Marc Oliver Kempfs Premiere beim VfB Stuttgart macht Hoffnung auf eine bald stabilere Defensive. Langfristig soll der frühere Freiburger dann eine große Lücke schließen.
StuttgartEr kam, spielte und siegte. Kaum, dass Marc Oliver Kempf das erste Mal in einem Pflichtspiel für Stuttgart auf dem Platz stand, kehrte der Erfolg zurück. 2:0 in Nürnberg, der VfB hat sich aus dem Schlamassel herausgekämpft. Da darf man sich schon was drauf einbilden, oder?
Kempf lächelt verlegen. „Wir haben in Nürnberg insgesamt gut gearbeitet, jeder hat für den anderen auch mal die Drecksarbeit gemacht“, sagt der 23-Jährige und beweist damit, dass er Regel eins in Sachen Öffentlichkeitsarbeit eines Bundesligaprofis gut beherrscht: nie den eigenen Erfolg über den der Mannschaft stellen.
Im Fall von Marc Oliver Kempf und dem VfB Stuttgart bedingt jedoch das eine das andere. Zum ersten Mal in dieser Saison geriet die Stuttgarter Defensive nicht ins Wanken, spielte zu null und war die Basis für den lang ersehnten Erfolg. Ein erster Hoffnungsschimmer nach Wochen der Dunkelheit. Weshalb Kempf vielleicht noch nicht das Gesicht der Wende ist. Zumindest geht sein Name aber mit dem Ende der Stuttgarter Talfahrt einher.
Kempf hatte auf der ungewohnten Position als Linksverteidiger großen Anteil an der neu gewonnenen Stabilität. Bis auf ein paar Anfangsschwierigkeiten spielte der 1,86 Meter große Linksfuß, als sei er nie weg – und schon immer da gewesen. Profi eben. Als „ganz okay“ bezeichnet er sein Debüt. Da stört es ihn auch nicht, dass er eigentlich lieber auf seiner angestammten Position in der Innenverteidigung spielen würde.
Der Hesse durchläuft die klassische moderne Fußballerlaufbahn. Als Sprössling einer fußballbegeisterten Familie wechselt er mit zwölf Jahren zu Eintracht Frankfurt. Wo Kempf die perfekte Schule für ein Fußballerleben erfährt. Auf und neben dem Platz. Fußballerisch bringt Kempf für einen Abwehrspieler alles mit. Zweikampfhärte, Kopfballstärke, Spielverständnis, Spieleröffnung.
Kempf soll Pavard-Lücke schließen
Gepaart mit seinem wuchtigen Körper entwickelt er sich beim SC Freiburg zu einem der begehrtesten deutschen Defensivspezialisten. Auch Frankfurt, Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach buhlten um den U-21-Europameister von 2017, ehe der Club aus Cannstatt das Rennen um den ablösefreien Spieler machte. Und SC-Coach Christian Streich geknickt anmerkte: „Der VfB hat halt mehr Geld als wir. Und irgendwann kommt dann ein Club, der mehr Geld hat als der VfB.“
So weit ist es freilich noch nicht. Bis 2022 ist der 23-Jährige an den VfB gebunden. Wo sie in ihren Neuzugang die Hoffnung stecken, dass er die Lücke schließt, die Benjamin Pavard nach dieser Spielzeit voraussichtlich hinterlassen wird.
Weil Kempf nicht nur gut kicken kann, sondern auch sonst viel von den Erfordernissen an einen modernen Profi mitbringt. Allen voran eine gesunde Einstellung zum Beruf. Ein feiner Kerl sei er, heißt es auf dem Wasen. Einer, der auch nicht aufmuckt, wenn er sich erst mal hinten anstellen muss. Wie zu Saisonbeginn, als Kempfs Konkurrenten Holger Badstuber, Timo Baumgartl und Benjamin Pavard die vorderen Plätze einnahmen.
Es folgte die Verletzung, ein Muskelfasseriss im Oberschenkel. Eine schwierige Anfangszeit. Jetzt hat er sich in die Mannschaft zurückgekämpft – und die Mannschaft mit ihm. „Vielleicht war es gut, gerade zum jetzigen Zeitpunkt zurückzukehren“, spricht der 23-Jährige auf die Pleitenserie vor dem Nürnberg-Spiel an. „Wenn man davor in der Reha war und nicht so tief drinsteckt, bringt so ein neues Gesicht ja auch neue Motivation in die Mannschaft.“
Und neue Stabilität. Einiges spricht dafür, dass Trainer Markus Weinzierl seine Mannschaft beim kommenden Auswärtsspiel in Leverkusen am 23. November zumindest defensiv nicht verändern wird. Obwohl Linksverteidiger Emiliano Insúa nach seiner Sperre zurückkehrt. Sein Vertreter wird alles daran setzen, im Team zu bleiben. Nach Startschwierigkeiten ist der 23-Jährige voll drin im Kempf-Modus.