Michael Reschke während der Vorstellung des neuen Trainers. Foto: dpa - dpa

Glaubwürdigkeit des Stuttgarter Sportvorstandes leidet

StuttgartStuttgarts Sportvorstand Michael Reschke gerät für sein umstrittenes Treuebekenntnis zu Tayfun Korkut zunehmend unter Beschuss. „Dass man einem Trainer den Rücken stärkt und ihn dann am Morgen danach beurlaubt, das ist ein Stil, der mit seriösem Fußball nichts zu tun hat“, kritisierte der Präsident vom Bund Deutscher Fußball-Lehrer, Lutz Hangartner. Dass der Sportchef des VfB Stuttgart auch noch offen zugebe, gelogen zu haben, sei schon „deswegen unmöglich, weil es hier um Menschen geht. Dazu kann es keine unterschiedlichen Meinungen geben.“

Zur Erinnerung: Am Abend nach der 1:3-Niederlage bei Hannover 96 hatte der 61-Jährige seinem Trainer Tayfun Korkut noch im Brustton der Überzeugung die Treue geschworen. Unter anderem sprach Reschke davon, keine Trainerdiskussion zu führen und dass man den „Bock gemeinsam umstoßen“ wolle. Am nächsten Morgen war Korkut entlassen.

„Ein bisschen Flunkern gehört in diesem Job dazu“, rechtfertigt sich der Sportliche Leiter des Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga nun. Und nennt hehre Beweggründe für sein Handeln, das von der Clubführung und der Öffentlichkeitsabteilung des VfB als professionell gelobt wurde.

Hätte er sich direkt nach dem Spiel nicht vor seinen Trainer gestellt, wäre dies ein Signal zum „Abschuss-Freigeben“ gewesen, sagt Reschke. Zum Zeitpunkt der Aussagen wäre der anschließende Krisengipfel mit Präsident und Vorstand nach der Rückkehr in Stuttgart zwar längst vereinbart gewesen, allerdings mit offenem Ausgang, wie Reschke betont. Hätte man sich für eine Weiterbeschäftigung des glücklosen Coaches ausgesprochen, wäre dieser sonst beschädigt gewesen. Weshalb er den 44-Jährigen bis zur letzten Patrone verteidigen wollte.

„Wahrheitsbeugung“

Dem lässt sich schwer widersprechen, dennoch fällt der nicht eingehaltene Treueschwur Reschke nun voll auf die Füße. Am Mittwoch bei der Vorstellung des neuen Trainers Markus Weinzierl mit dem direkten Vorwurf der Lüge konfrontiert, äußerte Reschke, Lüge sei ein großes Wort. Er wolle es lieber „Wahrheitsbeugung“ nennen.

Dieselbe Wortwahl, auf die er schon einmal zurückgriff. Als es im Dezember 2017 um die Zukunft von Stürmer Simon Terodde ging und Reschke beteuerte: „Simon bleibt in Stuttgart. Daran gibt es nichts zu deuteln. Er hat einen Vertrag bei uns.“ Teroddes Berater Volker Struth machte die Schmierenkomödie perfekt, als er sagte: „Simon bleibt beim VfB. Fertig. Aus.“ Das Ende ist auch hier bekannt. Zehn Tage später wechselte der Stürmer zum 1. FC Köln.

Glaubwürdigkeitsproblem

Mit einem wachsenden Glaubwürdigkeitsproblem kann Reschke nach eigener Aussage gut leben. „Ich respektiere, wenn das in der Öffentlichkeit nun anders interpretiert und missverstanden wird.“ Ihm sei es aber immer nur darum gegangen, „was in der jeweiligen Situation das Beste für den VfB Stuttgart ist“. In Extremsituationen könne man eben nicht jeden Gedanken öffentlich äußern.

Auf eine weitere Frage vom Mittwoch, ob es erste Gespräche mit neuen Trainerkandidaten erst nach der Entlassung Korkuts oder nicht schon früher, etwa nach dem 0:0 gegen Fortuna Düsseldorf, gegeben habe, antwortete Reschke: „Die gab es definitiv erst am Sonntagmorgen.“ Dass ihm das nicht jeder abnimmt – auch damit wird Michael Reschke wohl leben müssen.