Der Fußball-WM-Pokal. Foto: dpa - dpa

Am 14. Juni wird in Moskau das erste Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 angepfiffen. Das Feld der Favoriten auf den Titel ist beim Turnier in Russland so groß wie noch nie.

Von Patrick Kuolt

MoskauVom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 statt. 32 Nationen kämpfen um den Titel, insgesamt 64 Spiele stehen auf dem Programm. Gastgeber Russland eröffnet die WM am 14. Juni um 17 Uhr gegen Saudi-Arabien.

Als amtierender Weltmeister, Erster der FIFA-Weltrangliste und Sieger des Confederations Cup 2017 gehört Deutschland neben Spanien, Frankreich, Belgien, Brasilien und Argentinien zu den großen Turnier-Favoriten. Auch das junge Team aus England zählt zum Kreis der Titelanwärter und Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo zeigte bereits beim Gewinn der Europameisterschaft vor zwei Jahren, dass mit dem Team zu rechnen ist.

Die deutschen Gegner bei der WM 2018

Als Kopf der Gruppe F trifft die deutsche Nationalmannschaft auf Mexiko, Schweden und Südkorea. Deutschland startet mit dem Duell gegen Mexiko am 17. Juni (17 Uhr) in das Turnier. Die beiden anderen Vorrundenspiele gegen Schweden und Südkorea finden am 23. und 27. Juni statt. Klar ist aus Sicht des Teams um Bundestrainer Joachim Löw: "Wer Weltmeister werden will, muss jeden schlagen." Ein Blick auf die sportlichen Visitenkarten der deutschen Gruppengegner zeigt aber: Der Achtelfinaleinzug wird für die Mannschaft kein Selbstläufer.

Der Favoritenschreck aus Skandinavien

Schweden: Die Schweden entwickelten sich im Verlauf der Qualifikation zu einem echten Favoritenschreck. Erst schalteten die "Tre Kronor" in der Gruppenphase als Zweiter der Gruppe A hinter Frankreich die Niederlande mit Bayern-Star Arjen Robben aus. Robben beendete nach dem Verpassen des Turniers in Russland seine Karriere in der "Elftal". In den Playoffs setzte sich Schweden dann überraschend gegen den vierfachen Weltmeister Italien durch. Die Italiener werden damit zum ersten Mal seit 60 Jahren nicht bei einer WM dabei sein. Das alles schaffte das Team ohne seinen einstigen Superstar Zlatan Ibrahimovic. Der 36-Jährige beendete bereits 2016 seine Karriere in der Nationalmannschaft. Nach der geglückten Qualifikation der Schweden gab es Comeback-Gerüchte um den mittlerweile in der Major League Soccer (MLS) bei Los Angeles Galaxy aktiven Stürmer, doch der schwedische Trainer Janne Andersson wehrte sich vehement dagegen, dass Ibrahimovic ins Team zurückkehrt. Der Star des Teams ist stattdessen ein Bekannter aus der Fußball-Bundesliga: Emil Forsberg von RB Leipzig.

Mexiko will den Achtelfinalfluch besiegen

Mexiko: "El Tri" dominierte die Qualifikation in der CONCACAF-Zone und hat sich traditionell souverän für das Turnier in Russland qualifiziert. Traditionell deshalb, weil Mexiko bei 15 von bisher insgesamt 20 WM-Auflagen dabei war. Die Mexikaner schlugen sich in den vergangenen Jahren wacker und schafften es seit 1994 sechs Mal in Folge ins Achtelfinale, schieden dort jedoch aus. Diesmal soll es für mehr als "nur" die Qualifikation für das Achtelfinale reichen. Der große Hoffnungsträger des Teams ist der Stürmer Javier "Chicharito" Hernández, der zwischen 2015 und 2017 für Bayer Leverkusen aktiv war. Ebenfalls zum Kader gehören die aus der Bundesliga bekannten Carlos Salcedo und Marco Fabian von Eintracht Frankfurt und der 39-jährige Routinier Rafael Marquez, der vor seiner fünften Teilnahme an einer WM-Endrunde steht und damit mit den Rekordhaltern Lothar Matthäus, seinem mexikanischen Landsmann Antonio Carbajal und der italienischen Torwart-Legende Gianluigi Buffon gleichziehen würde.

