Der japanische Autokonzern Toyota ließ den Diesel links liegen und konzentrierte sich auf die Hybridtechnik. Unser Bild zeigt den neuen Prius mit Plug-in-Technik, der sich an der Haushaltssteckdose laden lässt. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Der Hybrid S 500 e kostet 109 777 Euro und damit genau so viel wie der Verbrenner S 500. Der BMW-Vorstand erwartet eine Kostenhalbierung beim Plug-in-Antrieb innerhalb der nächsten zehn Jahre.

Von Dietmar Krepper

Esslingen - In der Autoindustrie startet ein Duell: Die sparsamen Dieselmotoren müssen mit der Abgasbremse fahren, der teure Erfolgstyp Plug-in-Hybrid beschleunigt mit zwei Antrieben und braucht im Regelfall nur einen. Wer das Rennen macht, wird sich zeigen. Dieselautos sparen und Plug-in-Hybridmobile sind teuer. Das könnte sich ändern. Für Dieselautos wird es aufwendiger die EU-Abgasgrenzwerte zu schaffen. Die Plug-in-Hybride werden stückzahlbeschleunigt billiger und technisch immer sparsamer.

Die Elektrifizierung des Antriebs ist ein wichtiger Weg, um die EU-Abgasziele zu erreichen. Das Zauberwort heißt: Plug-in-Hybrid. Für die einen wird mit dieser Doppelherzlösung das Beste aus zwei Welten auf die Straße gebracht, nämlich die Reichweite eines verbrauchsgünstigen Verbrennungsmotors mit den abgasfreien Vorteilen des Elektroantriebs, der an der Steckdose aufgeladen werden kann. Für die anderen ist dieser Zwillingsantrieb die teuerste Art Sprit zu sparen. Experten zufolge ist der Plug-in-Hybrid die Brückentechnologie zum reinen Elektroauto. Immerhin schaffen es die Plug-in-Hybrid-Modelle, bis zu 50 Kilometer rein elektrisch zu fahren. Das verhilft beim EU-Verbrauchstest zu fantastischen Verbrauchangaben von zwei bis drei Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer.

Für Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber ist klar: „Mittelfristig sehen wir den Plug-in-Hybrid als unsere Zukunftstechnologie für große Fahrzeuge.“ Das Unternehmen mit dem Stern startet deshalb eine Offensive, um fast alle Baureihen an die Steckdose zu bekommen. Zurzeit sind sechs Modelle mit dem kleinen „e“ im Plug-in-Angebot: der S 500 e, die C 350 e Limousine mit T-Modell, die SUVs GLE 500 e und GLC 350e und die E 350 e Limousine. Weitere Modelle kommen hinzu und 2017 wird Mercedes zehn Plug-in-Hybride anbieten.

Mercedes lockt: Der Hybrid S 500 e kostet 109 777 Euro und damit genau so viel wie der Verbrenner S 500. Nur hat der einen V 8 unter der Haube, während sich der Hybrid 500er mit sechs Zylindern begnügen muss, aber mit einem Elektromotor auf die gleiche Power von 450 PS kommt. Ähnlich ist es beim Vergleich der Mercedes-Verbrenner und ihren markengleichen Plug-in-Konkurrenten.

Bei Antriebsleistung und Anschaffungspreis gibt es geringe Unterschiede. Die Plug-in-Hybride müssen aber durch den zusätzlichen Elektroantrieb und die Batterie über 200 Kilogramm mehr herumschleppen, was auf den Treibstoffverbrauch drückt. Nach dem Euro-Verbrauchszyklus ist ein 500 e mit realitätsfernen 2,8 Liter auf 100 km unterwegs. Dass die aufwendige Hybrid-Technologie von Mercedes zu fast den gleichen Preisen wie die weniger aufwendige Verbrenner-Technik angeboten wird, heiß im Klartext: Der 500er-Kunde subventioniert den 500 e Hybrid-Käufer und der Automobilkonzern schafft damit höhere Stückzahlen bei den Modellen mit niedrigem EU-Flotten-Normverbrauch.

