Aus der Vogelperspektive: Freudenstadt hat den mit über 200 mal 200 Metern größten Marktplatz Deutschlands. Fotos: Archiv (2), Panitz (2) Quelle: Unbekannt

Von Jakob Panitz

Wenn von Renaissance-Bauten im späten Mittelalter die Rede ist, dann fällt mit Sicherheit der Name Heinrich Schickhardt. Geboren 1558 in Herrenberg, war er als württembergischer Hofbaumeister für zahlreiche Projekte der damaligen Zeit zuständig. Viele seiner Bauten sind noch heute erhalten, beispielsweise die Ulrichsbrücke über den Neckar in Köngen. Ein Großprojekt aber lehnte er 1598 erst mal ab: Den von Herzog Friedrich I. von Württemberg geplanten Bau von Freudenstadt.

Herzog Friedrichs Freude

„Da hab ich, alß es noch ein wald gewesen, den ersten augenshein ein genommen, den Boden an vilen undershidlichen orten zemlich tief ersuochen lassen, aber wenig guots gefunden, dero wegen ich in underthonigkhait darfür gehalten, das nit Rhatsam ein Stat dahen zu bauwen [… “, so die überlieferte Aussage von Schickhardt.

Aber der Herzog hörte nicht auf seinen Rat, er hatte seine Freude an diesem Platz - und so wurde also Freudenstadt gegründet. Eine Stadt am Ostrand des Nordschwarzwalds, die seitdem mit einem Superlativ aufwartet - dem größten Marktplatz Deutschlands. Mit 219 mal 216 Meter praktisch ein riesiges Quadrat, das in drei Teile gegliedert ist: Oberer Marktplatz, Unterer Marktplatz und Postplatz.

Ein Bummel rundherum, unter den Arkaden, ist ein Muss bei einem Besuch des heilklimatischen Kurorts, mit seinen rund 22 000 Einwohnern. Wer sich für dessen bewegte Geschichte interessiert, sollte eine der insgesamt fünf Führungen mit machen. Auch die Vergangenheit von Freudenstadt als Kurstadt, die kunst- und religionsgeschichtlich interessante Stadtkirche, das Kurhaus und das traditionsreiche Jungendstilhotel Palmenwald sind sehenswert.

Die jüngere Geschichte allerdings ist zunächst weniger erfreulich. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Innenstadt von französischem Militär per Artillerieangriff und Bombenabwurf großflächig zerstört. Lange wurde diskutiert, wie man dies wieder aufbauen soll. 1949 ging man ans Werk - und es ist fantastisch gelungen, sogar mit der Beibehaltung der historischen Giebelhäuser. Der Wiederaufbau wurde weltweit gelobt und gilt heute als das „Wunder von Freudenstadt“.

Panoramablick vom Aussichtsturm

Einen Panoramablick auf dieses „Wunder“ hat man vom Herzog-Friedrich-Aussichtsturm am Kienberg, der in circa 20 Minuten zu Fuß vom Marktplatz aus erreichbar ist. Dabei handelt es sich gleichzeitig um ein bekanntes, kürzlich umgebautes Ausflugslokal, das bei Wanderer und Spaziergängern beliebt ist. Hier ist auch der Einstieg ins Freudenstädter Wandernetz.

Wer höher hinauf will, fährt zum auf 1000 Metern Höhe gelegenen Freudenstädter Ortsteil Kniebis. Von dort bieten sich Ausblicke ins Rheintal, zu den Vogesen, zur Schwäbischen Alb und gelegentlich bis zu den Alpen. Empfehlenswert ist die zehn Kilometer lange Runde auf dem „Kniebiser Heimatpfad“, der 2010 vom Deutschen Wanderinstitut als „Premium-Wanderweg“ ausgezeichnet wurde.

Wandern auf der alten Grenze

Dieser Pfad führt rund um das kleine Schwarzwalddorf (900 Einwohner), durch Wald, Wiesen, Heide- und Moor sowie teilweise auf dem ehemaligen Grenzverlauf Baden und Württemberg. Auf vielen Schautafeln gibt es Erklärungen zur Geschichte, der Waldwirtschaft damals und heute, Informationen zu alten Wald- Berufen, zu den einheimischen Tieren und Pflanzen. Der Weg eignet sich für alle Altersklassen und ist einfach zu gehen. Highlight ist die neue Aussichtsplattform Ellbachseeblick, von der man einen herrlichen Blick auf die Schwarzwaldhochstraße, den Ellbachsee und auf das Mitteltal hat.

Aber auch der 13 Kilometer lange Wanderweg „Tannenriesen“, der durch den Freudenstädter Parkwald führt, hat seinen Reiz. Der mittelschwere Weg führt größtenteils über naturbelassene Pfade, gesäumt von Baumriesen. Höhepunkt der Tour ist der zuvor beschriebene Kienberg auf rund 800 Metern Höhe. Über „Deutschlands höchstgelegenen Rosenweg“ geht es wieder zurück zum Ausgangspunkt.

Anfahrt, Sommertheater und der open-air-Abend flammandra

Freudenstadt liegt auf einem Hochplateau am Ostrand des Nordschwarzwalds auf 591 bis 968 Metern Höhe. Von Esslingen circa 100 Kilometer, über A8 und A81 bis Ausfahrt Rottenburg, dann über B28a und B14 weiter.

„Alles Glück der Welt“ lautet der Titel des diesjährigen Freudenstädter Sommertheaters (Regisseur: Jürgen von Bülow, Stuttgart) im und am Hotel Waldlust (bis 20. August 2016). Angelegt ist die Aufführung in der Form eines Theaterspaziergangs. An verschiedenen Stationen wird Halt gemacht und dann Theater gespielt.

Der bekannte, jährlich veranstaltete Open-Air-Abend „Flammandra“ findet in Freudenstadt dieses Jahr am 26. August im Kurgarten statt - eine beeindruckende Pyrotechnik- und Artistik-Schau mit dem mehrfachen Pyrotechnik-Weltmeister Joachim Berner.

Weitere Veranstaltungen: Der Freudenstädter Töpfermarkt (6./7. August), der erste „Street Food Market“ (12. bis 14. August), der Michaelismarkt (28. September) sowie der Weihnachtsmarkt auf dem stimmungsvoll geschmückten Marktplatz (2. bis 11. Dezember 2016).

Freudenstadt Tourismus, Tel. 07441/ 864-730, www.freudenstadt.de