Der WM-Vierte von 2002 hat Defensivprobleme

Südkorea: Das größte Problem des dritten deutschen Gruppengegners Südkorea ist die Defensive. In den vergangenen 14 Spielen kassierte das Team um Nationaltrainer Tae-Yong Shin 19 Tore - bei 20 erzielten Treffern. Es überrascht dennoch, in welchem Ausmaß der Nachfolger des deutschen Coaches Uli Stielike, der nach seiner Entlassung als Trainer Südkoreas im Jahr 2017 den chinesischen Erstligisten Tianjin Teda übernahm, auf die Stärkung der Abwehr setzt. Zehn von 23 Spielern und damit fast die Hälfte der Akteure, die Shin in sein vorläufiges Aufgebot für die WM berief, sind Verteidiger. Angeführt wird das Team vom ehemaligen Hamburger und Leverkusener Heung-Min Son, der mittlerweile bei Tottenham Hotspur in England spielt. Neben Son gehören Ja-Cheol Koo vom FC Augsburg und Hee-Chan Hwang, der mit Red Bull Salzburg gegen Olympique Marseille nur knapp am Einzug ins Finale der Europa League scheiterte, zu den bekannten Gesichtern in der Mannschaft.

Ein großer Favoritenkreis verspricht ein enges Titelrennen

Die Prognose: Die WM 2018 in Russland verspricht so spannend zu werden wie selten zuvor. Denn fast noch nie gab es so viele potenzielle Titelfavoriten und selten waren diese qualitativ so nah beieinander wie in diesem Jahr.

Neben der deutschen Nationalmannschaft, die sich zuletzt in guter Form präsentierte und bei der WM-Generalprobe, dem Confederations Cup 2017, mit dem souveränen Sieg ihre Ambitionen auf die Titelverteidigung unterstrich, spielte sich zuletzt vor allem Spanien, der Weltmeister von 2010, in den Fokus. Nachdem das Team bereits beim Freundschaftsspiel im März gegen Deutschland (1:1) eine starke Leistung zeigte, setzte es nur wenige Tage später gegen Mitfavorit Argentinien ein echtes Ausrufezeichen. Gegen den deutschen Finalgegner von 2014 gewannen die Spanier in Madrid mit 6:1. Isco von Real Madrid überzeugte bei der Partie mit einem Dreierpack. In der Form dieses Abends ist mit "La Furia Roja" definitiv zu rechnen. In Gruppe B geht es für Spanien gegen Portugal, Iran und Marokko.

Ob Portugal für eine Überraschung sorgen kann? Das Team zählt als amtierender Europameister zum erweiterten Favoritenkreis und qualifizierte sich mit 27 Punkten aus zehn Spielen in der Qualifikation knapp vor der Schweiz als Gruppenerster äußerst souverän für die WM. Neben ihrem unumstrittenen Superstar Cristiano Ronaldo setzt das Team vor allem auf Tore der jungen Stars Goncalo Guedes vom FC Valencia, Gelson Martins von Sporting Lissabon und André Silva (AC Mailand).

Hoffen auf Messi

Argentinien, das in Gruppe D auf Island, Nigeria und Kroatien trifft, hatte in der Qualifikation arge Probleme und schaffte es erst auf den letzten Drücker zum Turnier. Eine erneute Finalteilnahme wie 2014 scheint in der derzeitigen Form unwahrscheinlich. Doch Weltstar Lionel Messi, vor vier Jahren in Brasilien zum "Spieler des Turniers" gewählt, kann seine Argentinier in Topform zu Höchstleistungen treiben. Ist der 30-Jährige vom FC Barcelona fit, ist für die Mannschaft viel möglich.

Ebenfalls berechtigte Hoffnungen auf den Titel darf sich Frankreich machen. Die Mannschaft um Trainer Didier Deschamps liest sich wie ein Who's who des internationalen Spitzenfußballs: Torhüter Hugo Lloris (Tottenham Hotspur), Samuel Umtiti vom spanischen Meister FC Barcelona, N'Golo Kanté (FC Chelsea), Paul Pogba (Manchester United), Antoine Griezmann (Atletico Madrid), Kylian Mbappé (Paris Saint-Germain), Olivier Giroud (FC Chelsea) - diese Namen nähren bei den Franzosen die Hoffnung auf eine Wiederholung des Triumphs von 1998, als "Les Bleus" bei ihrer Heim-WM Brasilien im Finale mit 3:0 besiegten. In Gruppe C warten auf die Franzosen in Dänemark, Peru und Australien machbare Gegner.

