Fahrzeuge sind eine der Hauptquellen für Feinstaub, fraglich ist jedoch, ob Dieselautos deutlich schädlicher sind als Benziner.Archiv Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Tim Seitter

Die Luft in Stuttgart und Esslingen ist dreckig. So dreckig, dass die grün-schwarze Landesregierung beschlossen hat, ab 2018 an Tagen mit erhöhten Feinstaubwerten zentral gelegene Straßen der Landeshauptstadt für ältere Dieselautos zu sperren. Seitdem wird kontrovers diskutiert, ob das der richtige Weg zu einer besseren Luft ist und ob Dieselfahrzeuge überhaupt noch eine Zukunft haben. Bernhard Weigl, Sensorik-Professor an der Hochschule Esslingen, ist „nicht glücklich mit der Verteufelung des Diesels“. Er erklärt, wie Feinstaub bei Autos entsteht und welche Strategien Fahrzeugentwickler verfolgen, um die Luftverschmutzung zu reduzieren.

Feinstaub hat viele Ursachen. Die wohl prominenteste sind Dieselautos. Doch wie produzieren die Fahrzeuge die gesundheitsschädlichen Partikel? „Durch Rückstände bei der Verbrennung von Kraftstoff“, erklärt Bernhard Weigl. Bei der rückstandslosen Verbrennung von Kraftstoff würde nur Kohlendioxid und Wasser entstehen. Doch besonders unter hoher Last und bei hohen Drehzahlen wird beim Diesel eine große Kraftstoffmenge in kurzer Zeit eingespritzt. „Dabei können größere Tröpfchen nicht vollständig verdampfen und abbrennen. Es bleiben kleine Kohlenstoffpartikel, also Ruß und damit Feinstaub übrig. Kraftstoff-Teilchen, die den Bereich der kalten Zylinderwand erreichen, werden ebenfalls nicht vollständig verbrannt“, erläutert der Professor.

Die effektivste Lösung zur Vermeidung von Feinstaubpartikeln sind Rußpartikelfilter. „Ein Filter, wie er in modernen Autos, die die Euro-5- oder Euro-6-Norm erfüllen, verbaut ist, fängt den Ruß ab. Und durch die Motorsteuerung wird er in Intervallen kontrolliert abgebrannt“, sagt der Experte. Dadurch könne der Feinstaub auf ein erträgliches Maß reduziert werden. „So kommen auch Dieselfahrzeuge an das Niveau von Benzinern heran.“ Eine Nachrüstung älterer Modelle mit modernen Filtersystemen hält er für schwierig: „Die notwendige Motorsteuerung und den Filter einzubauen, ist mit hohen Kosten verbunden. Außerdem benötigen die Autos dafür zusätzlichen Platz am Fahrzeugboden, der nicht immer gegeben ist.“

Direkteinspritzer sind schädlicher

Warum gerade Dieselfahrzeuge am Pranger stehen, zeigt ein Blick in die jüngere Vergangenheit. „Die Fahrzeugentwicklung der letzten Jahre war davon getrieben, effizientere und leistungsstärkere Motoren zu entwickeln“, berichtet Weigl. Herausgekommen sind turboaufgeladene, direkt einspritzende Dieselaggregate. Um die Maximalleistung zu erhalten, wird eine hohe Kraftstoffmenge direkt in den Brennraum eingespritzt. „So bleibt nicht genügend Zeit für eine ideale Gemischbildung, was eine unvollständige Verbrennung zur Folge hat.“ Es entsteht Ruß. Doch auch Benzinmotoren produzieren die kleinen Staubteilchen. Um eine hohe Effizienz zu erreichen, nähern sich die beiden Verbrennungsprozesse immer weiter an. „Moderne Benzin-Direkteinspritzer bekommen damit auch die gleichen Probleme“, sagt Weigl. Auch neue Benziner verarbeiten viel Sprit in wenig Zeit, wodurch sich, wie beim Diesel, Tröpfchen bilden, die nicht vollständig verbrennen oder in den Bereich der Zylinderwände kommen. Es entsteht Ruß. Ältere Benzinmotoren haben dieses Problem nicht. „Bei alten Vergasern oder Saugrohreinspritzern hat der Kraftstoff viel mehr Weg und Zeit, um gleichmäßig zu verdampfen. Weniger Feinstaub entsteht“, sagt der Sensorik-Professor.

Die Meinung, Dieselfahrzeuge produzieren viel Feinstaub und Benziner nur wenig, bestätigt Weigl daher nicht. „Es kommt immer darauf an, wie die Fahrzeuge ausgestattet sind.“ Zwar produziere ein alter Diesel deutlich mehr Feinstaub als ein vergleichbarer Benziner, Dieselautos, die die Euro-5- oder Euro-6-Norm erfüllen, lägen allerdings auf demselben Emissionsniveau wie moderne Benziner. Außerdem entsteht Feinstaub auch durch Brems- und Reifenabrieb. „Diesel, Benziner und auch Elektroautos tragen hier alle ihren Teil dazu bei“, betont Weigl. Speziell der Abrieb der Reifen sei allerdings selten kritisch, da die Partikel in der Regel größer seien als zehn Mikrometer und somit nicht in den Körper gelangen könnten.

Auf Dieselmotoren in Zukunft zu verzichten, hält Weigl für keine passende Lösung. „Wir haben nicht nur ein Feinstaubproblem, sondern auch ein Kohlenstoffdioxid-Problem. Auf sparsame Diesel, die weniger Treibhausgas ausstoßen, zu verzichten, halte ich für falsch. Besonders die modernen, spritsparenden und gefilterten Diesel sollten nicht verteufelt werden.“