Gibt seit Saisonbeginn bei der NSU die Richtung vor: Pascal Morgant. Foto: Baumann - Baumann

Der frühere TVN-Coach im Interview über seine Rückkehr nach Nellingen, das Hinspiel und die Bedeutung der Begegnung.

OstfildernWenn am Samstag (19.30 Uhr) die Bundesliga-Handballerinnen des TV Nellingen die Neckarsulmer SU zu Gast haben, ist dies mehr als ein Derby, mehr als ein Kellerduell. Es ist ein Wiedersehen. Pascal Morgant, Trainer des Viertletzten aus Neckarsulm, kehrt zurück an seine alte Wirkungsstätte. Fünf Jahre war er Coach der Nellingerinnen, schaffte mit ihnen den Aufstieg in die Bundesliga. Dort kämpfen sowohl die NSU als auch der TVN um den Klassenverbleib. „Wir stehen wie Nellingen gehörig unter Druck“, sagt der 43-Jährige.

Sie kehren am Samstag zum ersten Mal nach neun Monaten nach Nellingen in die Sporthalle 1 zurück. Fünf Jahre lang war das Ihre Heimspielstätte. Wie sieht es in Ihnen aus?
So viele Gedanken habe ich daran noch gar nicht verschwendet. Wir stehen wie Nellingen gehörig unter Druck. Gegen Bad Wildungen haben wir vergangene Woche einen glücklichen Sieg eingefahren, deshalb war die Konzentration auf Bad Wildungen. Ich hab zu wenig Zeit, mir Gedanken zu machen, wie es dann wird. Das Spiel ist Abstiegskampf und ich muss mein Team vorbereiten.

Wie ist Ihr Blick nun als Außenstehender auf den TV Nellingen?
Ich sehe ein nach wie vor sehr gut eingespieltes Team. Die Neckarsulmerinnen und ich haben das Spiel der Nellingerinnen in Blomberg am vergangenen Samstag angeschaut, die erste Hälfte sogar live in der Ballei vor unserem eigenen Spiel. Wir haben gesehen, dass sich die Spielerinnen weiterentwickelt haben. Tanja Padutsch spielt einfach eine starke Saison. Szimonetta Gera hat sich auf Rückraum rechts wirklich gut etabliert, Lena Degenhardt hat sich sehr gut entwickelt, mit Elisa Stuttfeld auf Linksaußen gibt es eine neue Alternative zu Jennifer Issifou. Sarka Marcikova zieht die Strippen ganz gut. Und die Qualitäten von Stefanie Schoeneberg, die am Kreis gerade vor Vivien Jäger die Nase vorn hat, kenne ich sehr gut. Und natürlich steht im Tor – nicht zu unterschätzen – Sarah Wachter, die uns auch schon im Hinspiel den Zahn gezogen hat.

Sarah Wachter spielt ab der kommenden Saison für Neckarsulm. Wäre es am Samstag gut für die Zukunft der NSU, wenn sie im Derby stark hält, oder wäre es Ihnen im Abstiegskampf nicht so recht?
(Lacht.) Doch. Wir wollen eine gute Torhüterin verpflichten. Und in diesen Situation ist es eben unser Los. Für sie ist es bestimmt eine besondere Motivation, da will sie zeigen, was sie kann. Ich gehe davon aus, dass wir auf eine sehr starke Sarah Wachter treffen werden.

Schielen Sie noch auf mehr Spielerinnen, die Sie gerne nach Neckarsulm holen würden?
Lena Degenhardt war Thema bei uns, da standen wir auch kurz vor der Verpflichtung. Das hat aus diversen Gründen nicht geklappt. Ich muss akzeptieren, dass sie mit der TuS Metzingen eine gute Alternative gefunden hat. Ich denke, Lena kann dort in ihrer Entwicklung auch den nächsten Schritt gehen.

Sie pendeln von Ihrem Wohnort Göppingen nach Neckarsulm, übernachteten dort anfangs für ein paar Nächte pro Woche in Ihrem Wohnmobil, mittlerweile haben Sie eine Wohnung. Wie war das Ankommen und Eingewöhnen sonst in Neckarsulm?
Sehr gut. Ich habe es so eingetroffen, wie ich es mir gewünscht und es erwartet habe: dass ein großer Umbruch ansteht, sodass ich mich zum Teil nach meiner Vorstellung verwirklichen kann. Wir sind nach wie vor auf einem sehr guten Weg. Mit Geschäftsführer Kai Stettner und Sascha Göttler als hauptamtlichen Angestellten arbeite ich eng zusammen was Planungen und Strukturen angeht. Aber auch im Trainerteam – mit meinem Torwarttrainer Oliver Rieth und Maike Daniels, die wir von der Spielerin zur Co-Trainerin umfunktioniert haben – klappt es mittlerweile sehr gut. W ir sind eine eingeschworene Truppe.