Auch Porsche beschleunigt den Plug-in-Hybrid mit attraktiven Preisen. Der SUV Hybrid-Cayenne und die Sportlimousine Panamera bieten die gleichen Fahrleistungen wie die entsprechenden Modelle mit Verbrennungsmotor - und das zum fast gleichen Preis. Mit dieser Strategie schaffte es Porsche, jeden zehnten Cayenne und Panamera mit Plug-in-Antrieb zu verkaufen. Das ist ein deutlich höherer Anteil als die Konkurrenz bringt. Es ist ein offenes Geheimnis, das die Nachfolgemodelle der in Serie befindlichen Porsche-Baureihen ebenfalls elektrifiziert werden. So wird der 911er künftig hybrid beschleunigt. Doch für den weltweit profitabelsten Autohersteller ist das eher ein Kraftakt als ein aktuelles Geschäft. Finanzvorstand Lutz Meschke klagt: „Diese Maßnahmen kosten Geld und verringern den Ergebnisbetrag. So liegen die Kosten der Herstellung eines Plug-in-Hybridmodells um mehr als 10 000 Euro über den Kosten des jeweiligen Schwestermodells mit Verbrennungsmotor. Das Plug-in-Fahrzeug hat sowohl den herkömmlichen als auch den elektrisch betriebenen Antriebsstrang, aber am Markt bekommen sie diese zusätzlichen Kosten nicht durch entsprechend höhere Preise zurück.“ Die Autohersteller stecken in der Zwickmühle. Die Plug-in-Hybridmodelle müssen trotz geringerer Profite auf höhere Stückzahlen kommen, damit die EU-Abgasgrenzwerte erreicht und die Entwicklungskosten eingespielt werden können.

Bei Kleinwagen war der teurere Dieselmotor angesichts geringer Jahreslaufleistung schon bisher kaum die kostengünstigste Lösung. Die immer aufwendigere Abgastechnik könnte aber die Kompaktautos und Mittelklassemobile ins Kostenabseits fahren. Auch hier lautet die Lösung: Elektrifizierung des Antriebsstranges. Das Zauberwort heißt 48-Volt-Technologie. Damit wird das Start-Stop-System aufgerüstet. Beim Anfahren beschleunigt zusätzlich ein kleiner Elektromotor, bei höheren Geschwindigkeiten lässt sich spritsparend „segeln“ und beim Bremsen wird Strom zurückgespeist, also rekuperiert. Eine Lithium-Ionen Batterie mit einer Kapazität von 0,5 kWh braucht wenig Platz und ist vergleichsweise billig. Dieses Mild-Hybrid-System hilft beim Beschleunigen und spart 20 Prozent Treibstoff. Das ist dann Dieselniveau zu deutlich niedrigeren Kosten. Dieses Mild-Hybrid-System, das Bosch und Continental schon angekündigt haben, kostet vermutlich knapp 1000 Euro. Nachteil: Es wird erst 2017 auf den Markt kommen.

Bleibt die Frage, ob der Plug-in-Hybrid weiterhin zumindest bei Oberklassemobilen zu den Technologien von morgen zählt. BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich erwartet „eine Kostenhalbierung beim Plug-in-Antrieb innerhalb der nächsten zehn Jahre. Das ist das Mindeste“. Doch dann bleibt das spritfressende Übergewicht der zwei Antriebe. Mehr Ballast bedeutet mehr Treibstoffverbrauch. Ein banales Argument kommt hinzu: Die Plug-in-Mobile bieten weniger Motorenprestige - V6 statt V8. Viele offene Fragen. Audi-Chefentwickler Stefan Knirsch sieht in den Plug-in-Hybriden „mehr als eine Brückentechnologie, das wird uns noch länger begleiten“.

Vor 116 Jahren entwickelte Ferdinand Porsche das erste Hybrid Auto, den Lohner-Porsche. Doch auf Millionen-Stückzahlen kam erst der derzeitige Weltmarkt-Spitzenreiter Toyota. Der japanische Konzern präsentierte 1997 das erste Hybridmobil in Großserie, den Toyota Prius, der in Millionenauflage auf die Straße kam. Toyota produzierte inzwischen mehr als acht Millionen Hybrid-Pkw, davon über 3,5 Millionen Priusmodelle.

Die Japaner ließen den Diesel links liegen und konzentrierten sich auf die Hybridtechnik. Die Verbrauchsdaten erreichen inzwischen Dieselniveau. Dazu kommt, dass der Diesel eine europäische Erfolgsgeschichte ist, aber auf den großen Weltautomobilmärkten in China und den USA eine Nebenrolle spielt. Dort punktete der Hybrid. Toyota-Entwicklungschef Takeshi Uchiyamada ist der Meinung, dass man mit kleinen Schritten anfangen muss, wenn man große Ziele erreichen will. Mit dieser Strategie startete Toyota mit dem Hybridmodell Prius und feiert zehn Jahre später hybride Markterfolge auf den drei weltgrößten Automobilmärkten China, USA und Westeuropa, während der Diesel nur auf dem westeuropäischen Markt ein Erfolgstyp ist. So schaffen die Plug-in-Hybridmobile drei Spitzenpositionen: Einmal können sie nach der EU-Norm mit niedrigen Verbrauchwerten punkten, zum anderen sind sie auf allen Weltautomobilmärkten erfolgreich zu verkaufen. Außerdem verlängern sie die Überlebenschancen der milliardenteuren Spitzentechnologie und der entsprechenden Investitionen der deutschen Hersteller bei Verbrennungsmotoren und Automatikgetriebe, denn die wäre bei reinem Elektroantrieb ganz schnell aus dem Rennen.