Karla Schairer. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von Karla Schairer

Das Leben ist kein Ponyhof. Sondern ein Bio-Bauernhof. Meine Patenkuh Karla, ein Fleckvieh, ist vor kurzem zum vierten Mal Mutter geworden. Am Muttertag hatte ich die hochschwangere Karla und ihre Herde (und ihren Bauern) erstmals besucht. Der werdende Vater hieß Rallist und war der wohl verschmusteste (und naja auch einzige) Stier, den ich kenne - beziehungsweise kannte. Er hat hoffentlich geschmeckt. Denn wenige Tage vor Karlas Entbindung am 8. Juni ging es für Rallist zum Schlachter. Soll erfüllt, fast 100 Nachkommen hat er gezeugt. Zweimal mit Karla, die nun nicht nur den Verlust ihres Partners, sondern auch ihres Kindes verkraften muss. Denn wie der Bauer mir schrieb: Das Kälbchen war zwar weiblich, aber „leider nicht genetisch hornlos. So hat sie unseren Betrieb schon wieder verlassen und ist aber auf einem anderen Biobetrieb untergekommen.“

Arme Karla, mein Patentantenherz weint. Ich würde sie gern trösten, aber sie war die einzige Kuh, die sich nicht streicheln ließ. Das passt sehr gut in meine Tierkartei: Rückenschwimmende Fische, ein Wellensittich mit Durchfall, im Klo ertrinkende Rennmäuse, sprintende Schildkröten, Schlangen mit überzogenem Selbstbewusstsein und eine Katze mit posttraumatischer Belastungsstörung. Und nun also noch eine schüchterne, verwitwete und verwaiste Kuh.

Aber: „Der Karla geht es prima“, schreibt ihr Bauer, „heute hat sie die Prozedur der Klauenpflege über sich ergehen lassen müssen und ist danach mit ihren Kolleginnen befreit auf die Wiese hinausgaloppiert.“ Ein schönes Bild, kenne ich doch nun Karlas Zuhause und weiß, dass die Wiese wirklich kuh-ltig ist. „Die Klauenpflege ist für alle Beteiligten immer etwas stressig, aber mit Ruhe und Geduld bringt man auch die Ängstlichen in dieses Monster von Klauenpflegestand. Karla war da so im Mittelfeld.“ Mein Patentantenherz schwillt an vor Stolz. Was für eine Powerkuh: Nach dieser seelischen Belastung noch unangenehme Paarhufer-Maniküre!

„Das kühlere Wetter ist für die Tiere eine Erleichterung, die schon bei Temperaturen ab 25 Grad unter Hitzestress leiden“, erzählt der Bauer. „Da tun ein paar Tage Regen doch richtig gut. Die Wiesen hatten den Regen auch dringend nötig. Nun gibt es wieder frisches Grün für die hungrigen Mäuler.“ Klee, das weiß ich, mag Karla am liebsten. Der tröstet sie sicher nach all den Strapazen.

Aber wer sagte denn auch, dass es leicht wäre? Wir sind ja nicht auf dem Ponyhof.