Michael Reschke, der Strippenzieher beim VfB. Foto: Baumann - Baumann

Am Freitag endet die Transferperiode. Dieser Termin bereitet Sportvorstand Michael Reschke aber weniger Stress, als die Aussicht, auch das dritte Pflichtspiel gegen die Bayern zu verlieren.

Stuttgart (dpa/lsw)Einen Michael Reschke überrascht so schnell nichts im Fußball. Schließlich ist der Sportvorstand des VfB Stuttgart seit mehr als 30 Jahren im Geschäft. «Fakt ist, dass es in vergleichbarer Position wahrscheinlich wenige geben wird, die so viele Spiele in so vielen unterschiedlichen Wettbewerben gesehen haben», sagte er jüngst in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».

Dieses Wissen setzt Reschke gerne nach eigenem Ermessen ein - und wechselte deshalb vor gut einem Jahr aus der zweiten Reihe des FC Bayern München ins Rampenlicht beim VfB Stuttgart. «Der größte Spaß, das habe ich einfach festgestellt, ist: Ich will entscheiden.»

Dass das auch in Clubs mit weniger starken Persönlichkeiten als Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge nicht ohne Widerstände funktioniert, hat der selbstbewusste Rheinländer in der Debatte um ein Aus für die zweite Mannschaft erlebt. Die gibt es noch immer beim VfB, wenn auch nicht mehr als U23, sondern als U21. Allerdings kann Reschke in Stuttgart viel mehr entscheiden und verantworten, als das noch in München, beim kommenden Gegner am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky), der Fall war.

Aufsichtsratschef und VfB-Präsident Wolfgang Dietrich überzeugte Reschke mit viel Hartnäckigkeit von dem Jobwechsel an den Neckar. «Ich bin unheimlich stolz und froh, dass er zu uns gekommen ist», sagte Dietrich. «Er ist ein Mann, der dem Verein durch seine Erfahrung aktuell einen riesen Mehrwert bringt, aber auch mit seinen Entscheidungen der zukünftigen Entwicklung Rechnung trägt.» Oder, kürzer ausgedrückt: «Er ist jemand für das Jetzt und für das Morgen.»

Die Zwischenbilanz seiner Entscheidungen spricht für Reschke. Keiner seiner Zugänge aus der ersten Saison beim VfB floppte. Seinem Trainer Tayfun Korkut, der sich trotz aller Skepsis der Öffentlichkeit als gute Wahl in der schwierigen Zeit nach der Trennung von Aufstiegs-Coach Hannes Wolf erwies, stellte Reschke nun schon vor dem Start in die Vorbereitung nahezu alle wichtigen Neuzugänge auf den Platz. Hektik zum Ende der Transferperiode am Freitagabend wird es in Stuttgart dieses Jahr nicht geben. Auch ein Last-Minute-Abgang von Benjamin Pavard zum FC Bayern ist vom Tisch.

Das freut die Fans. Die Zugänge Daniel Didavi, Gonzalo Castro und Marc Oliver Kempf sind zudem Profis, mit denen die Anhänger etwas anfangen können. Dazu holte Reschke auch junge Spieler wie Rechtsverteidiger Pablo Maffeo von Manchester City.

Transfers wie die des jungen Spaniers mag Reschke auch, weil er damit seine guten Kontakte zu den Branchengrößen unter Beweis stellen kann. «Natürlich spielt der Faktor Netzwerk eine Rolle. Da würde ich für mich in Anspruch nehmen, dass das schon ausgeprägt ist. Ich kann mit den Entscheidern von Clubs wie Real Madrid, PSG oder Manchester City partnerschaftlich auf Augenhöhe verhandeln», sagte er.

Die Voraussetzungen für eine sorgenfreie Saison hat Reschke in der Theorie geschaffen. Umso mehr dürfte ihn ärgern, dass sich seine Vorahnung von vor dem Saisonstart zu bewahrheiten scheint. Mit Blick auf das Auftaktprogramm und den Spielen in Mainz, gegen die Bayern und in Freiburg hatte er gesagt: «Da kannst du nach drei Bundesliga-Spielen schon mal mit einem Punkt da stehen - ohne, dass du viel falsch gemacht hast.» Von einem Pokal-Aus bei Hansa Rostock war da gar nicht die Rede.

Eine Überraschung war der Stotterstart wohl trotzdem nicht, zu viel hat Reschke bereits erlebt. Allerdings: «Zweimal in Folge zu verlieren, ist weit weg von dem, was wir uns erhofft hatten.»