Wer für sein Eigenheim vor Jahren einen Kredit aufgenommen hat, könnte in seinem Vertrag anfechtbare Widerrufsformulierungen haben. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Stephanie Danner

Wer eine Immobilie kauft, kommt um die Finanzierung über eine Bank kaum herum. Dabei geht es in der Regel auch nicht um Kleinbeträge, sondern um hohe Summen. Ein Vertragsabschluss will deshalb wohl überlegt sein. Woran können Verbraucher aber erkennen, ob auch die Widerrufsbelehrungen in ihrem Vertrag korrekt sind? Und wie können sie gegebenenfalls dagegen vorgehen? Fragen, die der Esslinger Fachanwalt Christopher Kress beantwortet.

Warum sind die Belehrungen fehlerhaft?

Anwalt Kress erläutert, dass die aktuellen Fälle des Widerrufs von Immobiliendarlehen Verträge seit August 2002 betreffen. Damals hatte das Bundesjustizministerium einen Mustervordruck für die Belehrung herausgeben. An diesen hätten sich aber die wenigsten Banken und Sparkassen wortwörtlich gehalten. „Fast alle haben Änderungen vorgenommen und damit verschlimmbessert“, sagt der Jurist.

Um welche Fehler geht es?

Laut Kress gibt es beispielsweise die Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens nach Erhalt der Belehrung.“ Der Begriff „frühestens“ sei aber - auch laut einem BGH-Urteil - irreführend, weil er unbestimmt ist. „Das ist juristisch angreifbar“, sagt Kress.

Warum sind Verträge, die nach Juni 2010 geschlossen wurden, nicht mehr betroffen?

Der Gesetzgeber selbst hatte bei der Formulierung seines Musters Fehler gemacht und später darauf reagiert. Seit Juni 2010 gibt es eine Musterbelehrung, die Gesetzescharakter hat. Das heißt, sie muss von den Banken übernommen werden. Halten sich Banken daran nicht, sind diese Verträge anfechtbar.

Wer prüft die Verträge?

Die Verbraucherzentralen bieten eine Überprüfung der Immobilienkreditverträge an - die Verbraucherzentrale Hamburg etwa für 70 Euro. Spezialisierte Anwaltskanzleien bieten die Erstberatung oft kostenlos an.

Wie läuft der Widerruf ab?

Ergibt die Vorprüfung, dass die Widerrufsbelehrung angreifbar ist, werden Ansprüche gegenüber der Bank geltend gemacht. In der Regel strebe man einen Vergleich an, erklärt Anwalt Kress. Banken reagierten aber ganz unterschiedlich. Manche machten innerhalb weniger Monate zum Beispiel ein Angebot zur Reduzierung der Zinslast - also eine günstigere Anschlussfinanzierung bei der bisherigen Bank. Andere wehrten sich und gingen keine Kompromisse ein. Dann kommt es zur Klageandrohung. Urteilen die Richter zugunsten des Kunden, wird komplett rückabgewickelt.

Wie wird rückabgewickelt?

Kress erläutert: „Jeder zahlt zurück, was er erhalten hat.“ Der Kunde zahlt an die Bank den Kreditbetrag plus die vertraglich vereinbarten Zinsen. Die Bank hingegen zahlt die geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen zurück - und zwar verzinst. Üblich seien 5 Prozent über dem Basiszinssatz. Auch Gebühren oder Vorfälligkeitsentschädigungen müssen von der Bank zurückgezahlt werden. Außerdem werden Sicherheiten, wie ein Grundbucheintrag, freigegeben.

Wer trägt die Verfahrenskosten?

Zuerst wird eine Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung des Bankkunden gestellt. Sollte diese nicht greifen oder keine Versicherung vorhanden sein, trägt zunächst der Bankkunde die Kosten. Bei einem Vergleich werde versucht, die Kosten zu verrechnen, erläutert Kress. Wenn ein Gericht zugunsten des Kunden urteilt, muss die Bank sämtliche Anwalts- und Prozesskosten tragen.

Wie läuft es mit der Anschlussfinanzierung, wenn rückabgewickelt wird?

Akzeptiert die Bank den Widerruf, muss innerhalb von 30 Tagen die Rückzahlung erfolgen. „Für viele ist das ein Schreckgespenst“, weiß Anwalt Kress. Bisher habe er aber noch keinen Fall erlebt, bei dem es an der Anschlussfinanzierung scheiterte. „Uns ist nichts von einem Bankenkartell bekannt, das Kunden Kredite verweigert“, sagt Kress mit Blick auf entsprechende Medienberichte. Dennoch rate er den Kunden zu Ehrlichkeit gegenüber der neuen Bank.