche dafür: Bis zum Jahr 2020 seien es 133 Millionen Euro, und dann folge voraussichtlich der große Brocken Verwaltungsgebäude mit rund 100 Millionen Euro. Die Grünen sind angesichts der Staus für den Ausbau des Festo-Knotens, sehen aber die Lösung nur im konsequenten Ausbau der Schienenverbindungen. Zudem beantragen sie ein „Job-Rad-Konzept“ für die Dienstfahrten der Kreisangestellten und den Umstieg des Fuhrparks am Landratsamt auf Elektromobilität.

Für FDP-Sprecher Ulrich Fehrlen wäre eine Kreisumlage von 33,1 Punkten noch tragbar, das stehe in der mittelfristigen Finanzplanung, und darauf sollten sich die Kommunen verlassen können.

Die REP würden dem Landkreis sogar 35 Prozentpunkte Hebesatz gönnen, damit er Rücklagen für die großen Projekte bilden könne.

Der Landrat gestand am Ende selbst zu, dass zur Entscheidung über die Umlage noch entscheidende Daten fehlten: Er erwarte, dass das Land nächste Woche die Orientierungszahlen bekannt gebe.

Kernausagen der Fraktionssprecher

Bernhard Richter (Freie Wähler)zum Finanzstreit mit dem Land: „Das ist kein strukturelles Defizit des Landes, sondern vielmehr die Finanzierung der politischen Wünsche der grün-schwarzen Regierung - und das voll zu Lasten der Kommunen.“

Martin Fritz (CDU) zum sanierungsbedürftigen Landratsamt in Esslingen: „Auch vor dem Hintergrund einer geringeren Risikobewertung gegenüber der Sanierungsvariante geben wir dem Neubau den Vorzug.“

Sonja Spohn (SPD) zur Integration der Flüchtlinge: „Wenn nur 200 potenzielle Leistungsbezieher eine Arbeit finden, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können, wird der Kreis-Haushalt um rund eine Million Euro entlastet.“

Marianne Erdrich-Sommer (Grüne)zum Umgang mit der Flüchtlingsfrage: „Es muss anerkannt werden, dass wir nicht in einer Bananerepulik kleben, sondern dass die Verwaltung in schwierigen Zeiten gut arbeitet.“

Ulrich Fehrlen (FDP) zum Finanzstreit mit dem Land: „Das ist modernes Raubrittertum.“

Ulrich Deuschle (REP) zur Lastenverteilung: „Die Kosten trägt allein der Steuerzahler - so oder so.“

Peter Rauscher (Linke) zum Ausbau des Festo-Knotens und der Kreuzung an der Nellinger Linde: „Die Planung und der Bau eines Industriestandortes ohne guten ÖPNV-Anschluss sind nicht mehr zeitgemäß.“