Genießen die kalte Ache: Tim Walter (unten) und Philipp Klement. Foto: Baumann - Baumann

Im Trainingslager in Österreich ist es heiß. Da heißt es für alle, kühlen Kopf – und Füße – zu bewahren. Der Trainer geht mit gutem Beispiel voran – in die eiskalte Ache.

KitzbühelTim Walter ist der Erste gewesen. Natürlich. Der neue Trainer geht voran, und schließlich ist es ja seine Idee gewesen, in den eiskalten Bach zu steigen. Denn nur wenige hundert Meter vom Fußballplatz in Kitzbühel entfernt fließt die Ache von den Bergen herab. Und eine Erfrischung nach der ersten Übungseinheit während des Trainingslagers des VfB Stuttgart in Österreich tat dann bei hochsommerlichen Temperaturen auch gut. Also rein ins Wasser. Bis zu den Oberschenkeln stand Walter im stark strömenden Nass. Die Routiniers Gonzalo Castro und Mario Gomez folgten. Schritt für Schritt kam der Rest eines Kaders, von dem niemand weiß, ob er am Ende der Vorbereitungszeit in ein paar Wochen im Detail noch so wie jetzt zusammengestellt sein wird. Es ist aber auch eine Gruppe, von der jetzt schon klar ist, dass sie sich neu finden muss.

„Für einen Spieler wie mich ist es vielleicht hilfreich, dass sich in der Mannschaft neue Strukturen bilden“, sagt Philipp Klement. Der 26-jährige Mittelfeldspieler gehört zu denjenigen, die frisch verpflichtet wurden. Für 2,5 Millionen Euro, wie es heißt. Damit ist Klement nach dem Abstieg der bislang teuerste Transfer – und er verkörpert die neue Ausrichtung. Erfolgshungrige Spieler werden geholt. Mit dem klaren Profil für die zweite Liga eine sofortige Verstärkung zu sein, aber ebenso mit genügend Entwicklungspotenzial, um künftig in der ersten Liga eine gute Rolle zu spielen. Das ist das große Ziel. „Für mich war Philipp Klement ein Schlüsselspieler beim SC Paderborn“, sagt der VfB-Sportdirektor Sven Mislintat. 16 Treffer und sieben Torvorlagen sprechen rein statistisch dafür. Aber ebenso seine Spielstärke. „Er kann viele Situationen auf engstem Raum spielerisch lösen“, sagt Mislintat über den Mann, der sportlich mit den Paderbornern aufgestiegen ist, um kurz darauf vor dem Fernseher mitzuerleben, wie die Stuttgarter in der Relegation den Bundesligaverbleib verspielten.

Der Enttäuschung zum Trotz unterschrieb Klement anschließend einen Vierjahresvertrag beim VfB. „Klar hätte ich lieber in der ersten Liga gespielt“, sagt er, „aber ich habe mich für die gute Perspektive entschieden.“ Eine Begründung, die Mislintat in der Überzeugung bestärkt, mit Klement auf den richtigen Charakter zu setzen. Mehr Mentalität will der VfB wieder in seine Mannschaft bringen, nachdem so gut wie nichts in der Vorsaison funktioniert hat und nun eine Reihe von ehemals hoch dekorierten Profis mit dem Ballast der Vergangenheit die Arbeit aufgenommen hat.

Mario Gomez, Holger Badstuber, Gonzalo Castro, Daniel Didavi – sie bilden den Reigen der Erfahrenen. Und sie begleitet erst einmal die Frage, was von ihnen in der zweiten Liga noch zu erwarten ist. Dazu gesellen sich beispielsweise mit den jungen Argentiniern Santiago Ascacibar und Nicolas Gonzalez Spieler der Kategorie, die beim VfB den nächsten Karriereschritt anstrebten und sich vorläufig auf einer deutlich kleineren Bühne präsentieren müssen. Die sechs Neuen vervollständigen aktuell das Personaltableau.

„Es ist schon ein Stück weit cool, plötzlich mit ehemaligen Nationalspielern wie Mario Gomez in einem Team zu stehen“, sagt Klement, „es ist aber auch angenehm zu merken, dass diese Spieler sich nicht als etwas Besseres fühlen.“ Ein „verschworener Haufen“ sollen sie werden, wie der Trainer betont. Dabei ist es bereits nach wenigen Trainingstagen auffällig, wie Walter versucht, den alten Frust in neue Lust umzuwandeln. Mit viel positiver Energie, die der Chefcoach versprüht. Walter gestikuliert viel auf dem Platz, aber er redet noch mehr. Völlig anders als seine Vorgänger agiert der 43-Jährige. Als Markus Weinzierl und Tayfun Korkut – um die zwei Cheftrainer aus der vergangenen Saison zu nennen und den Interimstrainer Nico Willig nicht zu vergessen. Doch Vergleiche interessieren Walter ohnehin nicht. Er will beim VfB sein Ding durchziehen – mit Leidenschaft und Spaß, wie er betont. Aber auch mit Spielern wie Klement, auf die Walters Spielidee anziehend gewirkt hat.

„Das war schon außergewöhnlich, als wir vergangene Saison gegen Holstein Kiel angetreten sind“, sagt Klement über Walters vorige Station. Flach und schnell soll die Kugel über den Rasen laufen. Doch dafür müssen erst einmal die Grundlagen gelegt werden. Körperlich, aber auch darüber hinaus. Denn Walters komplexer Ansatz wird nur gemeinsam mit einem Überbleibsel aus einer Zeit funktionieren, als im Fußball noch gegrätscht und nicht verschoben wurde: dem Teamgeist. Diesen Teamgeist soll auch Gregor Kobel verinnerlichen. Der VfB hat ihn von der TSG Hoffenheim für ein Jahr ausgeliehen und damit mutmaßlich den Nachfolger von Ex-Nationalspieler Ron-Robert Zieler als Nummer eins im Tor gefunden. Der 21-Jährige Schweizer war in der Rückrunde an den FC Augsburg ausgeliehen. Er sehe in Stuttgart beste Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Sein Vertrag in Hoffenheim verlängerte Kobel um ein Jahr bis 2021. Kobels Konkurrent: Fabian Bredlow (24).