Die erfahrenen VfB-Spieler Ron-Robert Zieler (links) und Holger Badstuber sind jetzt gefordert. Foto: dpa

Von Dirk Preiß

Stuttgart – Faktisch hatte der VfB Stuttgart die Partie beim 1. FSV Mainz 05 am vergangenen Samstag ja bereits vor dem Anpfiff gewonnen. Und zwar mit 1339 zu 466. Die Differenz von 873 bezieht sich auf die Bundesligaspiele, die die Fußballer beider Startformationen in Summe aufs Feld gebracht haben. Bedeutet: Der VfB-Trainer Hannes Wolf schickte viel mehr Erfahrung auf den Rasen als sein Mainzer Kollege Sandro Schwarz – nach den 90 Minuten aber war klar: Gebracht hat ihm das nichts. Nicht in diesem Spiel.

Die Mainzer haben die Stuttgarter mit ihrer Körpersprache beeindruckt. Der VfB hatte, je länger die Partie dauerte, immer weniger dagegenzusetzen – und auch die erfahrenen Spieler im Team konnten diese Spielentwicklung nicht stoppen. Was die Frage aufwirft: Hätten sie das können müssen?
„Die Jungs gehen grundsätzlich vorneweg“, sagt Wolf, stellt sich vor seine Routiniers und nimmt das Kollektiv in die Pflicht: „Wir müssen alle Verantwortung übernehmen.“ Doch schon allein die Besetzung des in der Winterpause neu zusammen gestellten Mannschaftsrats zeigt, dass den erfahrenen Akteuren eine besondere Rolle zukommt in dieser Rückrunde.

Ron-Robert Zieler (28 Jahre/204 Bundesligaspiele) gehört ebenso dazu wie Christian Gentner (32/ 333), Holger Badstuber (28/143), Mario Gomez (32/283) und Daniel Ginczek (26/50). Auf die vermeintlich mangelnde Erfahrung im Kader hatte Michael Reschke bereits zu Saisonbeginn reagiert und Andreas Beck (30/257) und Dennis Aogo (31/229) verpflichtet. Gomez vergrößert diesen Faktor nun noch einmal, soll ein Fixpunkt in der Mannschaft werden und wurde auf Anhieb in das Gremium rund um den Kapitän gesetzt.

Vier Profis dieses Quintetts standen in Mainz in der Startelf, die eigentlich das bot, was sich viele Vereine so sehr wünschen: eine gesunde Mischung aus jugendlicher Unbekümmertheit und Erfahrung. Neben den Mitgliedern des Mannschaftsrats standen noch Emiliano Insua (29) und Aogo aus der Fraktion der Routiniers auf dem Platz. Dazu kamen fünf Spieler, die 21 Jahre alt oder jünger sind.
„Es gab einen deutlichen Unterschied, mit welcher Haltung die Mainzer in dieses Spiel gegangen sind“, sagt Wolf, suchte die Schuld dafür aber vor allem bei sich selbst: „Diesen Schuh muss auch ich mir anziehen.“ So ein klein wenig hofft ein Coach aber auch immer auf die Selbstheilungskräfte seiner Truppe. Dass die Jungen die Alten mit ihrer Begeisterung mitziehen. Dass die Alten die Jungen führen, wenn ihnen Orientierung fehlt oder sie auf den Ernst der Lage hingewiesen werden müssen.

Kein Mangel an Führungsspielern

Doch dieses befruchtende Zusammenspiel der Generationen funktionierte zumindest in Mainz überhaupt nicht. Dabei sagt Wolf auch: „Wir hatten eine Mannschaft mit viel Erfahrung auf dem Platz.“ An vermeintlichen Führungsspielern herrscht kein Mangel.

Zieler hielt erst stark, patzte dann aber zweimal. Badstuber bügelte zwar den einen oder anderen Fehler seines diesmal schwachen Nebenmannes Timo Baumgartl aus, war aber auch viel mit sich und dem Schiedsrichter beschäftigt. Christian Gentner hatte keinen guten Tag, Emiliano Insua war durch eine frühe Gelbe Karte schnell gehemmt, Dennis Aogo spulte ein biederes Programm herunter und Mario Gomez hing als Spitze ziemlich in der Luft. Kurz nach der Pause musste er verletzt raus.
So konnte sich kaum ein junger Spieler an den Erfahrenen aufrichten – und der VfB verspielte recht leichtfertig die Chance, sich ein wenig von der Gefahrenzone abzusetzen. Weshalb Wolf nun sagt: „Wir müssen dramatisch aufpassen.“ Im kommenden Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen den FC Schalke 04 fordert er von seiner Mannschaft einen „Riesenfight“.

Die erfahrenen Spieler dürften wissen, dass es vor allem an ihnen hängt, dass dieses Klima in den Trainingseinheiten und dann erst recht in der Bundesligapartie herrscht. „Wir müssen ruhig bleiben“, fordert Holger Badstuber einerseits. Er fordert aber auch: „Wir müssen uns immer bis zum letzten Korn verausgaben.“