Auf dem Boden der Tatsachen: VfB-Stürmer Daniel Ginczek (hinten/mit Dortmunds Sokratis) und der VfB Stuttgart Foto: dpa - dpa

Zuvor hatte die Mannschaft acht Mal in Folge nicht verloren

DortmundAch, was war das für ein netter Nachmittag für die Fans des VfB Stuttgart. Gut, einige von ihnen kamen kurz vor knapp erst im Signal-Iduna-Park in Dortmund an, weil es auf der Zugstrecke von Stuttgart in den Westen Probleme gegeben hatte. Aber dann: Sonne satt, gute Stimmung – und ein VfB-Team, das dem favorisierten Kontrahenten das Leben richtig schwer machte. Mehr noch: Die Mannschaft von Trainer Tayfun Korkut kontrollierte die Partie, ließ die Verunsicherung der Dortmunder (im Anschluss an das 0:6 beim FC Bayern) wachsen und hätte diese beinahe auch umgemünzt in eine Führung. Der Kopfball von Mario Gomez ging in der 26. Minute jedoch neben das Tor. Und schon wenig später wurde aus dem netten Nachmittag ein richtig fieser Ausflug.

Der Wendepunkt in diesem Aufeinandertreffen zwischen Dortmund und den VfB konnte hinterher klar benannt werden. Dass es einer werden würde, war aber erst nicht zu erwarten – und danach nicht zu erklären. Christian Pulisic, der Dortmunder Flügelspieler, wollte jedenfalls eine Flanke in den Stuttgarter Strafraum schlagen. Und nur, weil der US-Boy den Ball nicht richtig erwischte, senkte sich die Kugel hinter VfB-Torhüter Ron-Robert Zieler ins Netz. „Wir waren 35 Minuten lang gut im Spiel“, analysierte Daniel Ginczek, „und dann fällt so ein Tor.“ Danach, ergänzte der Stürmer des VfB, „sind wir ein bisschen eingebrochen“.

Die Stuttgarter waren im Anschluss an diesen Treffer in der 38. Minute nicht hilflos, nicht überfordert oder gar vogelwild in ihren Aktionen. Jeder der 81 360 Zuschauer aber konnte zwei Entwicklungen beobachten: Zum einen konnte der VfB seinen zu Beginn nahezu perfekten Plan nicht mehr umsetzen, das Dortmunder Aufbauspiel auf lange Bälle zu reduzieren. So kam der BVB ins Kombinieren, wurde mehr und mehr sicherer ließ die Stuttgarter immer öfter als Verlierer der direkten Duell dastehen. Die erschreckende Bilanz nach 90 Minuten: Nur 35 Prozent der Zweikämpfe hatten die Gäste gewonnen. Und die Angriffe der Weiß-Roten verloren ihre Wucht, lange bevor eine gefährliche Zone erreicht worden war. „Wenn man so überlegen ist, muss man auch die Tore machen“, grantelte Korkut nach der Partie.

Doch das Offensivspiel seines Teams war zuvor geprägt gewesen von vielen und hastig geschlagenen Flanken, später von zahlreichen langen Bällen – aber wenig durch Temporeiches, und überhaupt nicht durch Überraschendes. „Vielleicht haben uns beim Abschluss der Mut und die letzte Konsequenz gefehlt“, grübelte VfB-Kapitän Christian Gentner. Bis auf einen Lattentreffer durch Mario Gomez gab es nichts mehr, was das Blut der Schwarz-Gelben hätte in Wallung bringen können. Diese letzte Chance ergab sich erst in der 85. Minute – als der BVB bereits 3:0 führte.

Direkt nach der Pause hatte das Zusammenspiel zwischen Mo Dahoud, Nuri Sahin und Michy Batshuayi das zweite Dortmunder Tor durch die Leihgabe des FC Chelsea zur Folge, in der 59. Minute besiegelte Maximilian Phillip nach einer Flanke von Dahoud im zweiten Versuch die dann höchste VfB-Niederlage der Saison, die zugleich die erste unter Trainer Tayfun Korkut war. „Wenn sie den Platz haben, dann haben sie die Qualität, um einem wehzutun“, ärgerte sich der Coach.

Acht Spiele lang hatte der VfB, dem Korkut einen pragmatischen und ergebnisorientierten Fußball verordnet hatte (Korkut: „Wenn wir anders spielen, steigen wir ab“) nicht verloren und das Punktekonto auf einen Stand geschraubt, der Sorgenfreiheit beim Blick nach unten garantiert. Das Ziel Klassenverbleib ist praktisch erreicht, weshalb diese Niederlage in Dortmund den VfB mit Blick auf die Tabelle nicht besonders ärgern muss. „Wir werden sie nicht überbewerten“, sagte Korkut. Die Pleite zeigte aber auch auf, dass schon in den kommenden Heimspielen gegen Hannover 96 (Samstag, 15.30 Uhr) und gegen Werder Bremen (21. April, 15.30 Uhr) eine Steigerung her muss, damit die Saison nicht wie vorzeitig beendet wirkt. Gegen eine Weiterentwicklung des Offensivspiels hätte wohl auch keiner was einzuwenden.

„Wir wollen noch Spiele gewinnen und noch viele Punkte holen“, sagte wie viele seiner Kollegen Daniel Ginczek und forderte: „Wir müssen die Köpfe jetzt wieder hochnehmen.“ Einer allerdings wird noch eine Weile betrübt bleiben: Der Argentinier Santiago Ascacibar sah in Dortmund seine zehnte Gelbe Karte und fehlt dem VfB gegen Hannover 96. red

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