Quelle: Unbekannt

Von Hannes Kern

Stuttgart – Als sich Hannes Wolf die Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga anschaute, spielte ein zufriedenes Grinsen um seinen Mund. „Ich bin mit der Tabellensituation sehr zufrieden“, sagte der Trainer des VfB Stuttgart nach dem 3:1-Sieg über den 1. FC Nürnberg. Das bisher Erreichte kann sich in der Tat sehen lassen. Der VfB ist Tabellenzweiter mit vier Punkten Vorsprung auf die Verfolger und hat vier der vergangenen fünf Spiele gewonnen. „Wir machen insgesamt eine positive Entwicklung“, sagte Wolf, fügte aber im nächsten Atemzug hinzu: „Wir werden jetzt nicht durchdrehen.“

Das Mannschaftsgefüge gewinnt langsam an Struktur, doch Wolf hütet sich, in Euphorie auszubrechen. Noch sind zu viele holprige Elemente im Gefüge, es fehlt nach wie vor an Stabilität und Konstanz. „Ich hätte mir nach der frühen Führung mehr Kontrolle gewünscht“, sagte Wolf nach dem Sieg über den „Club“. „Wir haben oft zu schnell nach vorne gespielt und waren zwischendurch zu passiv.“ Kapitän Christian Gentner fand auch ein Haar in der Erfolgs-Suppe: „Wir haben in dieser Saison schon bessere Spiele gemacht. Wir waren zu häufig unsauber im Abschluss und vor allem in den Pässen davor.“

Taktisch variabler

Das ist im Grunde Jammern auf hohem Niveau. Solange die Ergebnisse stimmen, ist die Stuttgarter Fußballwelt in Ordnung. Dass die Punktausbeute passt, ist in erster Linie Wolfs Verdienst. In seiner knapp zweieinhalbmonatigen Amtszeit auf dem Wasen hat er die Mannschaft von seiner Philosophie überzeugt, die taktische Ausrichtung variabler gestaltet und durch den Konkurrenzdruck im Kader die Qualität erhöht. „Wir sind allerdings noch nicht so weit, den Gegner herspielen zu können. Und wir werden das auch nicht schaffen“, warnte Wolf einmal mehr vor überzogenen Ansprüchen.

Der Schlüssel für den Aufschwung war das 0:5 in Dresden. Wolf und die Spieler haben ihre Lehren daraus gezogen, das nächste Spiel gegen 1860 München mit 2:1 gewonnen und fortan nicht mehr verloren. Obwohl der Trainer in der Abwehr experimentierte, verschiedene Systeme und unterschiedliches Personal testete, entwickelte sich im Verbund mit dem soliden defensiven Mittelfeld eine gewisse Stabilität. Die Nürnberger schafften es im ersten Abschnitt nicht, gefährlich in den Stuttgarter Strafraum zu gelangen. „Mich ärgert nur das Gegentor, es wäre schön gewesen, mal wieder zu Null zu spielen“, sagte Abwehrorganisator Timo Baumgartl.

Derzeit eine feste Größe in der Innenverteidigung ist Marcin Kaminski. Wolf assistiert dem Polen „eine positive Entwicklung, ein sauberes Passspiel und Kopfballstärke“.

Kaminskis Wohlfühlfaktor

Nur habe Kaminski wie etwa beim Gegentor „angefangen, nach rückwärts zu verteidigen“ statt den Gegner anzugreifen. „Ich fühle mich hier sehr wohl, auch privat“, sagte der Abwehrspieler. „Ich war immer überzeugt, dass der Wechsel nach Stuttgart der richtige Schritt für meine Entwicklung war.“

Das gleiche gilt für Simon Terodde, der mit seinen beiden Treffern den Grundstein zum Erfolg legte. Ein Stürmer ist auf die Vorlagen seiner Mitspieler angewiesen, und in Takuma Asano sowie Carlos Mané scheint er die richtigen Zuarbeiter gefunden zu haben. Teroddes erstes Tor bereitete Asano vor, das zweite Mané. „Die Torschützenliste interessiert mich momentan wenig, denn es bringt nichts, wenn ich viele Tore schieße und wir am Ende Siebter oder Achter werden“, erklärte er und gab ein klares Ziel aus: „Ich will mit dem VfB aufsteigen. Wenn zusätzlich die Torjägerkanone herausspringt, nehme ich sie natürlich mit.“

Wolf, angesprochen auf die drei nächsten Spiele gegen Aue, Hannover und Würzburg, wollte sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, sondern den Blick auf die Tabelle genießen. „Ich will mich einfach nur freuen und mich erst später damit beschäftigen“, sagte er. Wissend, dass die Tabelle zwar nicht lügt, aber immer nur eine Momentaufnahme ist.