Holger Badstuber (links) verteidigt gegen Robert Lewandowski. Foto: dpa - dpa

Wenn Holger Badstuber fit ist, spielt er - diesen Automatismus wird wohl auch der neue VfB-Trainer Tayfun Korkut am Sonntag gegen Borussia Mönchengladbach nicht in Frage stellen.

StuttgartHolger Badstuber hat fleißig trainiert in den vergangenen Tagen. Was insofern eine Nachricht ist, als dies bei Holger Badstuber keine Selbstverständlichkeit darstellt. In diesem Kalenderjahr kam der 28-Jährige erst auf eine Handvoll Trainingseinheiten. Aus dem Trainingslager in Spanien musste der frühere Nationalspieler wegen Adduktorenproblemen vorzeitig abreisen. Zum Rückrundenauftakt gegen Hertha BSC reichte es für den Innenverteidiger zu einem siebenminütigen Kurzeinsatz, eine Woche später in Mainz stand er über die volle Distanz auf dem Platz. Ehe die Muskeln in der Leistengegend wieder Alarm schlugen.

Insofern ist bei Badstuber alles beim Alten. Die alten Leiden, sie wollen nicht enden. Anders als zu seiner Zeit beim FC Bayern München, die gekennzeichnet war von schweren Verletzungen (Muskelriss im Oberschenkel, zwei Kreuzbandrisse, Sehnenriss, Knöchelbruch), sind es in Stuttgart eher Wehwehchen, die ihn plagen. Vor allem die Adduktoren verlangen immer wieder nach einer Auszeit.

Die nun, nach neuerlichen zwei Spielen Pause, zu Ende zu gehen scheint. Stand jetzt steht einem Einsatz am Sonntag (15.30 Uhr) im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach nichts im Wege. Vorausgesetzt, Trainer Tayfun Korkut vertraut genauso auf den Innenverteidiger wie zuvor Hannes Wolf. Unter dem Ex-Trainer galt die feste Regel: Ist Badstuber fit, spielt er. Weil er noch immer zu den besten deutschen Innenverteidigern zählt, woran auch die ständigen Verletzungen und der fehlende Spielrhythmus nichts ändern. Rein, raus, rein, raus – so sah das in der Vorrunde meist aus.

Obwohl die Verteidigung im bisherigen Saisonverlauf noch das kleinste Problem des Aufsteigers war, stellt sich vor seiner erneuten Rückkehr die Frage: Wie vertragen sich die ständigen Wechselspielchen auf Dauer? Eingespielt sein im Abwehrverbund ist schließlich ein wichtiger Trumpf. Den der VfB nur selten ziehen konnte. Auch wegen diverser anderer Verletzungen in der Mannschaft stand in dieser Saison noch selten dieselbe Elf zweimal in Folge auf dem Platz.

Der 28-Jährige hält sich zu den Rochaden in der Abwehr lieber bedeckt, dafür sagt sein Entdecker und Förderer Hermann Gerland: „Wenn er einsatzfähig war, hat er immer gut gespielt. Ich sehe da überhaupt kein Problem für den VfB.“ Auch Karl Allgöwer schätzt Badstubers Qualitäten als so herausragend ein, dass er es für töricht hielte, nicht automatisch auf ihn zu setzen. „Er ist der beste und erfahrenste Abwehrspieler beim VfB“, meint der Stuttgarter Rekordtorschütze. Nur Thomas Berthold gibt zu bedenken: „Abstände, Laufwege, Kommandos – generell sind Rotationen in der Abwehr immer schlecht.“ Doch auch der Weltmeister von 1990 legt sich fest: „Der VfB kann im Abstiegskampf nicht auf einen Mann wie Holger Badstuber verzichten.“

Mia-san-Mia-Gefühl

Adduktorenprobleme hin, Oberschenkelverletzungen her – Badstuber ist noch immer der Boss. Dazu genügt es, ihn ein paar Minuten auf dem Platz zu beobachten. Dort gibt der Innenverteidiger, der es nicht mag, ständig mit dem Stempel des Seuchenvogels versehen zu werden, den Wortführer. Gestik und Körpersprache verraten, wer 15 Jahre beim Branchenprimus an der Säbener Straße zugebracht hat. Badstuber vermittelt das Mia-san-Mia-Gefühl an seine Kollegen mit dem roten Brustring – oder versucht es zumindest. Seine Nebenleute Benjamin Pavard, Timo Baumgartl oder Marcin Kaminski sind an seiner Seite stärker und stabiler geworden. „Man sieht in jedem Spiel, dass sie ihn akzeptieren und auf seine Kommandos hören“, hat Allgöwer beobachtet.

Ganz unumstritten ist der gebürtige Memminger, dessen Zukunft nach Saisonende noch offen ist, auf dem Wasen dennoch nicht. Er beansprucht zwar keine Sonderrolle, interpretiert seine Rolle als Abwehrspieler aber mit dem Selbstverständnis eines sechsfachen deutschen Meisters. Der 28-Jährige glaubt, selbst am besten zu wissen, wo seine Stärken in der Mannschaft zum Tragen kommen sollen. Dass sie es sollen, sowieso. Wenn er fit ist.