VfB-Präsidiumsmitglied Martin Schäfer (links) und AG-Vorstandsmitglied Jochen Röttgermann. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Denis Raiser und Frank Wild

Rommelsbach - Martin Schäfer fühlt sich am Sonntagvormittag sichtlich wohl inmitten der 50 Kinder, die am dreitägigen Fußballcamp des VfB Stuttgart auf dem Sportgelände des SV Rommelsbach teilnehmen. Der 60-Jährige hat selbst zwei erwachsene Töchter und einen Sohn sowie sechs, zum Teil ebenfalls fußballbegeisterte Enkelkinder.

Den bisherigen Aufsichtsratsvorsitzenden, der nach der Ausgliederung der Profifußballabteilung nun auch dem neuen, neunköpfigen Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft (AG) angehört, kennen die jungen Kicker nicht wirklich. Sie interessieren sich deshalb auch mehr für die professionell angeleiteten Übungseinheiten, die vier Trainer der Stuttgarter leiten. Dafür lauschen interessierte Eltern den Worten des prominenten, in Mittelstadt wohnenden Gasts.

Schäfer ist keiner, der um den heißen Brei redet. Das tat er auch in Rommelsbach nicht. Nach dem Abstieg des VfB in die 2. Bundesliga stand er als Entscheidungsträger zum Teil massiv in der Kritik. „Das hat mich schon sehr getroffen“, gab Schäfer offen zu. Zumal der langjährige Vertriebschef und seit 2009 auch stellvertretende Sprecher des Schrauben-Imperiums Würth in Künzelsau einen Großteil seiner Freizeit damals wie heute in den Verein investiert, um die teilweise kapitalen Fehler auszubügeln, die noch vor seiner Amtszeit begangen wurden.

Schäfer, der in Altdorf und Mittelstadt als Torwart in der Bezirksliga aktiv war, zeigte aber auch Verständnis für den Unmut der Fans: „Sie leben für den VfB und haben ihren Emotionen freien Lauf gelassen. Darüber bin ich mittlerweile weg.“ Vor allem auch, weil die Anhänger in der Folge entscheidenden Anteil am direkten Wiederaufstieg hatten. „Unsere Fans sind einfach Weltklasse“, meinte er angesichts der beeindruckenden Zuschauerkulisse und der immer weiter steigenden Mitgliederzahlen.

Gestärkt aus der Krise

Die Euphorie war beim Trainingsauftakt nach wie vor zu spüren. Schäfers Warnung folgte prompt: „So etwas dürfen wir uns nicht allzu oft erlauben.“ Gemeint war der Absturz in die Zweitklassigkeit. Entscheidend sei gewesen, dass man aus dem Betriebsunfall die richtigen Konsequenzen gezogen habe. Wesentliche Dinge wurden verändert. Der VfB ist gestärkt aus der Krise herausgegangen.

Zwei Schritte nach vorne habe der Verein gemacht, „jetzt müssen aber noch der dritte und der vierte folgen“, so Schäfer, damit sich die Stuttgarter wieder im oberen Tabellendrittel etablieren, wie es der Plan vorsieht. Dafür sind natürlich Zugänge notwendig. Neben Chadrac Akolo, Anastasios Donis und Orel Mangala werden „noch ein paar kommen“, verspricht Schäfer. Vorrangig ein Abwehrspieler sowie ein zweiter Torwart.

Mindestens genauso wichtig sind für Schäfer Verbesserungen in der Jugendarbeit. Wenn er an die lange Liste von Nationalspielern in der Mannschaft von Joachim Löw und den DFB-Nachwuchsteams denkt, die in der Vergangenheit auch schon mal das Trikot mit dem roten Brustring getragen hatten, mache ihn das „sehr traurig“. Damals habe beim VfB „etwas nicht gestimmt“, gesteht er ein. Es gibt seiner Meinung nach keinen besseren als Thomas Hitzlsperger, um Talente heranzuführen. Der Ex-VfB-Spieler und das neue Präsidiumsmitglied soll dafür sorgen, dass Spieler wie Joshua Kimmich, Timo Werner oder Antonio Rüdiger sich zukünftig an den Verein binden lassen. Schäfer erklärte: „Dafür muss das Umfeld stimmen.“

Mehr als nur ein kleiner Schritt, sondern vielmehr ein „großer Meilenstein“ für die Entwicklung des Vereins sei die Ausgliederung der Profifußballabteilung in die AG. Dass Sponsor Würth nach der Daimler AG ebenfalls Anteile erwerben wird, wollte Schäfer weder bestätigen noch dementieren. „Wir haben zuletzt unsere Premium-Partnerschaft um zwei Jahre verlängert und werden den VfB auf diese Weise unterstützen.“

Schon in jungen Jahren ist der gelernte Großhandelskaufmann im Reich des Montage-Profis gelandet. Hier hat er Werte gelernt, die sich „auch auf den VfB übertragen lassen“: Offenheit, Ehrlichkeit, Loyalität, Zuverlässigkeit und - ganz wichtig - Vertrauen. Diese Attribute legte er den Kindern des Fußballcamps für ihren Werdegang nahe - ob im Profi-Fußball oder sonst wo.

„Ich sage weiterhin, was ich denke“

Schäfers Weg als Funktionär beim VfB nähert sich derweil nach mittlerweile ziemlich genau drei Jahren dem Ende entgegen. Seinen Platz im neu zusammengestellten Aufsichtsrat der AG will er bei der für Anfang Dezember geplanten Mitgliederversammlung aus persönlichen Gründen freimachen. „Er hat sich wahnsinnig aktiv und erfolgreich um diesen Verein bemüht - gerade in der schwierigen Phase“, hatte der VfB-Präsident und neue AG-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Dietrich die Verdienste von Martin Schäfer in den höchsten Tönen gelobt und ergänzt: „Ich bin sehr froh, dass er sich dazu bereit erklärt hat, in dieser Übergangsphase auch dem neuen Aufsichtsrat anzugehören.“ Damit hat der VfB die Chance, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Bis dahin wird Martin Schäfer aber weiter Vollgas geben - und „weiterhin sagen, was ich denke“.