Beim Straßenkunstfestival lässt Philipp Falser die Geschichte des Esslinger Postmichels lebendig werden.  Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von Sabine Försterling

Nicht nur der Postmichel hoch oben staunte, denn auf dem roten Teppich vor dem mit Bändern geschmückten Brunnen tummelte sich am Samstag ein buntes Völkchen und sorgte für beste Unterhaltung. Und das nicht nur auf dem Platz. Die Musiker, Zauberer, Clowns und Gaukler zogen auch durch die angrenzenden Geschäfte. Dabei entpuppte sich Sven Seuffert-Uzler vom Modehaus Kögel mit Zylinder und mit goldenen Tressen besetzter, roter Jacke auch einmal als Führer und animierte das Publikum mit einem Schild zu folgen. Die zehn Mitglieder der Initiative Postmichel haben zum ersten Straßenkunstfestival eingeladen. Anlass war das 100- jährige Bestehen des Brunnens mit der Reiterstatue.

Esslingens Altstadt habe so viele schöne Plätze, die bespielt werden können, meinte Seuffert-Uzler. Die Stadt hatte vor längerer Zeit einen Ideen-Wettbewerb für die Belebung der Altstadt für alle Quartiersgemeinschaften ausgelobt. Da sei man eben kreativ geworden und zum Thema Mittelalter passe ein Straßenkunstfestival super, findet Andreas Walter von Spiel- und Lederwaren Heiges. Das hat die Stadt wohl auch so gesehen, denn sie beteiligte sich zur Hälfte an den Kosten. Das könne der Startschuss für weitere, solche Veranstaltungen sein, hofft Seuffert-Uzler, der den Stab gerne weiterreichen würde.

Die Passanten hatten die Qual der Wahl. Zauberer Don Rafael schlug nicht nur die Kinder in den Bann. Wie schaffte es die kleine Jasmin nur, mit dem Malerpinsel zunächst Farbe in das Malbuch und anschließend weiße Seiten zu zaubern? Die Gauklertochter Maria war mit Hochrad, Keulen und Diabolo unterwegs und reimte mit ihren Geschichten auf Teufel komm raus mit dem Publikum.

Diabolos wirbeln durch die Luft

Kollege Jens Kerner wirbelte seinerseits die Diabolos in schwindelerregende Höhe, so dass Paula Pusteblume mit roter Clowns-Nase begeistert auf und ab hüpfte. Gemeinsam mit Rosini wurde so mancher Schabernack getrieben und ein kleiner „Stierkampf“ mit einem zufällig vorbeifahrenden Auto ausgetragen. Die beiden Jungs von dem Duo „Limited“ zogen mit ihren Gitarren vom Biergarten des Palmschen Baus, wo sie „Sweet Home Alabama“ zum Besten gaben, in die Apotheke am Fischbrunnen. Musik war Trumpf beim Straßenkunstfestival und die städtische Musikschule war mit den Trommlern, der Akkordeon-Gruppe sowie den Flöte-und Klarinette-Spielern vertreten. Joe Orszulik, der gemeinsam mit Carola Schlager Chansons zum Besten gab, erwies sich auch noch als Verkaufstalent und war bei Heiges kurzerhand einer Kundin bei der Auswahl eines Schirms behilflich.

Selbstredend durfte der Jubilar nicht fehlen. Waldhörner erklangen und Philipp Falser erklomm den Brunnenrand, um die Geschichte des unglückseligen Postreiters Michael Banhard zu verkünden. Als Skandal hatten es einige Bürger betrachtet, dass zunächst die Statue des Postmichels den Rücken der Pliensau zugewandt hatte. Am 12. April 1916 war der neue Brunnen eingeweiht worden, und mit Wehmut habe der damalige Oberbürgermeister Max Mühlberger des verstorbenen Oberstaatsanwalts Robert von Hecker gedacht, dessen Vermächtnis den Bau des Brunnens ermöglicht hatte. Falser im grauen Gehrock und Zylinder ließ Zeitgeschichte lebendig werden und verkündete eine Taubenschlagsperre, da jetzt Saat-Zeit sei und erzählte anschließend in der Apotheke am Fischbrunnen die Anekdote von einem Mann, der Gift kaufen wollte.