Wolfgang Kiesel Foto: oh Quelle: Unbekannt

Esslingen (erb) - Wolfgang Kiesel, geschäftsführender Gesellschafter der Kiesel Bauchemie, ist gestern 70 Jahre alt geworden. Seit über 45 Jahren bestimmt er die Geschicke des Bauchemie-Spezialisten in Esslingen. Kiesel gehörte zu den ersten Unternehmern, die nach der Wende den Schritt in den Osten wagten.

„Niemand wusste, wie es nach dem Mauerfall weitergeht. Es waren unsichere, aber auch spannende Zeiten“, erzählte Kiesel in einem Interview mit unserer Zeitung über die Tage nach der Wende. Der gelernte Kaufmann betont aber stets: Der Schritt in den Osten „war eine Erfolgsgeschichte“. Mit damals 43 Jahren erkannte Kiesel den lukrativen neuen Absatzmarkt, und versuchte, Kontakt zu Firmen in den neuen Bundesländern aufzubauen. Das auch auf ungewöhnliche Weise: Er fragte seine Mitarbeiter nach Freunden oder Verwandten in Ostdeutschland. Diese sollten von Firmen berichten, die wie die Esslinger Firma Verlegewerkstoffe für Bodenbeläge herstellten. Nach einer Reise 1990 kooperierte die Esslinger Firma schließlich kurze Zeit nach dem Mauerfall mit der Leimfabrik Tangermünde. Von dort betreut das Unternehmen seither den nordostdeutschen Markt.

„Kiesel klebt am Bau“

Mit dem Motto „Kiesel klebt am Bau“ umfasst das Produktportfolio des Familienunternehmens heute Spachtelmassen, Dispersionsklebstoffe für das Verlegen von elastischen und textilen Bodenbelägen, Werkstoffe für das Verlegen von Parkett sowie Feinmörtel für das Verlegen von keramischen Fliesen, Platten und Naturwerkstein. Kiesel Bauchemie beschäftigt 160 Mitarbeiter. Der Hauptsitz ist in Esslingen, Tochtergesellschaften gibt es in den Benelux-Ländern, Polen, Frankreich, Tschechien und der Schweiz.

Kiesel hat sich als Vertreter der mittelständischen Industrie einen Namen gemacht. Zwölf Jahre lang war er der oberste Repräsentant der Wirtschaft im Landkreis Esslingen, erst im Jahr 2013 gab er das Amt als Präsident der IHK-Bezirkskammer ab. Dabei war er „kein Schönwetterpräsident, sondern ein Querdenker und immer authentisch“, sagte Ehrenpräsident Günter Baumann anlässlich seiner Verabschiedung. Bei seinen öffentlichen Auftritten war er als Freund klarer Worte bekannt, intern bewies er bei der Fusion der Bezirkskammern Esslingen und Nürtingen im Jahr 2005 Fingerspitzengefühl. Ob Hilfe für Flutopfer an der Elbe oder die Entwicklung eines Qualifizierungsprogramms für Flüchtlinge: „Nicht jammern, sondern was tun“, lautet das Motto von Kiesel. Der 70-Jährige - ein Fan schöner und großer Automobile - investiert weiterhin in den Stammsitz: So gibt es nach wie vor in Esslingen-Berkheim die „DenkFabrik“, in der die Abteilungen Forschung und Entwicklung ihre Heimat haben. Auch die Nachfolge ist bei Kiesel bereits geregelt: Mit seiner Tochter Beatrice Kiesel-Luik ist die dritte Generation der Familie in der Geschäftsleitung vertreten. Auch die Kinder Carolin Barthel, Anja und Ferdinand Kiesel arbeiten in verschiedenen Positionen im Familienunternehmen.