Wolfschlugens Harriet Seckinger (links) packt zu, aber Nellingens Marlene Kriessler muss später mit drei Zeitstrafen vom Feld. Foto: Herbert Rudel - Herbert Rudel

Zur Pause führt das junge Team noch mit 15:10

OstfildernManchmal sind es wenige Szenen, die viel über ein Handballspiel erzählen. Szene eins im Drittliga-Derby zwischen dem TV Nellingen und dem TSV Wolfschlugen: In der ersten Hälfte sind noch fünf Sekunden zu spielen, Nellingens Chiara Baur fasst sich aus der Distanz ein Herz und zimmert den Ball laut krachend in den Winkel. Es ist ein Ausrufezeichen, mit einer 15:10-Führung gehen die Hornets in die Kabine. Szene zwei: In der zweiten Hälfte sind noch zwölf Sekunden zu spielen, obwohl Wolfschlugen mit zwei Toren Vorsprung führt, nimmt Trainer Rouven Korreik eine Auszeit. Bloß auf Nummer sicher gehen, in diesem Duell scheint alles möglich. Am Ende eines emotionalen, zeitweise hochklassigen, superspannenden Spiels gewinnen die Wolfschlugenerinnen mit 28:25.

Die Strapazen der 60 Minuten waren den Protagonisten anzusehen. „Kampf, einfach nur Kampf“, sagte Wolfschlugens Mara Seitzer auf die Frage, wie das Team die Wende geschafft hatte. Die Gästespielerinnen hatten sich in der Kabine daran erinnert, dass die Nellingerinnen in der Woche zuvor in Allensbach nach dem Wechsel eine schwache Phase gehabt und verloren hatten. Und tatsächlich: Nach dem Treffer zum 16:10 kurz nach der Pause schrumpfte der Vorsprung des TVN auf 18:17, zehn Minuten vor dem Spielende zogen die Wolfschlugenerinnen auf 21:20 vorbei. Durch zwei Treffer von Seitzer, der in der ersten Hälfte nicht alles gelang, die nun aber zur Anführerin und Matchwinnerin avancierte. In der spannenden Schlussphase verteidigten die Wolf-schlugenerinnen die Führung.

„Ich bin bedient.“ TVN-Trainerin Veronika Goldammer tat sich schwer, Worte zu finden. „Ich kann den Mädels keinen Vorwurf machen.“ Wie Nellingens Beste Leonie Dreizler sah auch Goldammer in den vielen Zweiminutenstrafen nach dem Wechsel einen Grund für die Niederlage. „Schade, dass wir verloren haben. In der ersten Hälfte haben wir so gut gespielt“, sagte Dreizler. Alle sieben Zeitstrafen kassierten die Hornets nach dem Wechsel, nur eine Wolfschlugenerin musste raus. „Das haben die Wolfschlugenerinnen clever provoziert“, sagte Goldammer.

Die Nellingerinnen werden ein paar Tage brauchen, um den Frust der Niederlage abzuschütteln. Dann werden sie erkennen, dass sie auf einem guten Weg sind. „Ich glaube, dass wir nicht die schlechtere Mannschaft waren“, sagte Goldammer schon direkt nach dem Spiel. Kollege Korreik sah es ähnlich: „Über 60 Minuten waren wir nicht das bessere Team, aber in der entscheidenden Phase waren wir besser“, erklärte er und gab zu, dass er sich in der Pause weniger sicher als etwa Seitzer war, dass das noch etwas werden würde. Über den TVN sagte Korreik: „Nellingen hat tolle Spielerinnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Mannschaft richtig punkten wird.“

Tatsächlich spielten die Nellingerinnen eine bärenstarke erste Hälfte. Vorne zeigten sie sehenswerte Angriffe, der Schlüssel aber lag in einer konsequenten Abwehr, mit der sie die Wolfschlugenerinnen immer wieder zu Würfen aus mäßigen Positionen zwangen. Über das Talent, das im TVN-Team steckt, sagt viel aus, dass es bei den Wolfschlugenerinnen erst besser wurde, als sie Spielmacherin Baur in enge Deckung nahmen. Baur ist gerade 20 Jahre alt.

Die zweitplatzierten Wolfschlugenerinnen profitierten am Ende von ihrer größeren Erfahrung, die sie auch als Aufsteiger haben. Und vom Glauben an die eigene Stärke. Den müssen sich die Nellingerinnen nach zwei unglücklichen Niederlagen in Folge und auf dem drittletzten Rang stehend erst erarbeiten. Vielleicht sollten sie sich dafür auf Video vor allem Szenen wie die fünf Sekunden vor der Halbzeit ansehen.

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