England setzt auf die Jugend

Panama, Tunesien und Belgien - so lauten die Gruppengegner von England in Gruppe G. Die "Three Lions" treten mit einer runderneuerten Mannschaft zum Turnier in Russland an. Teammanager Gareth Southgate setzt in seinem 23-Kader voll auf die Jugend. In Chelsea-Profi Gary Cahill steht nur ein Spieler im Aufgebot, der schon mehr als 50 Länderspiele absolviert hat. Dennoch gehört England zum erweiterten Favoritenkreis, denn Harry Kane, Dele Alli (beide Tottenham Hotspur), Raheem Sterling (Manchester City) und Marcus Rashford (Manchester United) sind zwar alle unter 25, verfügen aber bereits über eine Menge internationale Erfahrung.

Ebenfalls gute Chancen darauf, weit im Turnier zu kommen, hat Englands Gruppengegner Belgien. Das Team ist bei großen Turnieren in der Vergangenheit zwar noch nicht stark in Erscheinung getreten - bei der WM 2014 und der EM 2016 war für die "Rode Duivels" jeweils im Viertefinale Schluss -, doch das Team steht nach einer ungeschlagenen WM-Qualifikation mit neun Siegen und einem Unentschieden nicht zu unrecht auf Platz drei der Weltrangliste. Eden Hazard und Torhüter Thibaut Courtois (beide FC Chelsea), Romelu Lukaku (Manchester United) sowie Kevin de Bruyne und Vincent Kompany (beide Manchester City) sind nur einige der Stars im belgischen Team.

Prominent besetzte Außenseiter

Wenn Brasilien bei einem Turnier mitspielt ist es traditionell auch einer der Favoriten. Das Team hinterließ in der Vorbereitung auch ohne seinen Superstar Neymar (Paris Saint-Germain) einen starken Eindruck. Der teuerste Fußballer der Welt laboriert derzeit noch an den Spätfolgen einer Verletzung, wird aber rechtzeitig zum Turnierbeginn fit. In Gruppe E geht es für die "Selecao" gegen die Schweiz, Serbien und Costa Rica. Die Brasilianer sind einer der absoluten Top-Favoriten.

Und dann sind da noch die sogenannten Geheimfavoriten: Polen mit Bayern-Star Robert Lewandowski, das in Gruppe H auf Japan, Kolumbien und den Senegal trifft, und Teams aus Südamerika wie Uruguay und Kolumbien, deren Kader gespickt sind mit Stars aus den europäischen Top-Ligen. James Rodriguez (FC Bayern München), Radamel Falcao (AS Monaco), Davinson Sanchez (Tottenham Hotspur), Juan Cuadrado (Juventus Turin), Carlos Bacca (FC Villarreal) - es sind viele bekannte Namen, die im Kader der kolumbianischen Mannschaft auftauchen. Bereits bei der WM 2014 zeigte das Team starke Leistungen und scheiterte erst im Viertelfinale knapp an Gastgeber Brasilien. James erzielte im Achtelfinale gegen Uruguay das schönste Tor des Turniers und wurde am Ende mit sechs Treffern sogar Torschützenkönig.

Ebenfalls mit durchaus vielversprechenden Außenseiterchancen geht Uruguay ins Rennen. Edinson Cavani (Paris Saint-Germain) und Luis Suarez (FC Barcelona) führen das Aufgebot an. Neben den beiden Weltklasse-Stürmern stehen in den Verteidigern Diego Godin und José Gimenez von Europa-League-Sieger Atletico Madrid weitere international erfahrene Profis im Team des zweitkleinsten Staats Südamerikas. In Gruppe A heißen die Gegner Uruguays Russland, Saudi-Arabien und Ägypten mit Top-Torjäger Mohamed Salah von Champions-League-Finalist FC Liverpool.

Islands Fans sorgen für Stimmung

Auch für gute Stimmung ist beim Turnier gesorgt. Denn Island, das bei der EM 2016 für eine Überraschung sorgte, indem es im Achtelfinale England ausschaltete und erst im Viertefinale am späteren Finalisten Frankreich scheiterte, ist in Russland ebenfalls mit dabei. Die Nordeuropäer erwischten allerdings eine der schwersten Aufgaben des Turniers und müssen in Gruppe D gegen Argentinien, Nigeria und Kroatien antreten. Auf das bei der EM bekannt gewordene "Huh!" der isländischen Fans nach den Spielen ihrer Mannschaft darf man sich unabhängig vom sportlichen Abschneiden des Teams dennoch bereits jetzt freuen.

Daten und Fakten