Bürohund Kylo geht mit seiner Besitzerin Jasmin Balle täglich zur Arbeit in den Kosmos-Verlag. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mit dem Hund ins Büro? Was das fürs Arbeitsumfeld, die Kollegen und potenzielle Bewerber bedeutet, und welche Vorteile Arbeitgeber davon haben können. Das Beispiel des Stuttgarter Kosmos-Verlags.

Kylo geht jeden Tag ins Büro. Kaum hat der Arbeitstag begonnen, macht es sich der schwarze Dackelmischling auf seinem kuscheligen Plätzchen unterm Schreibtisch von Jasmin Balle gemütlich, die in der Spieleredaktion beim Kosmos-Verlag in Stuttgart arbeitet. „Er ist hier mittlerweile der beliebteste Kollege“, sagt sie lachend.

Seit vier Jahren begleitet Kylo seine Besitzerin zur Arbeit. „Sonst hätte ich mir keinen Hund angeschafft“, sagt die junge Frau. Aktuell seien es zehn „Kosmos-Hunde“, die regelmäßig mit zur Arbeit gebracht werden, sagt eine Unternehmenssprecherin. „Für uns ist das ein selbstverständlicher Teil unserer Unternehmenskultur.“ Nicht nur in der Spieleredaktion, auch in der Buchhaltung oder im Ratgeber-Lektorat sind Vierbeiner dabei.

Geht es nach Markus Beyer, Vorsitzender des Bundesverbands Bürohund, passen Hunde gut ins Berufsleben. Durch die Coronapandemie habe sich die Wahrnehmung vieler Menschen geändert. Viele hätten erst im Homeoffice erkannt, in welchem Hamsterrad sie zuvor waren. Plötzlich ging ein Vollzeitjob mit Hund, weil man ja von zuhause aus arbeitete. Viele hätten viel Zeit mit dem Hund verbracht, den sich mancher auch erst während Corona angeschafft hat. „Der Anspruch, seinen Hund ins Büro mitnehmen zu wollen, ist gestiegen“, sagt Beyer.

Er bekommt mittlerweile viele Anrufe von Unternehmen, die sich zum Thema Bürohund informieren wollen und bietet auch Seminare an. Nicht nur Firmen, die ihre Beschäftigten wieder öfters im Büro statt im Homeoffice sehen möchten, müssen sich was einfallen lassen. Das Thema Bürohund könne auch beim Recruiting und der Mitarbeiterbindung hilfreich sein, sagt er.

„In Bewerbungsgesprächen kommt inzwischen häufiger auch die Frage, ob es möglich ist, den eigenen Hund mit ins Büro zu bringen“, bestätigt die Kosmos-Sprecherin. „Da können wir als besonders hundefreundliches Unternehmen natürlich punkten.“

„Resilienz auf vier Pfoten“

„Studien belegen, dass Hunde am Arbeitsplatz die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, deren Motivation und das Arbeitsklima fördern“, sagt eine Sprecherin des Deutschen Tierschutzbunds, der jedes Jahr mit dem Aktionstag „Kollege Hund“ für ein Miteinander von Mensch und Vierbeiner bei der Arbeit wirbt – dieses Jahr fällt der auf den 6. Juni. Beyer geht noch weiter und spricht von „Resilienz auf vier Pfoten“, weil sich die psychischen Belastungen und das Stressempfinden am Arbeitsplatz mindern ließen, allein wenn man einen Hund streichle.

„Manchmal kommen Kollegen oder Kolleginnen einfach mal kurz vorbei, um Kylo zu kraulen“, sagt auch Kosmos-Mitarbeitern Balle. Selbst solche, wie Arnd Fischer, der bislang nichts mit Hunden am Hut hatte und ihnen mit Vorsicht begegnet ist. „Kylo hat viele gute Eigenschaften, die es einem einfach machen, ihn zu mögen“, sagt der Kosmos-Mitarbeiter. Allein der Blick des Vierbeiners zaubert Besuchern ein Lächeln aufs Gesicht.

