Axel Hänchen setzt weiterhin auf den eigenen Nachwuchs. Foto: Rudel - Rudel

Esslingen – Das hatten sich die Bundesliga-Wasserballer des SSV Esslingen anders vorgestellt. Zunächst verpassten sie die direkte Qualifikation für das Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft und dann verloren sie das erste Playoff-Spiel der Best-of-three-Serie beim SV Krefeld 72 mit 10:11. Am Samstag (16 Uhr) und – im Fall eines Sieges – am Sonntag (11 Uhr, jeweils Merkel’sches Hallenbad) stehen die Esslinger mächtig unter Druck. Eine weitere Niederlage, und die Mannschaft steigt von der A- in die B-Gruppe der Liga ab. Axel Hänchen, der Sportdirektor des SSVE, aber bleibt zuversichtlich. „Wir machen uns im Moment keine großen Gedanken über die B-Gruppe“, sagt der frühere Spieler.

Ist das Spiel am Samstag das wichtigste der Saison?

Hänchen: Aus jetziger Sicht betrachtet auf jeden Fall ja.

Wie frustrierend ist es, statt um eine gute Ausgangsposition für die Playoffs erst einmal gegen den Abstieg in die B-Gruppe zu spielen?

Hänchen: Ich würde nicht sagen, dass mich das frustriert. Nach der Niederlage in Krefeld waren wir natürlich alle gefrustet, weil wir nicht damit gerechnet hatten. Aber der Blick geht jetzt nach vorne. Wenn man in diese Qualifikationsspiele geht, weiß man, dass es dort sowohl in die eine als auch die andere Richtung gehen kann. Das war uns schon bewusst, und das zeigen auch die Ergebnisse der anderen Spiele: Von den vier Überkreuzduellen zwischen A- und B-Gruppe hat in dreien der B-Gruppen-Vertreter das erste Spiel gewonnen. Man darf also nicht völlig überrascht sein.

Bedeutet das, dass sich die A- und die B-Gruppe angenähert haben, was die Leistungsstärke betrifft?

Hänchen: Solche Überkreuzduelle sind immer besondere Situationen. Der vermeintliche Underdog kann befreit aufspielen und die Mannschaft, die von oben kommt und einen höheren Anspruch hat, hat schon eine größere mentale Belastung. In diesem Fall sind wir das. Aber zwischen den letzten vier der A- und den ersten vier Teams der B-Gruppe geht es offensichtlich schon relativ eng zu.

Was würde ein Abstieg in die B-Gruppe für den SSVE bedeuten?

Hänchen: Ganz nüchtern betrachtet, dass wir in dieser Saison das Ziel Viertelfinale oder Halbfinale verpassen würden. Wir hätten in der kommenden Saison in der B-Gruppe aber wieder die Chance dazu. Aber es ist mit unserem Anspruch ganz klar das Ziel, das Duell mit Krefeld zu gewinnen und in der A-Gruppe zu bleiben. Wir machen uns im Moment keine großen Gedanken über die B-Gruppe.

Solche Dinge wie Kaderplanung wären schwerer.

Hänchen: Natürlich ist man in der A-Gruppe für neue Spieler oder die eigenen Nationalspieler attraktiver als in der B-Gruppe. Aber daran denken wir wie gesagt im Moment nicht. Es geht jetzt nur darum, das Duell gegen Krefeld zu gewinnen.

In dieser Saison bestehen nicht so große personellen Probleme wie vor einem Jahr, trotzdem läuft es nicht rund. Es fehlt an der Konstanz. Worauf führen Sie das zurück?

Hänchen: Zum einen geht es in der A-Gruppe zwischen den Plätzen vier und acht enger zu als in den vergangenen Jahren. Da spielen die Tagesform und das Heimrecht eine größere Rolle. Zum anderen haben wir auch in dieser Saison immer wieder mit verletzungsbedingten Ausfällen zu kämpfen. An allererster Stelle ist da Robert Roth zu nennen, der gemeinsam mit Heiko Nossek im Rückraum eine gewisse Erfahrung und Klasse darstellt und uns so für den Gegner schwerer ausrechenbar macht, und der seit Anfang des Jahres ausfällt. Seit März fehlt uns nun auch noch Torhüter Marco Watzlawik längerfristig.

Sie betonen immer wieder, dass Sie mit Trainer Bernd Berger sehr zufrieden sind, der Verein hat eine gute Jugendarbeit. Trotz dieser guten Voraussetzungen hat man das Gefühl, dass es mit dem Esslinger Wasserball nicht wie gewünscht vorangeht. Was muss passieren, damit sich das ändert und der Verein näher an die Top-Teams in Deutschland herankommt?

Hänchen: Gerade im Moment ist das schwierig zu erreichen. Es gibt zwei Wege, um nach oben zu kommen. Der eine ist Geld. Damit kann man in dieser Sportart unheimlich schnell viel erreichen. Wenn man ein paar Spieler einkauft, ist man schnell unter den ersten drei Teams in Deutschland dabei. Aber das ist nicht unser Weg . . .

. . . das ist im Moment der Weg etwa von Waspo Hannover.

Hänchen: Das ist der Weg von Waspo Hannover. Die machen das dort so, sind in der Champions League mit guten Ergebnissen dabei und werden in dieser Saison um die deutsche Meisterschaft mitspielen. Unser Weg ist ein anderer. Wir kommen über die Jugend. Dieser Weg dauert zwar länger, aber er hält uns länger oben. Und er ist Schwankungen unterworfen. Deshalb sagte ich, dass es im Moment schwierig zu erreichen ist: Wir sind an einem Punkt, an dem wir ein kleines Loch haben, was den Nachwuchs betrifft, der in der Bundesliga bestehen kann. Bis wir unsere richtig guten Jahrgänge ab 2000 an die Spitze herangeführt haben, dauert es noch ein bisschen. Deshalb sind wir noch angewiesen auf Routiniers wie Heiko Nossek oder Robert Roth.

Um die mittelfristige Zukunft machen Sie sich also keine Sorgen.

Hänchen: Nein. Dass wir eine Mannschaft entwickeln werden, die um die Meisterschaft mitspielen wird, ist verwegen. Aber wir werden mit Sicherheit in der A-Gruppe der Bundesliga ein gehöriges Wörtchen mitreden.

Sollte sich das Team gegen Krefeld durchsetzen, was ist dann in der laufenden Runde noch möglich?

Hänchen: Das würde bedeuten, dass wir im Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft auf den OSC Potsdam treffen, der sich direkt qualifiziert hat. Gegen diese Mannschaft haben wir in der laufenden Saison zuhause gewonnen und auswärts eine ziemliche Schlappe kassiert. Es ist schwer, das Ergebnis vorherzusagen, aber ich würde die Chancen auf 60:40 für Potsdam beziffern. Auch da kann alles passieren.

Das Interview führte Sigor Paesler.