Neuzugänge bei den Hornets sind keine Unbekannten
OstfildernRapmusik ertönt in der Sporthalle 1 in Nellingen. Lena Degenhardt dreht den mobilen Lautsprecher zurecht, sodass ihre Mannschaftskameradinnen des Handball-Bundesligisten TV Nellingen beim Aufwärmen musikalische Untermalung bekommen. „Eigentlich ist Celina unser Mannschafts-DJ“, sagt Degenhardt. Aber deren Handy ist kaputt. Also springt die Rückraumspielerin ein, obwohl ihr Handy auch schon die Spider-App trägt. Deutsch: gesprungenes Display.
Dass Torhüterin Celina Meißner Mannschaft-DJ ist, sagt viel über das aktuelle Team der Hornets aus. Meißner ist – im Gegensatz zu Degenhardt – eine der vier Neuzugänge neben Trainer Carsten Schmidmeister. Dass eine Neue gleich die Musik bestimmt, bedeutet: Für das Team wird zwischen alt und neu nicht unterschieden. Und so fremd und unbekannt sind die Neuen nämlich gar nicht. Auch untereinander.
Schmidmeister ist zwar neu in Nellingen, für Meißner und Linksaußen Alina Ridder ist er ein Bekannter: Er war ihr Co-Trainer bei der SG BBM Bietigheim II in der 3. Liga. Meißner, die als Erste in Nellingen unterschrieben hatte, war von Schmidmeisters Verpflichtung „sehr überrascht. Er hat nun andere Aufgaben als in Bietigheim“. Auch Meißners Aufgabe ist nun eine andere. Zweitliga-Erfahrung hat sie bei der TG Nürtingen in der vergangenen Saison zwar bereits gesammelt, aber die Bundesliga ist Neuland für sie: „Ich kann die Liga so gar nicht einschätzen.“ Dabei hilft ihr Sarah Wachter, die andere Nellinger Torhüterin. Die beiden kennen sich seit fünf Jahren, auch aus der Jugend-Nationalmannschaft, und gehen zusammen in eine Klasse auf der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule in Stuttgart. Nächtes Jahr machen sie ihr Abitur. „Der Konkurrenzkampf zwischen uns muss da sein, auf freundschaftlicher Basis“, sagt Meißner. „So kitzeln wir gegenseitig das Beste aus uns heraus.“ Derzeit steht die 20-Jährige jedoch als Einzige im Nellinger Tor: Wachter wurde Mitte Juli am Ellenbogen operiert und kuriert sich noch aus.
Bewährte Fahrgemeinschaft
Verletzt ist auch Meißners Mitbewohnerin Stefanie Schoeneberg: Bänderrisse am Sprunggelenk. Dass Meißner zu Schoeneberg in die WG in Nellingen zog, war einfach logisch: Beider Heimat ist Schleswig-Holstein, beide spielten zusammen in der Jugend beim VfL Bad Schwartau und hatten eine Fahrgemeinschaft zum Training. Die haben sie jetzt wieder durch Schoenebergs Verletzung: „Ich fahre sie hin und her und zur Physio und helfe ihr, wenn sie den Lymphomat braucht“, sagt Meißner.
Hilfsbereit, so beschriebt auch Sarka Marcikova ihre neuen Teamkameradinnen. Die tschechische Nationalspielerin lief bisher in der ersten polnischen Liga für Pogon Baltika Stetin auf. „Es ist eine viel bessere Stimmung im Team, als ich sie vergangenes Jahr in Polen erlebt habe“, sagt die 26-Jährige. „Ich war wirklich überrascht, dass es auch anders geht. Der Zusammenhalt ist groß, es gibt keine Grüppchen.“ In der Bundesliga zu spielen, war immer ihr Traum. „Ich weiß von Freundinnen, dass in dieser Liga jeder jeden schlagen kann.“ Marcikovas Deutsch ist recht gut, sie lernt jeden Morgen zusammen mit ihrem Freund Lukas, ebenfalls ein tschechischer Handballer. Das Paar ist seit acht Jahren zusammen, beide spielten in Polen. „Allerdings lebten wir da 600 Kilometer entfernt. Das war auch der Grund, warum ich zu den Nellingerinnen gewechselt habe: Wir wollten zusammen oder zumindest uns näher sein“, sagt die Rückraumspielerin. Das sind sie jetzt: Die beiden Studenten – sie Finanzwissenschaften, er Informatik – leben in Deizisau. Er spielt beim Baden-Württemberg-Oberligisten TSG Söflingen, eine Stunde Fahrtzeit entfernt. Nur ein Job fehlt beiden noch, der Verein will sich darum kümmern. „Jetzt warte ich den ganzen Tag aufs Training“, sagt Marcikova und lächelt. Sie freut sich drauf.
Genauso geht es Catherine Csebits: „Ich freue mich drauf, so richtig, auf alles“, sagt die Schweizer Nationalspielerin. „Ich bin super aufgenommen worden.“ Hilfreich, um anzukommen, war für Csebits auch, dass sie mit Spielführerin Tanja Padutsch, Degenhardt und Linksaußen Jennifer Issifou in der Team-WG, dem „Hornissennest“, wohnt. In dem Haus in Denkendorf wohnen Padutsch und Csebits in der unteren Drei-Zimmer-Wohnung, ein Stock darüber Degenhardt und Issifou. Auslandserfahrung hat Csebits bereits gesammelt: In der Saison 2016/2017 spielte sie in der Handballakademie beim dänischen Club SK Aarhus im Nachwuchsteam und trainierte bei den Profis mit. Sie wurde mit der U 18 von Aarhus Dritte der Meisterschaft. „Das war eine geile Saison“, erinnert sich die 19-Jährige – und eine solche will sie nun mit Nellingen erleben. Um ihre Matura zu machen, kehrte sie vergangenes Jahr in die Schweiz zurück und spielte beim LK Zug. Was sie nun studieren will, weiß sie noch nicht.
„Viele knappe Spiele“
Alina Ridder weiß das schon: Die Linksaußen aus Bietigheim wird Sportwissenschaften, Soziologie und Sportmanagement in Stuttgart studieren und ist wieder zu ihren Eltern nach Weinstadt gezogen. Die Bundesliga ist für die 19-Jährige „ein großer Schritt. Es wird viele knappe Spiele geben“, glaubt Ridder, „aber wir sind individuell gut aufgestellt.“
Und so individuell läuft auch das Aufwärmen: Padutsch dehnt ihre Schulter am Torpfosten, Roxana-Alina Ioneac zieht am Theraband, Meißner macht Balance-Übungen. Degenhardt wählt einen neuen Song aus, lockert dann ihren Oberschenkel auf der Blackroll. Csebits plaudert zwischendurch mit der Verletzten Schoeneberg. Die ist zum Training gekommen, auch wenn sie nur zugucken kann. Der Mannschafts-DJ hat sie gefahren.