Der Kirchenmusiker Walter Schimpf bei der Matinee zu Ehren des ehemaligen Organisten Hans-Georg Bertram in der Stadtkirche. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Ulrike Rapp-Hirrlinger

Der evangelische Schelztor-Kindergarten gehört zu den ältesten Kindergärten in Esslingen. 1886 wurde er vom späteren Dekan Heinrich Planck und von dem Fabrikanten Richard Merkel als vierter Kindergarten - damals noch „Kleinkinderschule“ oder „Schüle“ genannt - in Esslingen gegründet. Mit einem öffentlichen Fest am Samstag, 9. Juli, das um 14.30 Uhr beginnt, wird an diese lange Tradition erinnert. Neben anderen haben sich auch der Esslinger Sozialbürgermeister Markus Raab und der evangelische Dekan Bernd Weißenborn zum Fest angesagt. Um die Geschichte des Kindergartens noch anschaulicher dokumentieren zu können, werden nun Erinnerungen von Ehemaligen gesucht.

Wie sehr sich die Kindergarten-Welt seit damals verändert hat, dokumentiert ein großes Foto aus dem Jahre 1910, das im Eingangsbereich der heutigen Kita in der Schelztorstraße zu sehen ist: Darauf ist Schwester Karoline Stellmacher inmitten ihrer vielen Schützlinge zu sehen, die sich mit ernsten Mienen, gefalteten Händen und in ihrer schönsten Sonntagskleidung präsentieren. Mehr als vier Jahrzehnte lang, bis 1927, leitete Karoline Stellmacher diesen Kindergarten. Auch ihre Nachfolgerinnen Martha Hauber, Maria Soller und Sofie Weik waren Großheppacher Kinderschwestern. Erst 1967 übernahmen „weltliche“ Kindergärtnerinnen die Erziehung.

Seit mehr als 20 Jahren leitet Ute Stoye die Kita. Über 90 Prozent der Kita-Kinder haben inzwischen einen Migrationshintergrund. Heute toben rund 60 Jungs und Mädchen aus mehr als 20 Nationen im und ums Haus. Bei aller kulturellen Vielfalt erklärt Ute Stoye: „Es wird Deutsch gesprochen, auch unter den Kindern.“ Schon früh hat sich der Kindergarten den multikulturellen Herausforderungen gestellt. Neben der klassischen Sprachhilfe wurden weitere Sprachförderprogramme installiert, eine Fachkraft für Sprache wurde angestellt. Nach dem Projekt „Frühe Chancen“, in dem der Schelztor-Kindergarten Schwerpunkt- und einzige Konsultations-Kita im Landkreis war, läuft nun die Förderung im Rahmen des Bundesprogramms „Sprachkita - Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“. Auch bei den Betreuungszeiten hatte der Schelztor-Kindergarten die Nase vor. Als einer der ersten in Esslingen bot er verlängerte Öffnungszeiten an. 2002 betrat man mit einer Kleinkindgruppe Neuland.

Ehemalige sind gefragt

Für die anstehenden Feierlichkeiten sammelt der Kindergarten Erinnerungen von ehemaligen Kindergartenkindern, Eltern oder Erzieherinnen. Das können Erinnerungen sein an besondere Ereignisse wie Feste, Ausflüge oder andere Begebenheiten. Ebenso interessant sind Geschichten aus dem Kindergarten-Alltag, Spiele, Lieder oder Geschichten sowie Erinnerungen an einzelne Personen. Auch alte Fotografien und andere Erinnerungsstücke sind höchst willkommen. Daraus soll, wie in einem Puzzle, ein Bild der Vergangenheit des Kindergartens entstehen.

Wer etwas zur Historie beitragen kann, sollte sich an den Schelztor-Kindergarten unter schelztor@ev-kita-es.de oder Tel. 07 11/35 25 21 wenden.

Blick zurück in die Geschichte

Sein erstes Domizil hatte der Schelztor-Kindergarten im Pflügerschen Haus in der Bahnhofstraße. Von dort zog er aber bald in das Gebäude der späteren Jugendherberge an der Ecke Bahnhof- und Schelztorstraße. 1894 stellte Richard Merkel sein Haus in der Schelztorstraße 18a zur Verfügung. Ab 1899 übernahm der „Verein für Kleinkinderpflege“ die Trägerschaft. 1914 vermachte Merkels Witwe dem Verein Haus und Grundstück. Die Stadt Esslingen überließ ein angrenzendes Areal als Garten. Weil der Kindergarten im Dritten Reich als Vereinsbesitz von der Auflösung bedroht war, wurde er der evangelischen Kirche übertragen. Der Verein blieb Träger und bestritt den Unterhalt der Einrichtung. 1961 wurde das Gebäude modernisiert. 1981 wurde das Grundstück an die Stadt verkauft, die dort statt des eingruppigen einen dreigruppigen Kindergarten baute. 1985 fand die Einweihung des Neubaus statt. 1969 löste sich der Verein auf, die evangelische Kirche übernahm die Trägerschaft.