Maßgeschneiderter Wahlkampf: Ulrich Kuhn, FDP-Kandidat im Wahlkreis Kirchheim, trägt draußen immer seine gelbe Jacke. „Ich bin Ihr Kandidat – sprechen Sie mich an“ lautet die Botschaft auf dem Rücken. Foto: Kaier

Von Petra Pauli

Im Wahlkampf ist Ulrich Kuhn, sobald er das Haus verlässt. Dann zieht er sich die knallgelbe Jacke über, die ihn in seinem Wahlkreis Kirchheim so bekannt wie einen bunten Hund machen soll. Auf dem Rücken prangen der Schriftzug der Freien Demokraten und die Aufforderung „sprechen sie mich an!“ Doch es kommt eher selten vor, dass Ulrich Kuhn, der für die liberalen als Direktkandidat ins Rennen geht, zur Rede gestellt wird. Wenn doch, seien es oft Ältere, die im Herzen liberale geblieben seien, von der Partei FDP aber irgendwann enttäuscht worden seien, erzählt Kuhn. neugierig geschaut, was das denn für ein Mensch im kanariengelben Aufzug ist, wird aber fast immer. Das ist ja schon mal was. Auch seine vier Kinder stören sich nicht daran, wenn ihr Papa auffällt. Dabei sind sie mit 8 bis 16 Jahren im besten Alter, in dem einem plötzlich vieles peinlich wird. „Die finden das ganz toll“, versichert Kuhn.

Zielsicher und konzentriert

Ulrich Kuhn hat immer ein offenes Ohr – auch wenn er als Neuling die allermeisten Dinge, die in der Partei schief gelaufen sein mögen, nicht miterlebt hat. er ist ein politischer Quereinsteiger, der erst 2010 Parteimitglied wurde, durch seine langjährige Verbandsarbeit als Arzt bei „Pädnetzs“ aber genau weiß, wie man taktiert und mit vielen Akteuren Kompromisse aushandelt. „ich war immer politisch interessiert, aber keiner Partei nahestehend“, sagt der 51-Jährige rückblickend. Die Gesundheitspolitik hat den Kinder-und Jugendarzt animiert, selbst aktiv zu werden. „Warum immer nur mit den Leuten reden, warum es nicht machen?“, dachte er sich. Als Partei kam für ihn nur die FDP infrage. „Hier geht es um Inhalte und Kompetenz, deshalb liegen mir die liberalen so nahe“, sagt Ulrich Kuhn. seit dem Wahldebakel bei der Bundestagswahl 2013, wo die FDP gerade noch 4,8 Prozent schaffte, mischt Ulrich Kuhn im Ortsverband seiner Partei mit. Kuhn sieht sich als Macher.

„ich habe bis jetzt alles, was ich angepackt habe, auch hinbekommen“, sagt er über sich. etwas in Gang bringen, die Kräfte auf ein Ziel fokussieren – das macht er selbst in seiner Freizeit: beim Bogenschießen. Präzision fasziniert ihn. nicht nur im Sport, sondern auch bei seinem zweiten Hobby. Ulrich Kuhn liebt mechanische Armbanduhren, die er selbst auseinanderbaut und repariert. „Keine edel-, sondern schöne Alltagsuhren“, betont der Mann mit dem markanten Kinnbärtchen. An die 60 Exemplare umfasst seine Sammlung, die nicht nur die Vitrine, sondern abwechselnd sein Handgelenk zieren.

Politik und Praxis

Konzentrieren will sich Kuhn in der Landespolitik vor allem auf die Themen Bildungs- und Gesundheitspolitik. „ganz wichtig ist mir natürlich Politik für unsere Jugend. Als freiberuflich praktizierender Arzt werde ich meine Positionen in diesem Bereich authentisch vertreten können“, ist er überzeugt und glaubt, dass die Kompetenz, die die Menschen seiner Praxis zutrauen, auch auf ein politisches Mandat übertragbar ist. ein großes Thema ist für ihn zudem die Schulpolitik. er fordert einen fairen Wettbewerb zwischen den Schularten und eine bessere Aus- und Weiterbildung von Lehrern. „Die Privilegierung der Gemeinschaftsschule muss aufhören“, formuliert Kuhn ein Ziel, für das er und seine Partei einstehen. Das rad zurückdrehen möchte er zunächst aber nicht: „es muss erst mal Ruhe einkehren, denn verlässliche Strukturen sind gerade für Kinder und Jugendliche sehr wichtig.“ Wenn er gewählt wird, möchte Kuhn weiter als Kinder-und Jugendarzt arbeiten – wenn auch mit reduziertem Umfang. „ich brauche die Bodenhaftung und die Nähe zu den Menschen, um integer arbeiten zu können“, sagt der FDP-Kandidat. ihm ist wichtig, für seinen Wahlkreis ansprechbar zu bleiben. nach der Wahl auch ohne gelbe Jacke.

ULRICH KUHN PERSÖNLICH

Biografisches

Ulrich Kuhn ist Kinder- und Jugendarzt, verheiratet und Vater von vier Kindern. Der 51-Jährige, der in Unterlenningen wohnt, ist ein Quereinsteiger in die Politik und 2010 in die Partei eingetreten. Ulrich Kuhn tritt für die Freien Demokraten im Wahlkreis Kirchheim an. Er wurde auf der Wahlkreiskonferenz einstimmig als Direktkandidat nominiert. Geboren wurde er am 26. Juni 1964 in Dornhan im Kreis Freudenstadt, aufgewachsen ist er in Nehren im Kreis Tübingen, in Mössingen ist er zur Schule gegangen. Seine Facharztausbildung absolvierte er in Reutlingen. 2001 hat sich der Kinder- und Jugendarzt zusammen mit seinem Kollegen Stefan Gaißer, den er aus Kindertagen kennt, in Kirchheim niedergelassen. In den Räumen der ehemaligen Hausmeisterwohnung der Oberlenninger Turn- und Festhalle betreibt er zudem eine Zweigpraxis. Ulrich Kuhn ist Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der PädNetzS eG, der Genossenschaft der fachärztlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg. Bei der FDP ist er im Fachausschuss Sozial-, Gesundheits- und Gesellschaftspolitik tätig.

Drei Fragen, drei Antworten

  1. Wenn ich nicht in die Politik gehe, dann würde ich . . .

. . . als Kinder- und Jugendarzt weiter die Politik verfolgen.

  1. in meiner freien Zeit entspanne ich am besten, wenn ich . . .

 . . . mit meinen Kindern durchs Haus tobe oder wenn ich mich beim Bogenschießen fokussiere. Kommt ganz auf meine Gemütsverfassung an.

  1. Ich werde schwach, wenn ich . . .

 . . . eine schöne Armbanduhr sehe, die meine Sammlung erweitert.