Joachim Löw Foto: dpa - dpa

Viel wurde spekuliert über die Aufstellung. Marco Reus spielt wohl von Beginn an, zudem drängt Mario Gomez in die Startelf.

SotschiJoachim Löw, das zeigte sich recht schnell auf der Pressekonferenz in Sotschi, war im Angriffsmodus. Der Bundestrainer war fokussiert, fordernd, gestenreich. Und er war energisch. Zu Beginn der Pressekonferenz aber war von dem noch nichts zu sehen gewesen – denn da teilte Löw die schlechte Nachricht vor dem so wichtigen zweiten WM-Gruppenspiel der deutschen Elf gegen Schweden an diesem Samstag (20 Uhr/ARD) mit: Der Bundestrainer muss wohl seine Innenverteidigung umbauen. Mats Hummels wird sehr wahrscheinlich nicht spielen können. Denn, so berichtete es Löw: „Er hat sich den Halswirbel verrenkt und konnte nicht in die Kopfballduelle gehen.“ Für Hummels dürfte Niklas Süle zum Zuge kommen.

Wie auch immer: die Personalfrage in der Innenverteidigung war bei weitem nicht die einzige Thematik. Im Fokus stand vor allem der Bundestrainer – und damit sein Auftreten und sein Handeln vor dem wegweisenden zweiten deutschen Gruppenspiel.

Das wird Löw ändern: Viel wurde spekuliert über die Aufstellung – in die Karten schauen ließ sich Löw nicht. Es gilt allerdings als gesichert, dass Marco Reus von Beginn an auflaufen wird, für ihn müssten entweder Julian Draxler oder Mesut Özil weichen. Zudem drängt Mario Gomez in die Startelf. Der Stürmer des VfB Stuttgart saß am Freitag ebenfalls auf dem Podium bei der Pressekonferenz – und antwortete auf die Frage, ob das ein Indiz für einen Startelfeinsatz sei: „Es kann sein – es kann aber auch ein Bluff sein.“ Gomez grinste und sagte: „Die Chancen stehen bei 50 zu 50. Es ist ein bisschen wie beim Roulette.“

Für Gomez spricht, dass seine Wucht gegen die bulligen Schweden sicher gefragt sein könnte. Gegen ihn wiederum spricht, dass Löw explizit betonte, dass man sicher nicht nur lange Bälle vorne rein spielen wolle. Denn dann, so Löw passiere das: „Dann sagen die Schweden uns ‚Herzlichen Dank‘.“ Als gesichert gilt, dass der wiedergenesene Jonas Hector die Linksverteidigerposition von Marvin Plattenhardt übernehmen wird.

Darauf kommt es Löw an: Das Schlusswort war eindeutig. Joachim Löw sprach bewusst mit leiser Stimme. So, dass auch wirklich jeder genau hinhörte. „Im Training“, sagte der Bundestrainer, habe die Mannschaft nach dem schwachen Auftakt gegen Mexiko eine Reaktion gezeigt. Kurze Pause: „Das ist aber auch eine Selbstverständlichkeit.“ Abermalige Pause: „Aber jetzt muss die Reaktion auf dem Platz zu sehen sein. Und ich bin mir sicher, dass es diese Reaktion geben wird.“ Sprach’s, stand auf und ging.

Löws Rhetorik war eindeutig. Er sprach von der Einstellung und der Power, auf die es ankomme. Und davon, dass seine Mannschaft endlich ihre Stärken auf den Platz bringen müsse. Löw sprach auch von den Waffen, die sein Team einsetzen müsse – und meinte damit vor allem das Tempospiel in der Offensive und die Läufe in die Tiefe, die gegen Mexiko gefehlt haben.

Dann wurde Joachim Löw grundsätzlich – und was er sagte, war im Grunde ein verspätetes Armutszeugnis für seine Elf im ersten Vorrundenspiel gegen Mexiko: Der Bundestrainer betonte: „Die zwei wichtigsten Waffen sind Siegeswille und eine andere Körpersprache, die anders sein muss als gegen Mexiko. Das sind die Grundvoraussetzungen. Es ist ein Match der absoluten Hingabe und Aufopferung.“

So geht Löw mit seinen Spielern um: Die Mannschaft scheint die Botschaften ihres Trainers verstanden zu haben – Gomez etwa gab hoch motiviert: „Es wird die Mannschaft gewinnen, die den Sieg mehr will, und das werden wir sein“, sagte der Stürmer. Löw verfolgte diese Aussagen und wurde später grundsätzlich. Es ging um das Vertrauen in seine Jungs, allen voran in seine Weltmeister von 2014, die jetzt zum Auftakt gegen Mexiko fast alle einen schwarzen Tag erwischten. Denn bei allen Forderungen an seine Profis – wegen einem schlechten Spiel, so Löw, „geht das über Jahre erarbeitete Vertrauen doch nicht verloren. Jetzt stellen wir nicht alles in Frage, das wäre fatal.“ Der Bundestrainer ergänzte jedoch, dass jeder dem Leistungsgedanken unterliege: „Einer kann auch mal auf der Bank sitzen, weil man im Turnier auch mehr als elf Spieler braucht.“

So präsentiert sich Löw: Die Strandpromenade von Sotschi, das ist Löws Wohlfühlzone. Jeden Tag ging er da zuletzt frühmorgens joggen. Löw gibt sich betont locker, er macht Selfies mit den Fans. Und er posiert lässig für die Fotografen an den Laternen – und sorgt so auch für kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit. Soll der das tun in dieser sportlich prekären Lage? Löw versucht für sich selbst den Mix herauszufinden zwischen Konzentration und Lockerheit. Klar ist: Intern zog Löw die Zügel an. Und extern auch.

Jetzt gilt es für die deutsche Elf. Siegen oder fliegen, das ist zugespitzt die Frage. Für Löw ist die Arbeit ist nun größtenteils getan. Jetzt ist die Mannschaft am Zug. Löw: „Die Jungs müssen liefern.“

Was wäre, wenn

Niederlage

Im Falle einer Niederlage gegen Schweden wäre Deutschland sicher in der Gruppenphase gescheitert, wenn . . .

. . . Mexiko zuvor gegen Südkorea gewinnt.

. . . Mexiko zuvor gegen Südkorea unentschieden spielt. Dann hätte Schweden sechs Punkte und wäre sicher im Achtelfinale. Mexiko hätte vier Punkte und könnte noch von Südkorea (ein Punkt) eingeholt werden, nicht aber von den dann weiter punktlosen Deutschen.

Unentschieden

Spielt Deutschland gegen Schweden unentschieden, kann die DFB-Elf unabhängig vom Ergebnis zwischen Mexiko und Südkorea noch das Achtelfinale erreichen. Sollte allerdings Mexiko auch gegen Südkorea gewinnen, bräuchte Deutschland auch bei einem Erfolg gegen Südkorea am letzten Gruppenspieltag die Hilfe der Lateinamerikaner in deren Spiel gegen Schweden. Bei einem Remis beider Kontrahenten am letzten Spieltag oder einem schwedischen Sieg wäre Deutschland raus.

Sieg

Gewinnt Deutschland gegen Schweden, ist die Qualifikation für das Achtelfinale aus eigener Kraft gegen Südkorea möglich.(dpa)