Nellingen und Neckarsulm kämpfen beide gegen den Abstieg. Welche Gemeinsamkeiten gibt es noch?
Es sind beide zwei wirklich große Vereine, bei denen nicht nur der Handball was zählt, sondern wie in Nellingen auch der Fußball und die Leichtathletik. Und so ist es in Neckarsulm auch. Wir haben Weltklasseschwimmer, von deren Schwimabteilung wir in Sachen Professionalität noch etwas lernen können. Wir haben Oberliga-Fußballer, Baden-Württemberg-Oberliga-Handballer, einen Rugby-Bundesligisten und einen Tischtennis-Zweitligisten. Das ist ein sehr gut funktionierender Verein, das sind die Parallelen.

Welche Unterschiede gibt es?
Der größte mich betreffende Unterschied ist, dass das Nellinger Bundesliga-Team im Gegensatz zur NSU von einer GmbH geführt wird. Zudem ist es in den Verein eingegliedert. Man muss also mit Vorständen und dem Vereinspräsidenten arbeiten, aber auch zusammen mit einem Geschäftsführer, der für den gesamten Verein verantwortlich ist. Man hat immer mehrere Interessen im Hintergrund neben dem Handball.

Nellingen hat Neckarsulm mit 25:22 im Hinspiel geschlagen. Warum sollte nun ausgerechnet Ihnen mit Neckarsulm in Nellingen ein Auswärtssieg gelingen?
Ich würde ganz gerne sagen, dass es damals Anfang der Saison war und wir noch nicht richtig eingespielt waren. Aber aufgrund von unserer Verletzungsmisere ist uns zuletzt mit Louisa Wolf ein Stück weit das Herzstück der Mannschaft weggebrochen. Daher befinden wir uns permanent in dieser Saison im Umbruch. Wir werden mit Sicherheit nicht nach Nellingen fahren und sagen: „Jetzt gewinnen wir dort.“ Ich sage dasselbe wie vor dem Spiel gegen Bad Wildungen: Es war ein 50:50-Spiel im Hinspiel, und so wird es im Rückspiel auch in Nellingen sein. Wir hoffen natürlich, dass wir dieses Mal das bessere Ende für uns erwischen.

Stichwort Louisa Wolfs Verletzung: Da haben Sie eine richtige Kreuzbandriss-Serie, denn zuvor erlitten schon in der Vorbereitung die frisch verpflichteten Neuzugänge Michelle Goos und Roberta Ivanauskaite dieselbe Verletzung im Knie. Wolf wird bis zum Saisonende ausfallen, wann sind die anderen beiden wieder fit?
Bei Roberta Ivanauskaite wird es diese Saison auch knapp, da hoffen wir, sie zur Vorbereitung wieder dabei zu haben. Bei Goos wird es ebenfalls eine knappe Entscheidung werden.

Wie kompensieren Sie den Ausfall von Wolf? Sie konnten zwar kurzfristig noch die Isländerin Birna Haraldsdóttir verpflichten, allerdings spielt diese Rückraum rechts, eine Spielmacherin ist sie nicht.
Sie verstärkt in erster Linie unseren Abwehrverbund. Wir werden versuchen, um unsere starke Torhüterin Nicole Roth eine starke Abwehr zu stellen. Das ist uns gegen Bad Wildungen gelungen, die zehn Gegentreffer in der zweiten Hälfte waren schon sehr gut. Und im Angriff sind wir durch Birna Haraldsdóttir variabler. Sie hilft uns erstmal, aber ein 1:1-Ersatz für Wolf ist sie nicht.

Was zeichnet die Nellingerinnen aus?
Ihre größte Stärke sind ihr Kampfeswille, den sie in Neckarsulm schon gezeigt haben, und ihre Eingespieltheit. Bis auf Marcikova sind es Spielerinnen, die größtenteils vergangene Saison schon zusammen gespielt haben. Es ist eine funktionierende Mannschaft, das ist gerade noch ihr großes Plus. Die Spielerinnen kennen ihre Abläufe und wissen untereinander, wie die andere funktioniert.

Das Interview führte Karla Schairer.