Igor Teziev hat ein klares Ziel vor Augen: Der 24-jährige Esslinger will WM-Gold holen und träumt vom Sprung in den Profibereich. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Lorena Greppo

Esslingen - Sein Ziel hat Igor Teziev ganz klar vor Augen: „Ich will Weltmeister werden, auf jeden Fall!“ Auf dem Weg zur Erfüllung seines Traums bei der Box-WM in Hamburg vom 25. August an lässt er sich auch von seiner angebrochenen linken Hand nicht aufhalten. „Die lass’ ich dann nach der WM richten“, sagt der 24-Jährige ganz gelassen. Der Arzt gebe ihm für den Wettkampf Spritzen, aber die Schmerzen seien erträglich. Nur bei bestimmten Bewegungen, wie etwa beim Socken anziehen, spüre er seine Verletzung.

Zwei Mal am Tag trainiert der Sportsoldat für etwa zwei Stunden - unter der Woche am Stützpunkt in Heidelberg, über das Wochenende kehrt er in seine Heimatstadt Esslingen zurück. Seinem Verein aus Jugendtagen, Fit-Boxing Esslingen, bleibt er genauso treu wie seinem Trainer Erik Fuhrmann. Der sagte über seinen Schützling einst: „Ich kenne kaum einen, der so hart zuschlägt wie Igor.“ Teziev selbst beschreibt seinen Stil vor allem von seiner Konditionsstärke geprägt. „Ich mache viel Druck, dränge meinen Gegner in die Defensive. Dann teile ich in der Halbdistanz aus.“ Als Vorbild nennt der 24-Jährige Mike Tyson. Der US-Amerikaner habe einen ähnlichen Stil gehabt, da habe er sich viel abgeschaut.

Neue Gewichtsklasse

Zum Boxen kam der in Russland geborene Teziev vergleichsweise spät - mit 13 Jahren. Sein Vater sei ein Box-Fan gewesen und habe ihm den Sport ans Herz gelegt. Erst nach dessen Tod hat der Sohn den Rat befolgt und festgestellt, dass ihm dieser Sport weitaus mehr liegt als beispielsweise Fußball. „Ich war immer schon eher ein Einzelkämpfer, und das Training hat mir gut gefallen.“ Mit Erik Fuhrmann sei er auch auf Anhieb gut ausgekommen.

Seinen ersten Wettkampf 2008 gewann Teziev, ebenso die zehn darauffolgenden. Gleich bei seiner ersten Teilnahme an den württembergischen Meisterschaften holte er den Titel und wurde in den darauffolgenden Jahren deutscher Meister der U 19 und der U 22. Seinen bisher größten Erfolg feierte er ebenfalls in der U-22-Kategorie: 2012 holte er Bronze bei den Europameisterschaften.

Einen Dämpfer erhielt Teziev im vergangenen Jahr, als er - inzwischen Teil der deutschen Nationalmannschaft - nicht mit zu den Olympischen Spielen mitgenommen wurde. Für den zielstrebigen Boxer war dies ein herber Rückschlag. „Danach ging es mir erst mal nicht so gut“, gibt Teziev zu. Nun konzentriert er sich aber voll auf die WM, wie es dann weitergeht und ob er eine Teilnahme an den nächsten Olympischen Spielen 2020 anstrebt, will er erst danach entscheiden. Möglich wäre auch ein Wechsel zu den Profis.

Bei den Profikämpfen sei natürlich finanziell mehr drin - wenn man sich durchsetzen kann. Dafür könne er allerdings nicht mehr in der Bundeswehr dienen, erklärt Teziev. Bisher bekommt der Sportsoldat seinen Sold und wird zudem durch zwei Esslinger Unternehmen gesponsert. Früher habe er zudem von der Deutschen Sporthilfe finanzielle Unterstützung erhalten. Die habe jedoch ihre Mittel inzwischen ziemlich eingeschränkt. „Da kriegen nur noch wenige Unterstützung“, kritisiert er. „Ohne die Bundeswehr ist das kaum noch zu machen“.

Seit dem vergangenen Jahr hat sich bei dem Esslinger einiges getan. Weil ihn seit Jahren eine chronische Mandelentzündung geplagt hat - diese hielt ihn auch vom Start an der WM 2013 ab - ließ sich Teziev die Mandeln entfernen. Außerdem wechselte er die Gewichtsklasse und tritt seitdem im Schwergewicht (bis 91 Kilogramm) an. Für seine Kämpfe im Halbschwergewicht (bis 81 Kilogramm) habe er vor Wettkämpfen bis zu zehn Kilogramm „abkochen müssen“. „Das war auf die Dauer nicht mehr möglich. So hat es keinen Spaß mehr gemacht“, erklärt er. An seinem Training ändert sich deshalb nichts, nur die Gegner seien vielleicht etwas langsamer, dafür aber schlagkräftiger. Seine bisherigen Kämpfe in der neuen Gewichtsklasse hat er allesamt gewonnen.

Wenig Freizeit

Seit seiner Nominierung für die WM ist für Teziev ein spezielles Training angesagt. Mit der Nationalmannschaft ging es bereits für drei Wochen ins Trainingslager und zu einem Sparringslehrgang, zwei weitere Lehrgänge folgen noch. Bei so viel WM-Vorbereitung bleibt wenig Freizeit übrig. Ab und zu mit Freunden auszugehen, sei möglich, aber ein aufwendiges Hobby sei nicht drin. Mit seinem Bruder unternimmt Teziev gerne etwas. Der 18-Jährige habe auch mit dem Boxen angefangen. „Von der Technik her ist er talentierter als ich, aber ein bisschen faul“, sagt Teziev schmunzelnd.

Einen Ansporn will er dem kleinen Bruder geben, indem er den Weltmeistertitel erkämpft. Seine Familie werde voraussichtlich zum Zuschauen nach Hamburg reisen, „aber erst ab dem Halbfinale“. Davor müsste Teziev aber erst einmal drei Kämpfe überstehen. Jeder Kampf dauert drei mal drei Minuten - „das hört sich nach wenig an, ist aber ziemlich anstrengend“, versichert der Esslinger. Ein bisschen nervös sei er trotz der inzwischen 120 absolvierten Kämpfe immer noch. „Das gehört dazu, die Spannung braucht man auch“, erklärt Teziev. Vor allem, wenn man Weltmeister werden will.