Wenn mal ein Ball aufs Tor kommt, ist Ron-Robert Zieler ( unten) da. Foto: dpa - dpa

Der VfB Stuttgart hat unter Trainer Tayfun Korkut die richtige Balance zwischen Offensive und Defensive gefunden. Der Coachlobt die Arbeit des Kollektivs.

StuttgartSo richtig viel gibt Tayfun Korkut auf Zahlen, Fakten und Tabellen nicht. „Ja“, sagt der Trainer des VfB Stuttgart meist, wenn er mit einem solchen Detail konfrontiert wird, dann macht er eine kleine Pause – und schiebt hinterher: „Da sind wir wieder bei der Statistik.“ Viel mehr gibt’s für den Coach dazu meistens nicht zu sagen. Wobei es mittlerweile ja Statistiken gibt, die sich richtig gut lesen aus Sicht der Cannstatter.

Nur der FC Bayern und Borussia Dortmund sind zum Beispiel besser als der VfB – wenn es darum geht, wie oft der eigene Torhüter ohne Gegentor geblieben ist. Nur der FC Bayern ist besser als der VfB – wenn man darauf schaut, wie viele Gegentore eine Mannschaft gefangen hat. Und selbst Korkut zitiert in diesem Zusammenhang und mit Blick auf das vergangene Spiel eine Statistik: „Wir hatten mehr Torschüsse als RB Leipzig.“ 11:9 gewann der VfB diese Wertung, das Spiel allerdings endete 0:0 – und war trotzdem eines ganz nach Korkuts Geschmack.

Sechs Partien hat der VfB unter seinem neuen Trainer nun absolviert, viermal blieb das Team ohne Gegentor. Und dass dennoch 14 Punkte dabei herausgesprungen sind, ist für Korkut der Beleg dafür, dass die Balance stimmt zwischen Offensive und Defensive – auch wenn der eine oder andere der Mannschaft eine unattraktive Spielweise bescheinigt. „Es geht um den Klassenverbleib“, sagt dazu der Torhüter Ron-Robert Zieler, „schön spielen und keine Punkte holen, das bringt uns nicht weiter.“ Wobei Korkuts Spielidee beileibe nicht aufs reine Zerstören angelegt ist. Vielmehr sieht er andere Gründe dafür, dass der Ball so selten im eigenen Tor zappelt.

„Das Spielfeld ist groß“, sinniert der Coach und nennt seine Schlussfolgerung: „Es geht darum, dass man es kontrolliert.“ Und weil das kein Mannschaftsteil alleine schaffen kann, geht es ihm um die gemeinschaftliche Umsetzung des Spielplans. „Wir haben es geschafft, dass alle mitmachen“, sagt Korkut, der davon überzeugt ist, dass davon auch alle profitieren. „Umso besser die vorderen Spieler arbeiten, desto einfacher haben es die hinteren“, sagt er und betont im Gegenzug: „Umso besser die hinteren Spieler arbeiten, desto einfacher kommen die vorderen an den Ball.“ Korkuts Fazit der eigenen Ausführungen: „Es hängt alles miteinander zusammen.“ Und: „Wenn man die defensive Arbeit gut verrichtet, hat man mehr Optionen und Freiheiten in der Offensive.“

Die Stürmer arbeiten mit

So sieht Korkut die beiden Stürmer durch deren defensiven Aufgaben auch nicht in ihrem Tordrang gehemmt. „Wir hatten in jedem Spiel klare Chancen“, sagt Korkut, „unsere Stürmer reiben sich unheimlich auf, strahlen deswegen aber keine Müdigkeit aus.“ Das Duo Mario Gomez und Daniel Ginczek steht dagegen für Wucht und Torgefahr – und verhindert so, dass sich die gegnerischen Abwehrspieler allzu sorglos in den Angriff mit einschalten und so Überzahl schaffen können. Insgesamt brachten die neun Zu-null-Spiele 23 Punkte. Defensiv stand der VfB schon unter Hannes Wolf lange Zeit gut, dabei stockte aber mehr und mehr das Offensivspiel. Deshalb lautet die Bilanz des Ex-Trainers: Fünf von 20 Spielen endeten ohne Gegentor und bescherten 13 Punkte (insgesamt holte Wolf 20 Punkte). Unter Korkut lautet das Zwischenfazit: Vier von sechs Spielen zu null brachten zehn Punkte, insgesamt holte er 14 Zähler.

Michael Reschke hat festgestellt: „Unsere letzte Linie steht nun oft höher als früher, dadurch sind wir kompakter.“ Den Leipzigern gönnte der VfB so – und durch häufiges Überspielen des Mittelfelds – kaum Balleroberungen und Umschaltmomente. Außerdem lobt der Sportvorstand des VfB die „ganz hohe Bereitschaft“ der Spieler, sich den Zweikämpfen zu stellen. Der Lohn im Spiel gegen RB: 54 Prozent der geführten direkten Duelle entschieden die Stuttgarter für sich.

Zu solch positiven Statistiken tragen seit Wochen die Innenverteidiger Benjamin Pavard und Timo Baumgartl bei, am Sonntag war auf Holger Badstuber in der Viererkette Verlass, in Marcin Kaminski steht ein weiterer Abwehrrecke parat, wenn er gebraucht wird. Rechts hinten steigerte sich zuletzt Andreas Beck, Santiago Ascacibar räumt meist schon im Mittelfeld vieles ab. Christian Gentner erkennt Lücken früh und stopft sie geschickt. „Das gesamte Konstrukt funktioniert“, freut sich Korkut – und folgert daraus: „Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir Spiele gewinnen.“ Womöglich auch am Freitag (20.30 Uhr) beim SC Freiburg.

Schon neunmal ist der VfB in dieser Saison ohne Gegentor geblieben, lediglich 29 Gegentore hat das Team bisher bekommen, erst eine Gelb-Rote Karte und eine Gelb-Sperre musste die Mannschaft hinnehmen. Achtmal in dieser Saison soll diese defensive Stabilität noch einen Ertrag einbringen und so den Klassenverbleib sichern. Den Wert zeigt ein Blick in die Vergangenheit: In der Abstiegssaison kassierte der VfB Stuttgart 75 Gegentore.

Keine schöne Statistik.