Beim Rollstuhlbasketball kommt es nicht nur darauf an, den Ball durch den Korb zu werfen, sondern auch darauf, das Sportgerät Rollstuhl zu beherrschen. Foto: Herbert Rudel - Herbert Rudel

Ein inklusives Rollstuhlbasketball-Event macht Furore. Der BV Hellas Esslingen wird dafür vom Deutschen Olympischen Sportbund sowie der Esslinger Volksbank ausgezeichnet. Aber nicht nur dafür – sondern für sein herausragendes gesellschaftliches Engagement überhaupt.

Esslingen Wrrupp.“ Der Klang, wenn der Ball durch den Korb fliegt, ist so wie immer. Aber sonst ist manches anders an diesem Tag im Mai, an dem in der Esslinger Neckarsporthalle Basketball gespielt wird. Die Sportler laufen nicht zum Korb. Sie rollen. Manche von ihnen sitzen auch im Alltag im Rollstuhl, andere versuchen sich zum ersten Mal mit ihm als Sportgerät. Der Basketballclub BV Hellas Esslingen hat zum vierten Mal gemeinsam mit dem Verein für Körperbehinderte Esslingen zum inklusiven Rollstuhlbasketball-Event geladen. Diejenigen, die in die Halle gekommen sind, bekommen einen Eindruck von dieser Sportart. Und davon, dass es verschiedene Arten gibt zu leben. Und zum Korberfolg zu kommen.

„Esslinger Basketballer drehen am Rad“, lautet das schöne Motto der Veranstaltung, für die der BVH am Dienstagabend mit dem bronzenen Stern des Sports ausgezeichnet wurde. Der Preis wird jährlich vom Deutschen Olympischen Sportbund sowie den Volks- und Raiffeisenbanken verliehen.

Die Auszeichnung gab es für das Event. Aber irgendwie auch für das allgemeine soziale Engagement des Clubs. Oder „für seine außerordentliche Vereinsarbeit und sein herausragendes Engagement für die Gesellschaft“, wie es Jurymitglied Margot Kemmler, die stellvertretende Vorsitzende des Sportkreises Esslingen, in ihrer Laudatio ausdrückte. „Der faire und respektvollen Umgang miteinander findet nicht nur auf dem Spielfeld statt, sondern wird durch zahlreiche Aktionen in die Gesellschaft hineingetragen“, sagte Kemmler. Und über das Projekt: „Es hat im Verein und in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit für den barrierefreien Umgang mit dem Thema Inklusion geschaffen.“

Verein mit Migrationshintergrund

BVH-Vorstandsmitglied Chrysovalantou Chatzigeorgakidou bestätigt das. „Es ist uns wichtig, gerade den vielen Jugendlichen die wichtigsten Werte zu vermitteln“, sagte sie. Und zwar auf vielfältige Weise. „Wir sind ein Verein mit Migrationshintergrund“, erklärte Chatzigeorgakidou. Ein Verein, der im Jahr 1995 von griechischstämmigen Esslingern gegründet wurde und sich zu einem multikulturellen Club entwickelt hat. 28 Nationen sind heute vertreten. Darunter einige Flüchtlinge. Anfangs kamen neue Mitglieder, weil sie wie Chatzigeorgakidou in die Gegend zogen und mit Landsleuten Basketball spielen wollten. Mittlerweile schließen sie sich dem Verein an, weil er mit einem Oberligateam der Frauen und einer Landesligamannschaft der Männer sowie einigen Jugendteams erfolgreich ist – und weil er seine soziale Verantwortung sehr ernst nimmt.

„Wir wollen in diesem Bereich in Zukunft noch viel mehr machen. Strahlende Kinderaugen sind uns Ansporn genug, um uns noch mehr für ein Miteinander auf Augenhöhe einzusetzen“, erklärt Chatzigeorgakidou. „Vielleicht liegt es an unserer Geschichte, dass wir wenig Berührungsängste haben.“ Wenig Berührungsängste mit Menschen anderer Herkunft. Wenig Berührungsängste mit Menschen mit Behinderung. „Ohne viel Worte darüber zu verlieren, ist Integration ein gelebter Bestandteil der Philosophie des Vereins“, lobte Laudatorin Kemmler am Dienstagabend.

Während eines Besuches der Rohräckerschule entstand die Idee für das Rollstuhlbasketball-Event. Von Beginn an half der Heidelberger Trainer Michael Haidle als Experte mit, Rollstuhlbasketballteams des MTV Stuttgart und des RSKV Tübingen kamen zu Showspielen, in diesem Jahr versuchte sich der Kirchheimer (Fußgänger-) Zweitliga-Profi Tim Koch beim Rollen und Werfen. „Da muss man sich richtig konzentrieren: Werfen, rückwärts rollen, verteidigen. Respekt vor denen, die das richtig können“, sagte er und hatte mächtig Spaß. Das ging auch den Hellas-Jugendlichen so. „Ich werden immer wieder gefragt, wann wir denn endlich wieder Rollstuhlbasketball spielen“, erklärte Chatzigeorgakidou. Auf dass es auch da wieder möglichst oft „wrrupp“ macht.

Der BV Hellas Esslingen erhielt neben dem bronzenen Stern des Sports ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro und nimmt am Landesentscheid um den silbernen Stern teil. Der VfB Oberesslingen/Zell kam mit seinem Fußball-Integrationsprojekt „Happy Integration Kids“ auf Platz zwei und bekam 400 Euro, der SSV Esslingen für ein Projekt zum nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser auf Rang drei und erhielt 200 Euro.