Dass es beim Klimaschutz mindestens fünf vor zwölf ist, haben in Plochingen alle Gemeinderatsfraktionen verstanden. Genau ein Jahr nach der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens, genau um 11.55 Uhr, luden sie zusammen mit den Kirchengemeinden zu einer Kundgebung ein. Rund 50 Menschen kamen „für eine energische Energiewende“ zusammen.

Von Karin Ait Atmane

Demonstrationen gibt es in Plochingen nicht alle Tage; zuletzt gingen Plochinger gegen die Schließung des Krankenhauses auf die Straße. Auch damals verfolgten die Initiatoren wie am Samstag quer durch die politischen Lager das gleiche Ziel. Es gehe um eine Ermunterung, sich selbst klimafreundlicher beziehungsweise weniger klimaschädlich zu verhalten, erklärte Peter Blitz von der Offenen Grünen Liste (OGL), der die Veranstaltung angestoßen und organisiert hatte. Das sei der gemeinsame Nenner mit den anderen Gemeinderatsfraktionen und den Kirchengemeinden. Davon ausgehend setzten die Sprecher der jeweiligen Gruppe ihre Akzente.

„Meiner Generation ist es wichtig, dass Umweltschutz zu Hause anfängt“, sagte Abiturientin Leonie Meyer. Junge Leute setzten auf den Lebensstil und das Bewusstsein jedes einzelnen, sie wollten nicht „in Gremien sitzen und darauf warten, dass unsere Beschlüsse umgesetzt werden“, sondern lieber im Rahmen eines sozialen oder ökologischen Jahres selbst etwas tun.

Gastredner Stefan Büttner vom Institut für Energieeffizienz in der Produktion der Universität Stuttgart hob auf sein Fachgebiet ab: Studien zufolge könnten etwa 48 Prozent der notwendigen Energieeinsparungen durch eine höhere Effizienz erreicht werden: „Die Technologie existiert.“ Man brauche kompetente Handwerker, mutige Finanzierer und Verwaltungsbeamte, die auch mal über den Tellerrand blicken.

Büttner betonte wie auch später Cornelia Schmauder, dass die Zeit drängt, will man die Erderwärmung unter zwei Grad - oder besser noch unter 1,5 Grad - halten. Die Bundesregierung werde ihr selbst gestecktes Klimaziel bis 2020 „mit hoher Wahrscheinlichkeit verfehlen“, meinte die stellvertretende OGL-Vorsitzende Schmauder. Aus Sicht ihrer Fraktion könne zum Beispiel eine CO2-Emmissionssteuer für Unternehmen frischen Schwung in die Energiewende bringen. Im Gegensatz dazu forderte Ralf Krasselt (CDU), sich genügend Zeit für den „Marathon“ Energiewende zu nehmen. Das dürfe kein Thema von Gesetzen und Steuern sein, sondern müsse zur Herzensangelegenheit werden. Auch den drohenden Arbeitsplatzverlust durch die Umstellung auf E-Mobilität sprach er an.

Gut ein Drittel der Energie werde in Gebäuden verbraucht, sagte Karel Markoc (Freie Wähler): Energetische Sanierungen böten deshalb einen wichtigen Ansatz. Der neu eingeführte Energieausweis sei aber nur sehr begrenzt aussagekräftig, hier müsse nachgebessert werden. Und Joachim Hahn (SPD) erinnerte an die vielen für Fotovoltaik geeigneten Dächer, die noch unbestückt seien: „Wir könnten auf der Gemarkung Plochingen so viel Strom erzeugen, wie wir auch verbrauchen.“

Klimaschutz sei keine Sache, die „an die da oben“ weitergegeben werden könne, waren sich die beiden Pfarrer einig. „Die Reformation konnte sich nur durchsetzen, weil breite Kreise der Bevölkerung sie unterstützt haben“, sagte Gottfried Hengel für die evangelische Seite. Und der katholische Pfarrer Bernhard Ascher bezog sich auf die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus, in der dieser die Menschen zu konkreter Verhaltensänderung aufruft.

So vereint die verschiedenen Gruppen beim Einsatz für den Klimaschutz auftraten, so sehr hielt sich der Zulauf aus der Bevölkerung in Grenzen. Einige erstaunte Blicke erntete der Demonstrationszug, einige Passanten blieben kurz stehen.