Christa Müller Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Die Nachricht traf viele seiner Parteifreunde unvorbereitet: Sigmar Gabriel wird nicht als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel antreten, und er will sein Amt als SPD-Parteichef aufgeben. Die EZ hat sich bei Sozialdemokraten in Stadt und Kreis umgehört, die Gabriels Entscheidung mit Respekt kommentieren und sich Rückenwind für die Bundestagswahl versprechen.

Wolfgang Drexler, Esslinger SPD-Landtagsabgeordneter: Die Nachricht kam überraschend, aber ich kann sie nachvollziehen. Man darf nicht übersehen, dass Sigmar Gabriel in der Bevölkerung mit Einschätzungen zu kämpfen hat, die er seit seiner Zeit in Niedersachsen nie richtig hinter sich lassen konnte. Politische Entscheidungen sollte man nicht von Umfragen abhängig machen, aber im Vergleich zu Martin Schulz schneidet Gabriel gegenüber Merkel deutlich schlechter ab. Deshalb sind die Wahlchancen für Schulz erheblich besser - gerade in unserer weltpolitischen Situation, wo er mit seiner Erfahrung auf europäischer Ebene punkten kann. Ich habe großen Respekt vor Gabriels Entscheidung, die ihm sicher nicht leicht gefallen ist. Er hat sie im Interesse der SPD getroffen - dafür gebührt ihm Lob. Schade finde ich, dass er nicht Parteivorsitzender bleiben möchte, weil ich ihn in diesem Amt sehr gut finde.

Christa Müller, SPD-Stadträtin in Esslingen: Martin Schulz halte ich für den geeigneteren Kandidaten, weil er an der Basis besser ankommt als Sigmar Gabriel. Allerdings würde ich Manuela Schwesig noch lieber als Kanzlerkandidatin sehen. Es würde der SPD gut anstehen, mit einer Frau ins Rennen zu gehen. Sie wäre ein interessanter Gegenentwurf zu Merkel. Aber ich kann mit Martin Schulz gut leben. Er ist ein gestandener Sozialdemokrat, verkörpert die Werte unserer Partei, er ist gradlinig, und er weiß, wovon er spricht. Mit ihm sehe ich dem Wahlkampf mutig und entschlossen entgegen und glaube, dass Schulz der SPD schon noch den einen oder anderen Prozentpunkt bringen kann. Und wir wollen mit unserer Kandidatin Regina Rapp davon auch profitieren.

Daniel Blank, SPD-Mitglied in Esslingen: Man kann nicht darüber hinwegsehen, dass Sigmar Gabriel bei vielen Bürgern im Ruf steht, etwas wankelmütig zu sein. Ganz egal, ob dieses Urteil gerechtfertigt ist oder nicht - für die Bundestagswahl wäre das sicherlich eine Hypothek geworden. Mit Martin Schulz können wir jetzt einen Kandidaten gegen Angela Merkel aufbieten, der in der Bevölkerung hohes Ansehen genießt. Das macht uns im Wahlkampf manches leichter. Ich hätte aber nichts dagegen, wenn Gabriel Parteivorsitzender bleiben würde.

Andreas Kenner, Kirchheimer SPD-Landtagsabgeordneter: Es ist ja kein Geheimnis, dass Sigmar Gabriel bei vielen nicht so richtig angekommen ist - sogar in der eigenen Partei. Schulz ist der richtige Mann in dieser Zeit. Gabriels Entscheidung hat Größe und wird der Partei einen Schub geben. Diese Entscheidung kommt zur rechten Zeit - für die Partei und für ihn persönlich. Ich kann mir Gabriel sehr gut als Außenminister vorstellen. Jetzt heißt es, die Ärmel hochzukrempeln und den Wahlkampf beherzt anzugehen. Dann sehe ich für uns auch eine gute Chance.