1. Platz
Fotograf: Udo Dreesmann, StuttgartThema: Doppelt gesehen
Titel: Nach dem Regen
Aufgenommen in Riga Foto: Diverse

Von Dagmar Weinberg

Er nimmt auch Menschen, Straßenszenen oder Landschaften in den Sucher. Stefan Brusius’ fotografische Leidenschaft gilt aber den Tieren - ob sie auf zwei oder vier Beinen, an Land oder im Wasser unterwegs sind. „Mir ist es wichtig, Blickkontakt zu den Tieren aufzubauen und das Menschliche aus den Tierporträts herauszuholen“, erklärt der 55-jährige Esslinger. So hat er unter dem Titel „Augenblicke“ eine eigene Fotoserie kreiert, zu der auch das jetzt im bundesweiten Blende-Wettbewerb preisgekrönte Bild „Vierauge“ gehört.

Bevor sich der 55-Jährige ans Werk macht, hat er „das Foto meistens schon im Kopf“. Und bei seinen Tierporträts überlässt er nichts dem Zufall. Vielmehr folgen sie festen Prinzipien: „Ich möchte die Tiere immer direkt von vorne sehen“, erklärt Stefan Brusius. Da ihm zudem die Geometrie wichtig ist, „nehme ich das Gesicht des Tiers immer mittig auf“. Hinzu kommt das Spiel mit Schärfe und Unschärfe, das übrigens auch die Juroren des Blendewettbewerbs an dem preisgekrönten Foto fasziniert hat (siehe Anhang).

In der kleinen „Augenblicke“-Auswahl, die der Esslinger Fotograf auf seinem Smartphone gespeichert hat, finden sich aber auch „gezielte Schnappschüsse“ - etwa ein Chamäleon, das gerade nach vorne schießt, ein Flugfuchs, der sich in seinen Vorhang hüllt, oder eine Gruppe von Kühen, denen Stefan Brusius bei einem Spaziergang auf der Alb begegnet ist. Die hat er so lange beobachtet, bis sich alle perfekt gruppiert hatten und natürlich auch noch direkt in die Kamera schauten. Wer derartige Fotos machen möchte, muss viel Geduld haben. „Da es zur Interaktion zwischen mir und dem Tier kommen muss, kann es Stunden dauern, bis ein Bild gemacht ist.“ Und natürlich ist es nicht damit getan, nur ein oder zwei Mal auf den Auslöser zu drücken. „Da ich genau den Augenblick erwischen muss, in dem mich das Tier interessiert und neugierig direkt anschaut, mache ich auch schon mal 150 Aufnahmen oder sogar noch mehr.“

Bilder im Kopf

Um die Bilder in seinem Kopf umzusetzen, muss der Tierfotograf auch schon mal unkonventionelle Positionen einnehmen. „Wenn ich dann irgendwo eine Zeitlang ganz ruhig mit der Kamera in der Hand auf dem Rücken oder dem Bauch liege, werde ich oft fotografiert“, erzählt Stefan Brusius, der erst im Digitalzeitalter richtig durchgestartet ist. Zwar hatte ihm seine Frau, „als unsere Kinder noch klein waren“, einen Fotoapparat geschenkt. Doch damals konnte er der Fotografie nicht allzu viel abgewinnen. „Da es lange gedauert hat, bis der Film voll und entwickelt war, konnte ich nicht mehr nachvollziehen, warum ein Bild nicht gut geworden war.“ Die Digitalkamera zeigt hingegen sofort den Erfolg - oder eben auch den Misserfolg. „So habe ich das Fotografieren relativ schnell gelernt und habe mich auch durch Bücher von Profis autodidaktisch weitergebildet.“

Seine Motive findet Stefan Brusius nicht nur in der Wilhelma oder auf der Alb, sondern auch auf Reisen. „Inzwischen suche ich die Ziele schon auch danach aus, ob es dort Motive gibt.“ So waren Tansania und Namibia erste Wahl. „Denn für die Tierfotografie ist Afrika natürlich ganz toll.“ Als nächstes großes Ziel steht Nepal auf dem Programm. Auch dort wird der 55-Jährige wieder Tiere in den Sucher nehmen. „Aber mich interessieren natürlich auch die Landschaft und vor allem die Menschen, die dort leben.“