Göppingens Valentin Abt zieht ab – und hofft auf ein gutes Ergebnis für die deutsche Nationalmannschaft bei der EM. Foto: / Herbert Rudel

Nach dem EZ-Pokal ist vor der Handball-Europameisterschaft – mit vier U-21-Weltmeistern und einem Neuling startet die deutsche Nationalmannschaft am Mittwoch in das Heimturnier. Was ist für Kapitän Johannes Golla und Co drin?

Vor einer Weltrekordkulisse von 53 000 Zuschauern startet die deutsche Handball-Nationalmannschaft an diesem Mittwoch im Düsseldorfer Fußballstadion gegen die Schweiz in die Heim-Europameisterschaft. In der Vorrunde trifft das deutsche Team noch auf Nordmazedonien und Frankreich. Für den Sprung in die Hauptrunde müssen Kapitän Johannes Golla und Co mindestens Platz zwei belegen. Wie bewerten Handballer und Funktionäre beim EZ-Pokal die Chancen des deutschen Teams?

Valentin Abt chillt mit seinen Mannschaftskollegen von der A-Jugend von Frisch Auf Göppingen zwischen zwei Turnier-Partien in der Kabine in der Sporthalle in Weil. Der 18-jährige Mittemann spielt in der A-Jugend-Bundesliga, war mehrfach für den Jugendkader des Deutschen Handballbundes (DHB) nominiert und hat bei den Erwachsenen von Frisch Auf bereits Bundesliga-Luft geschnuppert. „Für ganz vorne wird es nicht reichen, aber die Plätze drei bis fünf müssten drin sein“, prognostiziert Abt für die Nationalmannschaft. Von den Einzelspielern sei das Team gut aufgestellt, es hapere aber noch an der mannschaftlichen Geschlossenheit. Was allerdings auch daran liegt, dass Bundestrainer Alfred Gislason gleich vier U-21-Weltmeister und in Martin Hanne einen Neuling nominiert hat. „Wobei ich es ziemlich cool finde, dass er so viele junge Leute dabei hat“, sagt der Göppinger.

„Wir sind gut aufgestellt“

Zustimmung findet Abt beim Deizisauer Rückraumspieler Lukas Lohmann: „ Es wäre das falsche Signal gewesen, die Jungs daheim zu lassen.“ Er sitzt mit Felix Kohnle auf der Tribüne – auch die beiden haben schon den Adler auf der Brust getragen: Mit der deutschen Polizei-Auswahl holten Lohmann und Kohnle, der beim TSV Heiningen spielt, im vergangenen Sommer bei der EM in Ungarn Silber. „Wir sind gut aufgestellt“, meint Kohnle – schließlich würden die Youngster ja bereits in der Bundesliga Woche für Woche zeigen, dass sie es drauf haben. Lohmann traut dem deutschen Team den fünften Platz zu: „Immerhin haben wir Heimvorteil.“ Auf den Rückenwind der Heim-EM setzt auch Magnus Gründig. „Das Halbfinale ist möglich – daheim kann viel gehen“, sagt der sportliche Leiter der HSG Ostfildern. Das Projekt „Jugend forscht“ des DHB findet „Maggi“, der auch sportlicher Leiter für die A- und B-Jugend bei der Jugendspielgemeinschaft JANO Filder ist, natürlich super: „Das ist der richtige Weg für unseren Nachwuchs.“

Weniger prickelnd bewertet Gründig die Vorgabe des DHB, am ersten EM-Wochenende alle Handballspiele bis runter in die Amateurligen auszusetzen: „Für uns ist das nicht optimal. Der Spielplan ist sowieso eng getaktet.“ Vor allem bei den JANO-Akteuren seien viele Wochenende durch Lehrgänge und Sichtungen blockiert und zusätzlich zu den Jugendspielen sind einige der Youngster bereits bei den Erwachsenenteams des TSV Neuhausen und der HSG am Ball. „Aber aus Sicht des DHB kann ich das nachvollziehen. So haben auch viele aktive Spieler die Chance ein Spiel zu besuchen“, sagt Gründig noch.

Beim Esslinger Urgestein Volker Pikard, der seit dieser Saison Trainer beim Bezirksligisten HSG Owen/Lenningen ist, kommt die „Zwangspause“ dagegen gut an: „Da bei uns die Halle zu ist, haben wir so vor dem ersten Ligaspiel immerhin vier Trainingseinheiten.“ Pikard hofft für das deutsche Team auf Vibes wie beim „Wintermärchen 2007“ - vor 17 Jahren wurde Gastgeber Deutschland zum dritten Mal Handballweltmeister: „Das Publikum kann ein Team weit tragen, das hat man damals gesehen – da hatten wir ja bekanntlich auch nicht die beste Mannschaft beisammen.“ Dass Deutschland für eine Überraschung gut sein kann, glaubt auch Schiedsrichter Henning Watzke vom Team Esslingen: „Unter die Top sieben müssten wir schon kommen. Realistisch gesehen glaube ich aber eher an Platz fünf bis sieben – aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.“ Als Schiedsrichter, Spieler und Trainer im handballerischen Dauereinsatz kommt Watzke die Zwangspause mehr als gelegen: „Das ist endlich mal ein freies Wochenende für mich.“

Der Start ins Turnier ist wichtig

Thomas Riehs vom EZ-Pokal-Ausrichter TSV Denkendorf rennt derweil mit Leiter und Klebeband bewaffnet durch die Sporthalle in Weil – immer wieder bemüht, die Werbebanner neu zu befestigen. Der Denkendorfer Funktionär glaubt fest an ein gute EM für Deutschland: „Wichtig ist es halt, wie die Mannschaft in das Turnier reinkommt.“ Sollte das gelingen, ist Riehs guter Dinge und erwartet wichtige Impulse gerade von den jüngeren Spielern: „Die sind noch mit Herzblut dabei und stolz, den Adler auf der Brust zu tragen. Da kann eine neue Ära beginnen.“