Ein offenes und kreatives Umfeld sowie eine gute Arbeitsatmosphäre seien dem Unternehmen wichtig, so die Kosmos-Sprecherin. „Hunde tragen auf jeden Fall positiv dazu bei. Wichtig ist allerdings, dass sie gut erzogen sind und es klare Regeln gibt.“

In der Hunderedaktion, wo die Kosmos-Hunderatgeber betreut werden, sind die Vierbeiner an diesem Tag in der Überzahl. Die beiden Hundedamen Merte und Amber, beides Golden Retriever, schauen zwar neugierig, begrüßen aber den Gast im Büro nicht. Ein Blick von Besitzerin Hilke Heinemann reicht aus. „Die Hunde wissen genau, dass im Büro Ruhe angesagt ist und sie schlafen und nicht auf die Besucher losstürmen sollen“, sagt Heinemann. Auch die beiden Beagle ihrer Kollegin Alice Rieger halten sich zurück.

Nicht jeder Hund eignet sich fürs Büro

Der einjährige Matze wedelt zwar heftig mit dem Schwanz, bleibt aber auf seinem Schlafplatz genauso wie der 13-jährige Nelson, der eh am liebsten vor sich hindöst. Mit Matze habe sie schon zuhause geübt wie er sich im Büro zu verhalten habe, als er noch ein Welpe war, sagt seine Besitzerin Alice Rieger. Das funktioniere, denn „Hunde haben eine innere Uhr“. Als Ausgleich zur Ruhe im Büro dürfen die Vierbeiner vor und nach der Arbeit ausgiebig toben, in der Mittagspause ist ein Spaziergang angesagt. „Unserer Gassi-Runde schließen sich manchmal auch Kollegen ohne Hund an“, sagt Rieger.

Nicht jeder Hund eignet sich fürs Büro. „Wir haben die Hunde langsam aneinander gewöhnt und erst nur stundenweise mit zur Arbeit genommen“, sagt Heinemann. Dass auch die Hundefreundlichkeit am Arbeitsplatz Grenzen hat, ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Auch hundefreie Zonen seien wichtig, schließlich gebe es auch Menschen, die Angst vor Hunden hätten oder allergisch reagierten. Die Hunde spürten genau ,welche Stimmung herrsche, seien sensibel und wirkten beruhigend. „Mir fehlt es, wenn ich ohne Hund da bin“, sagt Rieger.

Einen Anspruch, seinen Hund mit ins Büro zu nehmen, gibt es nicht. Bei Kosmos haben die Kollegen auf vier Pfoten schon eine lange Tradition. „Seit Mitte der 90er Jahre gehören Hunde fest zum Verlagsalltag“, sagt die Kosmos-Sprecherin. Doch es sind nicht nur Verlage, Werbeagenturen , Start-ups oder Kanzleien, in denen Hunde am Arbeitsplatz willkommen sind, wie ein Blick auf die Bürohundkarte des Bundesverbands zeigt. Um als Arbeitgeber noch attraktiver zu werden, informierten sich auch größere Firmen, so Beyers Erfahrung.

Rund 240 Hunde bei Axel Springer

Bürohunde
Beim Medienkonzern Axel Springer sind täglich um die 70 Bürohunde anwesend. Insgesamt seien es an den Standorten Berlin und Hamburg etwa 240 vierbeinige Kollegen, sagt Kerstin Drobniewski, so viel wie in keinem anderen Unternehmen in Deutschland, schätzt sie.

Hundebeauftragte
Kerstin Drobniewski ist Chief Dog Officer, also sozusagen die Hundebeauftragte des Konzerns neben ihrem Job als Sachbearbeiterin. Sie kümmert sich seit zwölf Jahren um Bürohunde, bei ihr müssen Hundebesitzer einen Antrag stellen, für den unter anderem Impfpass, Haftpflichtversicherung und die Zustimmung des Teams Voraussetzung sind. Außerdem macht sie einen Wesenstest mit den Fellnasen.

Erfahrung
Fürs Team, die Kommunikation und die Stimmung habe ein Bürohund Vorteile, sagt Drobniewski. Viele Mitarbeiter blieben auch mal länger, wenn der Hund dabei sei. Zuvor müssen allerdings Vorgesetzte und das Team zustimmen. Wenn die zustimmten, sollte eine Betriebsvereinbarung getroffen werden, in der die Rechte und Pflichten aller Beteiligten stehen, empfiehlt Markus Beyer vom Bundesverband Bürohund.