Beliebter Treffpunkt: Das Zwiebelfest lockt alljährlich Gäste aus der Region an. Vom 5. bis 15. August erlebt es die 30. Auflage. Archiv Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Hermann Dorn

Fünf Wochen vor dem Auftakt für das 30. Esslinger Zwiebelfest deutet alles darauf hin, dass die zugkräftige Traditionsveranstaltung auf dem Marktplatz erstmals ohne die Weinstube Eißele stattfinden wird. Ganz abgehakt ist der erbittert geführte Streit unter den Wirten damit allerdings nicht. Im Herbst will sich der Gemeinderat mit der Zukunft des Zwiebelfests beschäftigen.

Noch gibt sich Oliver Brehmer nicht geschlagen. Der Pächter der Weinstube Eißele hat gestern bekräftigt, dass er weiter versuchen will, die Teilnahme am nächsten Zwiebelfest zu erzwingen. Unklar bleibt zunächst, worauf seine Hoffnungen auf eine Wende in dem Zerwürfnis gründen. Auf die Frage, ob er rechtliche Schritte vorbereitet, antwortet er ausweichend. Für Frank Jehle vom „Palmschen Bau“ - er ist Geschäftsführer der Zwiebelfest GmbH - ist das Thema Eißele dagegen erledigt. „Unsere Absage an diesen Bewerber steht. Sie ist einstimmig gefallen“, sagt Jehle. Über die Beweggründe für das Nein will er in der Öffentlichkeit nach wie vor nicht reden. Er beschränkt sich auf die Aussage, dass Brehmer gegen die Regeln der GmbH verstoßen habe und nun die Konsequenzen tragen müsse. Der Kontrahent bestreitet die Vorwürfe, zieht es aber ebenfalls vor, in der Öffentlichkeit über die Vorwürfe der GmbH zu schweigen. Unklar bleibt folglich, ob Gerüchte zutreffen, wonach es um Verstöße gegen gemeinsame Vorgaben für Lieferanten und Tischdecken geht.

Zieger hält sich zurück

Während die Positionen der Konfliktparteien unverändert sind, ist im Rathaus zu hören, dass sich die Politik dauerhaft nicht mit der Zuschauerrolle begnügen will. Wenn es um die Festlichkeiten auf dem zentralen Platz der Stadt geht, bleibt Oberbürgermeister Jürgen Zieger allerdings im Hintergrund. Er ist vor einem Jahr in die öffentliche Kritik geraten, als er mit massivem Druck auf die Wirte erreichte, dass Eißele gegen deren erklärten Widerstand teilnehmen konnte. Nachdem Zieger noch an den Blessuren der damaligen Auseinandersetzung leckt, gibt der Gemeinderat nun sein anfängliches Zögern auf. In die aktuelle Auseindersetzung will er sich aber nicht einmischen. Zunächst wartet er die 30. Auflage des Zwiebelfests ab. Erst im Anschluss rückt der Punkt im Rathaus auf die Tagesordnung.

Der Gemeinderat folgt einer Forderung, die 45 Bürger vor drei Wochen in einem offenen Brief erhoben haben. In ihm äußern sich die Absender besorgt über die Entwicklung des Fests. Während sie sich eindeutig auf Oliver Brehmers Seite schlagen und dafür plädieren, dass die Stadt als Veranstalter das Zepter in die Hand nimmt, halten sich die Fraktionen in diesem Punkt allerdings bedeckt. Man wolle sich zunächst ein eigenes Bild verschaffen, heißt es. Andreas Koch, Fraktionsvorsitzender der SPD, formuliert es für seine Seite so: „Im Vordergrund sollte die Frage stehen, was die ursprüngliche Intention des Sommerevents war und welche Absicht die Stadt heute damit verfolgt.“ In diesem Rahmen könne dann auch über die Auswahl der Wirte gesprochen werden. Zu Erwartungen der Initiative, die Stadt könnte die Regie übernehmen, geht Koch aber auf deutliche Distanz. „Eine Einmischung ins operative Geschäft sehen wir für den Gemeinderat nicht“, sagt er.

„Kein Grund zum Eingreifen“

Jörn Lingnau (CDU), Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) und Carmen Tittel (Grüne) äußern sich im Vorfeld ebenfalls betont vorsichtig. „Das Zwiebelfest ist eine private Veranstaltung der Wirte. Wir werden uns da nicht aktiv einschalten“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende. Auch die Grünen weisen das Ansinnen zurück, die Stadt müsse sich einmischen. „Wir sehen gegenwärtig keinen Grund zum Eingreifen“, erklärt Carmen Tittel. Den Gedanken, dass sich die Politik im Herbst auf die Seite der Weinstube Eißele schlägt, hält sie für abwegig. Das gilt für sie umso mehr, als sie den Zwiebelfest-Wirten aus heutiger Sicht bescheinigt, ihre Sache ordentlich zu machen. Annette Silberhorn-Hemminger schraubt die Erwartungen ebenfalls herunter. „Wir wollen einfach sehen, ob sich das Zwiebelfest im Sinn der Stadt entwickelt“, sagt sie.

Vorschnell wäre es allerdings, aus solchen Aussagen schon jetzt zu folgern, dass sich beim Zwiebelfest gar nichts ändern wird. Koch treibt die Sorge um, bei einem Abwärtstrend für das Zwiebelfest könnte ein Imageschaden für Esslingen eintreten. Bei Lingnau ist von „gemeinsamen Überlegungen, wie es weitergehen kann“ die Rede. Wenn das Eißele künftig fehlen würde, wäre das aus seiner Sicht bedauerlich. Grundsätzlich will er nicht ausschließen, dass die Esslinger Stadtmarketing und Tourismus GmbH (EST) nach dem Weihnachts- und Mittelaltermarkt künftig auch das Zwiebelfest organisiert. Und die Grünen? Für den Fall, dass die Beratungen akuten Handlungsbedarf ergeben sollten, kann sich Carmen Tittel ein Überdenken der städtischen Rolle vorstellen.

Wirte sind gesprächsbereit

Jehle, der Sprecher der Wirte, zeigt sich offen für Gespräche. „Wir erkennen das Recht des Gemeinderats an, über die Entwicklung auf dem Marktplatz mitzureden“, sagt er. Er betont die Bereitschaft, neue Mitglieder aufzunehmen. „Voraussetzung ist allerdings, dass die Partner zum Zwiebelfest passen und die Spielregeln einhalten.“ Oliver Brehmer erfülle diese Kriterien nicht. Deshalb müsse er auch in Zukunft draußen bleiben.