Mal wieder in der Kritik: VfB-Präsident Wolfgang Dietrich. Foto: dpa - dpa

Wolfgang Dietrich ist als Präsident des VfB Stuttgart nach wie vor umstritten. Vor dem Saisonfinale geht es um mögliche Interessenskonflikte aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit.

StuttgartDie Saison neigt sich dem Ende entgegen. Was auch bedeutet: Es naht die Zeit der Entscheidungen, es sind die Wochen der Wahrheit. Eine bittere für den VfB Stuttgart: Der direkte Klassenverbleib ist nach dem Sieg des FC Augsburg bei Eintracht Frankfurt kaum noch möglich – da hilft auch das direkte Aufeinandertreffen mit dem FCA am Samstag (15.30 Uhr) nicht viel. Auf Platz 15, den nun der FC Schalke 04 belegt, fehlen dem VfB sechs Punkte. Das höchste der Gefühle dieser verkorksten Saison, so scheint es derzeit, ist die Teilnahme an der Relegation. Am 23. und 27. Mai ginge es um alles. Abstieg oder Rettung. Totalschaden oder blaues Auge. Klar ist: Es wird spannend. Nicht nur wegen der Konstellation auf dem Rasen.

1. FC Union Berlin und 1. FC Heidenheim – das sind zwei mögliche Kontrahenten in den Entscheidungsspielen. Weshalb plötzlich die berufliche Vergangenheit des Stuttgarter Vereinspräsidenten und Aufsichtsratschefs der VfB AG ein heißes Thema ist – wie schon vor seiner Wahl im Oktober 2016.

Dietrich, das trug am Montag noch einmal das Fußballmagazin „Kicker“ zusammen, verdiente sein Geld unter anderem damit, Fußballvereinen über die von ihm gegründete Quattrex AG und in Verbindung mit deren Ablegern Darlehen zu geben, unter anderem über einen luxemburgischen Fonds. Diese Gelder müssen verzinst zurückbezahlt werden, teils abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg. Unter diesen Clubs sind: Union Berlin und Heidenheim. Vor allem dem Hauptstadtclub wird bei einem Aufstieg eine glänzende wirtschaftliche Perspektive bescheinigt. Das klingt nach einer Kollision der Interessen.

„Ich sehe keinerlei Interessenskonflikte“, sagt Wolfgang Dietrich am Montag. Und wiederholt damit aus seiner Sicht die Ergebnisse mehrerer Prüfungen vor Beginn seiner Amtszeit. Zunächst habe er den Verein gebeten zu untersuchen, ob seine geschäftlichen Aktivitäten eine Kandidatur überhaupt zuließen. Die damalige Clubführung meinte: ja.

Für die DFL besteht kein Problem

„Der Vorstand und der Aufsichtsrat waren genauso wie die DFL bereits vor der Wahl von Wolfgang Dietrich zum Präsidenten des VfB unter anderem auch über dessen Beteiligungsverhältnisse informiert“, sagt Stefan Heim, damals wie heute Finanzvorstand des Vereins. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und die an den Geschäften beteiligten Clubs hatten also ebenfalls keine Bedenken. „Die seitens des Clubs und von Herrn Dietrich eingereichten weitreichenden Verpflichtungserklärungen zur Vermeidung von denkbaren Interessenskollisionen hielt die DFL im Rahmen der Prüfung für geeignet und ausreichend“, lässt die DFL am Montag mitteilen. Für den Dachverband ist vor allem wichtig, dass eine Person nicht bei zweierlei Vereinen Einfluss auf das operative Geschäft hat. Daimler-Manager Wilfried Porth, 2016 als Aufsichtsrat an der Auswahl Dietrichs beteiligt, erklärt: „Das Engagement des Präsidenten im Profifußball war schon immer bekannt. Die operative Erfahrung aus dieser Tätigkeit, aus der er sich längst zurückgezogen hat, kommt dem VfB zugute.“ Die „Integrität“ sei „in jeglicher Hinsicht gewährleistet“.

„Ich habe“, sagt Dietrich, „alles offengelegt und mich entsprechend meiner Lebensplanung aus dem operativen Geschäft und als Gesellschafter stufenweise zurückgezogen.“ Die Mehrheitsbeteiligung an der Quattrex AG habe er schrittweise veräußert, „die letzte Tranche wie geplant in 2017 verkauft“. Den Sitz im Aufsichtsrat hatte er lange vor der Wahl abgegeben. Seine Beteiligung an der im Februar 2016 gegründeten Quattrex GP S.a.r.l. habe er vier Tage nach seiner Wahl verkauft. „Diese Veräußerung habe ich vorgezogen, um jeden Verdacht einer möglichen Interessenskollision auszuschließen“, sagt Dietrich. Ursprünglich habe er 2017 verkaufen wollen.

Mit seiner VMM Consulting GmbH (Dietrich ist 100-prozentiger Gesellschafter) war er zunächst weiter an der Quattrex Finance GmbH beteiligt, die wiederum Rückzahlungen der Darlehensnehmer kassiert. Seit Ende Juli 2016 ist Dietrich kein Geschäftsführer mehr, seit Januar 2018 nicht mehr Gesellschafter. In der Folgegesellschaft fungieren Dietrichs Sohn Christoph und Tobias Schlauch, einst Vorstand bei den Stuttgarter Kickers, als Gesellschafter. „Ich bin an keiner Firma, die im Fußballbereich tätig ist, mehr beteiligt“, betont Dietrich. Geld kassiert der 70-jährige Unternehmer dennoch.

„Sofern Erträge anfallen, bekomme ich ausschließlich Ausschüttungen aus Verträgen, die vor meiner Amtszeit zwischen der Quattrex und den entsprechenden Vereinen geschlossen wurden. Dieser Sachverhalt war sowohl den Gremien des VfB bekannt als auch gegenüber der DFL transparent dargestellt“, sagt Dietrich. Die Ligazugehörigkeit der Clubs spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Jedoch gilt auch: Geht es den Vereinen sportlich wie wirtschaftlich gut, sind die Rückzahlungen gesichert. Auf diese ihm aus früheren Geschäften zustehenden Erträge wolle er, der als Präsident ehrenamtlich tätig ist, nicht verzichten, sagt Dietrich.

Juristisch fahren der VfB und sein Präsident in sicherem Gewässer. Ein gutes Gefühl stellt sich bei vielen Beobachtern dennoch nicht ein. Das Geschäft mit Geld und Macht im Fußballbusiness ist undurchsichtig und für viele nicht mehr nachvollziehbar geworden. Doch es gibt auch noch einfache Wahrheiten. Zum Beispiel am 23. und 27. Mai – auf dem Platz.

Pavard in München

Fußball-Weltmeister Benjamin Pavard absolvierte nach Informationen des „Kicker“ am Montag seinen Medizincheck beim FC Bayern München. Von beiden Vereinen gab es dazu auf Nachfrage keinen Kommentar, aber auch nach dpa-Informationen befand sich der französische Abwehrspieler am Montag für die Untersuchung bei den Münchnern. FCB-Sportdirektor Hasan Salihamidzic hatte den bevorstehenden Transfer des 23-Jährigen, der im Sommer zum Rekordmeister wechselt, bereits Anfang des Jahres bekannt gegeben.