Begriffe wie „nachhaltig“ oder „klimafreundlich“ sind bei Geldanlagen nicht geschützt. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Sabrina Erben

Stuttgart - Wollen Sie Ihr erspartes Geld in eine Firma investieren, die Waffen produziert? Für Umweltverschmutzung verantwortlich ist? Oder in ein Unternehmen, das Kinder als Arbeitskräfte beschäftigt? Nein? Dann geht es Ihnen wie vielen Anlegern. Immer mehr achten neben den klassischen Kriterien - Rendite, Risiko und Liquidität - auf die ökologischen, gesellschaftlichen und soziologischen Auswirkungen ihrer Geldanlage. In Zeiten niedriger Zinsen denkt so mancher stärker über das Investment nach. Wenn die Rendite sowieso überschaubar ist, warum das Geld in halbseidene Anlagen stecken? „Nachhaltige Investments sind ein Trend und werden auch immer stärker nachgefragt“, sagt Markus Heilig, Niederlassungsleiter der Bethmann Bank in Stuttgart. Und auch die Sorge um die Rendite kann der Banker nehmen: „Nachhaltigkeit schließt eine gute Performance nicht aus, beides gehört vielmehr zusammen.“An Angeboten mangelt es indes nicht.

Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge hat sich der Markt von 2012 bis 2015 verdreifacht. Demnach hatten die Anlagen 2015 hierzulande ein Volumen von 70 Millionen Euro - 2012 waren es 24 Millionen Euro. Die Tendenz ist weiter steigend. Es gibt immer mehr nachhaltige Produkte auf dem Markt: ökologische Lebensversicherungen, Fondssparpläne, die sozial-ethische Investments tätigen, oder nachhaltige Riesterrenten.

Ungeschützter Begriff

Das hört sich alles gut an, ganz so einfach ist es aber nicht. Denn nicht alles, was sich klimafreundlich oder nachhaltig nennt, verdient den Namen. Das fängt bei einem einfachen Problem an: Was heißt nachhaltig? Begriffe wie „nachhaltig“ oder „klimafreundlich“ sind bei Geldanlagen nicht geschützt. Es gibt bei den meisten Produkten aber eine Art Mini-Konsens: Dazu zählt der Ausschluss von Waffen, Atom- und Kohlekraft, Kinderarbeit oder Tierversuche. „Die Vielfalt macht nachhaltige Anlageprodukte schwer vergleichbar“, sagt Heilig. Die Privatbank für vermögende Kunden hat sich das Thema seit ein paar Jahren auf die Fahnen geschrieben. Heilig: „Wir wählen die Produkte nicht nur anhand der Finanzdaten, sondern auch anhand Nachhaltigkeitskriterien aus.“ Investiert wird hauptsächlich in Aktien oder Anleihen.

Dabei analysiert das Institut potenzielle Investments zunächst nach harten Kriterien wie Finanzkennzahlen, Dividendenkontinuität oder Geschäftsmodell. Dann kommt die Nachhaltigkeit ins Spiel. Bestimmte Bereiche wie Glücksspiel, Rüstung oder Atomkraft werden anhand einer Datenbank automatisch ausgeschlossen. Auch eine soziale Komponente ist dabei, so spielt eine verantwortungsvolle Unternehmensführung eine Rolle. Die Kriterien werden unterschiedlich gewichtet: 50 Prozent Umwelt, 30 Prozent Soziales und 20 Prozent Unternehmensführung.

Der Stuttgarter Niederlassungsleiter Heilig hält nicht viel von Ausschlüssen: „Wichtiger sind die Qualitätskriterien in unserem Nachhaltigkeitsansatz, um innovative Unternehmen zu entdecken.“ Das heißt: Besser ist es, Unternehmen zu finden, die auf anderen Ebenen punkten, als zu viele auszuschließen. Das Frankfurter Institut hat für die Bewertung einen eigenen Nachhaltigkeitsbeirat, der darüber wacht, dass die Kriterien eingehalten werden. Mitglieder sind neben Kirchenvertretern Ulf Doerner, Mitglied des Club of Rome, sowie die Umwelt-Aktivistin Christine von Weizsäcker. „Das Wort des Beirates wird gehört, das schätzen die Mitglieder“, sagt Heilig.

Wichtiges Risikomanagement

Der Trend zur nachhaltigen Anlage ist aber nicht nur ein Zeichen plötzlichen Gutmenschentums. Es ist vor allem Risikomanagement. „Manchmal erkennen wir frühzeitig eine negative Entwicklung“, sagt Heilig. So flog eine Firma aus der Bewertung wegen Korruptionsvorwürfen raus - ein halbes Jahr danach brach auch der Aktienkurs des Unternehmens ein. „Zum Glück sind wir schon früher ausgestiegen.“ Auch wenn das Unternehmen an Ansehen oder politischer Unterstützung einbüßt, kann das den Aktienkurs empfindlich beeinflussen.

Nachhaltige Anlagen sind nicht nur etwas für Stiftungen oder Wohlhabende. Auch so manche Sparkasse und Volks- und Raiffeisenbank bietet klimafreundliche Sparanlagen. Die Verbraucherzentrale rät Sparern aber, sich genau zu informieren: „Um beurteilen zu können, ob die Geldanlage dem eigenen Verständnis von Nachhaltigkeit entspricht, müssen sich Anleger informieren, welche Nachhaltigkeitskriterien angewendet werden“, schreibt der Verband auf seiner Homepage.

Eine Anlage, die in sämtlichen Belangen zu 100 Prozent nachhaltig ist, gibt es aber nicht. Das sieht man am Beispiel Tesla: Mit den Elektroautos produziert das Unternehmen innovative Autos für eine umweltbewusste, emissionsfreie Mobilität. Der Energieaufwand für die Produktion der Batterien ist allerdings enorm.

Und auch bei den grünen Anlagen gilt: Je höher die Renditeversprechen, desto größer das Risiko.

Vier Kriterien für die nachhaltige Anlage

Der Verbraucherzentrale zufolge gibt es vier Ansätze bei nachhaltigen und klimafreundlichen Geldanlagen:

Ausschlusskriterien: Investitionen in bestimmte Bereiche wie Kernenergie, Öl, Kohle oder Rüstung werden ausgeschlossen.

Positivkriterien: Auf ihrer Grundlage werden Branchen wie die der erneuerbaren Energien ausgewählt. Das Geld kann aber auch in ein Unternehmen investiert werden, bei dem erneuerbare Energien nur einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes ausmachen, während das Unternehmen hohe Gewinne in der Atomkraft erwirtschaftet.

Best-in-Class-Ansatz: Bei diesem Ansatz werden Unternehmen einer Branche ausgewählt, die im Branchenvergleich umweltfreundlich oder sozialverträglich sind. Alle Branchen werden dabei berücksichtigt. Es kann so auch Investitionen in Wirtschaftszweige wie die Atom-, Waffen- oder Kohle- und Ölindustrie geben.

Einflussnahme auf Unternehmen oder Engagement: Aktionäre nutzen die Stimm- und Mitspracherechte, um Einfluss hinsichtlich Umwelt- und Sozialstandards auszuüben. Anleger üben Einfluss über direkte Kommunikation mit Unternehmen aus.