Von Klaus Harter

Die Filder sind eine Wachstumsregion, die Wirtschaft boomt, die Nachfrage nach Wohnraum ist größer als das Angebot, die Preise sind entsprechend hoch. Sie verfügen über sehr fruchtbare, für die Landwirtschaft wertvolle Böden, die wegen reger Bautätigkeit aber immer knapper werden. Zudem drohen die Filder unter einer immensen Verkehrslast zu ersticken, die Bewohner leiden unter dem Lärm, der von Straßen, Flugzeugen und künftig auch noch von der Schiene ausgeht. Daraus ergibt sich ein hoher Regelungsbedarf. Der Gemeinderat von Neuhausen ist offen für eine intensivere Zusammenarbeit der Kommunen, lehnt aber einen Zweckverband ab.

Die Initiative für einen „Kommunalen Zweckverband Filder“ wurde aus dem Ständigen Ausschuss des Kommunalen Arbeitskreises Filder (KAF) gestartet. Bereits seit einem Jahr liegt ein Satzungsentwurf vor. Hauptaufgabe wäre, einen gemeinsamen Flächennutzungsplan für die KAF-Mitglieder Denkendorf, Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Neuhausen und Ostfildern zu erstellen. Ostfildern, Denkendorf und Filderstadt befürworten einen Zweckverband, Neuhausen und Leinfelden-Echterdingen lehnen ihn ab. Eine juristische Expertise im Auftrag des KAF ergab, dass die beteiligten Kommunen in einem Zweckverband ihre Planungshoheit verlieren würde, ein Vetorecht sieht das Zweckverbandsrecht nicht vor. Ein Kündigungsrecht hätte eine Kommune ebenfalls nicht. Ein solcher Verband wäre somit auf Ewigkeit angelegt.

Der Gemeinderat von Neuhausen folgte dem Vorschlag der Verwaltung, den Zweckverband abzulehnen, mit großer Mehrheit. Da die Kommune ihre Planungshoheit abgeben würde, könnte sie „nicht mehr bestimmen, was auf unserer Gemarkung passiert“, sagte Rolf Haas (Freie Wähler). Ihn störte auch, dass die Gemeinde Aufgaben, die sie einmal an den Verband übertragen habe, nicht mehr zurückholen könnte. „Was weg ist, ist weg.“ Der Gemeinderat wolle das Recht auf kommunale Selbstbestimmung wahren, wenn er den Zweckverband ablehne, betonte Haas. „Dies hat nichts mit Kirchturmpolitik zu tun.“

Die Entwicklung auf den Fildern gemeinsam zu planen, hielt Haas dennoch für erforderlich. Große Herausforderungen ließen sich nur gemeinsam lösen. Es gebe eine Reihe von Aufgaben wie Verkehr, Einzelhandel und Wohnungsbau. Eine wie bisher lediglich informelle Zusammenarbeit ist ihm zu wenig. Er plädierte dafür, neue rechtliche Möglichkeiten zu nutzen, die der Rechtsanwalt und frühere Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags, Professor Christian Steger, aufgezeigt habe (siehe unten).

Ein Zweckverband sei mit zwei wesentlichen Problemen verbunden, sagte Gabriele Probst (IGL): Es gebe kein Kündigungsrecht und keinen Minderheitenschutz. Daher bestehe die Gefahr, „dass man alles aus der Hand gibt“. Auch sie plädierte dafür, die Zusammenarbeit zu intensivieren und dafür neue rechtliche Möglichkeiten zu nutzen. Peter Schreck (CDU) befürwortete ebenfalls, die neuen Instrumentarien zu nutzen, die die Gemeindeordnung für eine interkommunale Zusammenarbeit zur Verfügung stelle. Ein Zweckverband schwäche dagegen die Gemeinde.

Allein Erich Bolich (SPD) sagte, „ein Zweckverband ist kein Teufelszeug“. Über die Verkehrsbelastung jammerten alle, „aber jeder macht, was er will“. Es sei nicht mehr möglich, „so weiter zu wurschteln wie bisher“. Die Fildern seien längst „zu einer Art Flächenstadt geworden“.

Neue Rechtliche Möglichkeiten für die Zusammenarbeit

Statt einen Zweckverband zu gründen, hält es Professor Christian Steger für „vordringlich“, dass die Gemeinderäte der Filderkommunen festlegen, welche Aufgaben künftig gemeinsam bearbeitet werden sollen. In einem nächsten Schritt müssten sie dann entscheiden, ob besondere Rechtsformen nötig seien, um diese Aufgaben zu erfüllen. Die noch ziemlich frischen Änderungen der Gemeindeordnung und des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (GKZ) ermöglichen neue Formen der interkommunalen Zusammenarbeit, erklärte Steger. So gebe es inzwischen öffentlich-rechtliche Instrumentarien.

Das Land komme damit Forderungen der Kommunen nach, die kommunale Zusammenarbeit weiter zu entwickeln und flexibler zu gestalten. Städte und Gemeinden können jetzt gemeinsam Aufgaben angehen, ohne Zuständigkeiten abzugeben. Der Bund habe im Baurecht ebenfalls eine größere Flexibilität für die Zusammenarbeit geschaffen. So könnte ein gemeinsamer Flächennutzungsplan auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung erstellt werden.