Foto: Deutscher Eishockey Bund - Deutscher Eishockey Bund

Ihr großer Traum ist es, irgendwann mal für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bei Olympischen Winterspielen aufzulaufen.

HochdorfDas Jahr 2020 ist noch keinen Monat alt, 29 Tage ganz genau, da kann die Hochdorferin Jennifer Miller bereits von einem äußerst erfolgreichen Jahr sprechen. Anfang Januar gewann die 16-Jährige mit dem deutschen Eishockey-Nationalteam bei der
U-18-Weltmeisterschaft in Füssen die Goldmedaille. Für Miller war es nach 2019 bereits die zweite WM-Teilnahme. „Dieses Mal haben wir uns besonders gut vorbereitet, hatten im Vorfeld mehrere Lehrgänge und sind sogar über Silvester in Füssen geblieben. Umso mehr hat es uns natürlich gefreut, als es dann auch mit dem Titelgewinn geklappt hat“, erzählt Miller, die als zweifache Torschützin im dritten Gruppenspiel gegen Ungarn entscheidenden Anteil am Erfolg hatte.

„Das war mein persönliches Highlight!“, sagt Miller. Nachdem es nach der regulären Spielzeit noch 1:1 (das 1:0 hatte sie erzielt) gestanden hatte und auch die Verlängerung keinen Sieger hervorbrachte, ging es für die Teams ins Penaltyschießen: Dort war es dann erneut Miller, die – nachdem zuvor bereits 25 Spielerinnen verschossen hatten – den umjubelten Siegtreffer erzielte. Zwei weitere Spiele später stand schließlich fest: Das deutsche Team ist Weltmeister und darf somit im kommenden Jahr in der Top-Division antreten, wo dann Nationen wie die USA, Kanada oder Russland warten. „Das war schon richtig cool und wir haben natürlich kräftig gefeiert“, sagt Miller lachend.

Hausaufgaben im Eisstadion

Inzwischen ist für die 16-Jährige wieder Alltag eingekehrt, sofern man bei der Eishockey-Weltmeisterin überhaupt von Alltag sprechen kann. Vormittags besucht die junge Hochdorferin, die im vergangenen Jahr ihren Realschulabschluss gemacht hat, die Johann-Friedrich von Cotta-Schule in Stuttgart, eine Eliteschule des Sports. Nachmittags schuftet sie viermal die Woche beim SC Bietigheim-Bissingen, für den sie in der Deutschen Nachwuchs-Liga der U 20 spielt, zunächst im Kraftraum, später dann auf dem Eis für ihre Eishockey-Karriere. Die Hausaufgaben erledigt sie zwischen Unterrichtsende und Trainingsbeginn, zuhause in Hochdorf ist sie am Abend in der Regel nicht vor halb zehn. Die Spiele am Wochenende – meistens samstags und sonntags – lassen den Eishockey-Sport für Miller dann endgültig zum Fulltime-Hobby werden. Die findet das aber ganz und gar nicht schlimm. „Eishockey ist mein Leben, ich liebe den Sport. Ich nehme das alles auf mich, weil es mir großen Spaß macht und ich das bestmögliche aus meinem Talent machen will“, erklärt Miller, die sich in ihrer kaum vorhandenen Freizeit am liebsten mit ihren Freunden verabredet, um ins Kino zu gehen oder etwas essen zu gehen. „Außerdem schaue ich mir gerne anderen Sport im Fernsehen an“, sagt Miller, die damit wohl endgültig in der Kategorie der Sportverrückten einzuordnen ist.

Seit drei Jahren spielt die 1,65 Meter große Stürmerin nun schon für die Bietigheimer, wo sie ausschließlich mit Jungs trainiert, dadurch aber – wie sie selbst sagt – zusätzlich angetrieben wird. Erstmals auf dem Eis stand Miller aber bereits als kleiner Knirps in Esslingen. Schon im Alter von drei Jahren bekam Miller von ihren Eltern die Schlittschuhe geschnürt – damals noch fürs Eiskunstlauf-Training. „Zum Eishockey kam ich erst einige Jahre später durch meinen Papa, der früher auch mal Eishockey gespielt hat und mich gefragt hat, ob ich es nicht auch mal ausprobieren möchte.“ Sie wollte und fand schnell Gefallen daran, auf der Eisfläche mit Schläger in der Hand dem Puck hinterher zu jagen.

Papa als größter Fan

„Ich war schon immer eher eine Teamsportlerin und hatte von Anfang an mega Spaß daran“, sagt Miller, die anschließend von ihrem zehnten Lebensjahr bis zum Wechsel nach Bietigheim für die ESG Esslingen spielte. „Eishockey ist so vielfältig: Man muss schnell sein, braucht ein gutes Auge und viel Spielverständnis, sollte koordinativ gut sein und zuletzt auch noch eine gewisse Härte vertragen. All das macht den Sport für mich so faszinierend“, erklärt Miller die Faszination. Papa Volker – und da muss die Hochdorferin schmunzeln – ist dabei seit Tag eins ihr größter Fan. „Er hat schon damals recht schnell erkannt, dass ich Potenzial habe und unterstützt mich seither.“

Wohin die Karriere des Eishockey-Talents eines Tages mal führen wird, ist noch schwer abzusehen. Denn trotz des WM-Titels hat die Hochdorferin, die zwar ein Zweitspielrecht für die ECDC Memmingen Indians in der Frauen-Bundesliga besitzt, vorerst nicht geplant, den Verein zu wechseln. „Das hat noch Zeit, jetzt will ich erst mal mein Abitur machen“, sagt Miller. Sie könne sich aber durchaus vorstellen, eines Tages mal im Ausland zu spielen. Denn wer als Frau vom Eishockeysport leben möchte, kommt nicht drumrum, irgendwann mal in die nordamerikanische Profiliga NWHL zu wechseln. „Dafür müsste man dann aber wirklich sehr gut sein“, gibt Miller zu. Etwas realistischer erscheint da ihr eigentliches Ziel, irgendwann den Sprung ins A-Nationalteam zu schaffen und die deutsche Auswahl bei Olympischen Winterspielen zu vertreten. „Das wäre ein Traum für mich, den ich mir sehr gerne erfüllen würde.“