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Gelten soll die Neuordnung ab der Saison 2020/2021.

EsslingenErste Ideen gab es schon lange, entsprechende Gerüchte auch, Andeutungen seit ein paar Monaten – jetzt liegen die Pläne auf dem Tisch: Der Handball-Verband Württemberg (HVW) strebt eine umfassende Reform der Spielklassen an. Die Vereine sollen bei der Entscheidung mit ins Boot geholt werden. Das dürfte aber nicht einfach werden, denn es regt sich Widerstand. In der Saison 2020/2021 soll die Neuordnung umgesetzt werden, Auswirkungen gibt es aber bereits in der laufenden Spielzeit.

Kernstücke der Reform, die sowohl den Männer- als auch im Frauenbereich betrifft, sollen die Einführung einer einzigen Württembergliga statt bislang zwei Staffeln sowie die generelle Abschaffung der Relegationsspiele sein. Zwischen der höchsten württembergischen Spielklasse und den dann vier statt bislang drei Landesligen mit jeweils nur zehn Teams (siehe Grafik) sollen zwei Verbandsligen eingezogen werden. Die Verbandsliga gab schon mal – bis sie bei einer früheren Spielklassenreform abgeschafft wurde.

Michael Roll, der Vorsitzende des Verbandsausschusses Spieltechnik, wirbt für die Reform und lobt „die sportliche Attraktivität durch leistungsmäßig ausgeglichenere Staffeln in den einzelnen Ligen“. Er nennt aber auch einen ganz entscheidenden Punkt: „Darüber hinaus entlastet es die angespannte Lage im Schiedsrichterwesen, denn durch reduzierte Staffelgrößen müssen bei den Frauen und Männern rund 200 Spiele weniger mit Schiedsrichtern besetzt werden.“ Die Besetzung der Spiele mit qualifizierten Unparteiischen oder überhaupt mit Schiedsrichtern ist schon lange ein großes Problem.

Vor allem einige der momentanen Württembergligisten haben Bedenken. Sie fürchten im Gegensatz zu Roll, die Attraktivität der Spielklasse würde durch das Wegfallen einiger Derbys leiden. In der laufenden Saison spielen in der Südstaffel fünf Mannschaften aus der Region Esslingen/Nürtingen.

In der kommenden Spielzeit würden sich nur die besten sechs Teams der beiden Staffeln für die neue, eingleisige Württembergliga qualifizieren. „Für uns würden viele Lokalkämpfe wegfallen“, beklagt Kurt Ostwald, der Vorsitzende der HSG Ostfildern. „Zu so einem Spiel kommen etwa 150 Zuschauer mehr, uns würden am Ende der Saison 5000 bis 6000 Euro fehlen“, erklärt der Ehrenpräsident des Handball-Bezirks Esslingen-Teck. Und: „Das Ganze ist zu kurz gedacht, wir brauchen eine baden-württemberg-weite Lösung.“

Es gibt aber auch in den Vereinen Befürworter der Reform. So sagt etwa Veit Wager, der Trainer des Württembergliga-Spitzenteams TSV Wolfschlugen: „Die Reisen würden vielleicht etwas weiter, aber was das sportliche Niveau betrifft, ist diese eingleisige Württembergliga durchaus attraktiv.“ Derbys könnte es vermehrt in der Verbandsliga geben.

Während im Fall der Umsetzung in der kommenden Saison in der Württembergliga das Rennen um die Plätze losgehen würde, bleibt in der laufenden Spielzeit in Sachen Relegation alles beim Alten: Die Meister der beiden Staffeln steigen auf, die Zweiten spielen mit den badischen Vertreter in der Relegation. Anders sieht das in der Landes- und Bezirksliga aus: Da fällt die Relegation in jedem Fall bereits in der laufenden Runde weg – nur der Meister steigt auf. Bislang war die Regelung besonders komfortabel, weil zwei von drei Zweitplatzierten den Sprung in die Württembergliga geschafft haben. Betreffen könnte das etwa den TV Reichenbach, der in der Staffel 2 der Landesliga momentan Zweiter ist, mit zwei Minuspunkten und einem Spiel mehr als Spitzenreiter TV Altenstadt. So könnte das Spitzenspiel am 23. März, dem viertletzten Spieltag, zum vorgezogenen Aufstiegs-Endspiel werden. In der Bezirksliga Neckar-Fils muss Tabellenführer TSV Denkendorf seinen Ein-Punkte-Vorsprung vor dem tus Stuttgart unbedingt verteidigen, der Dritte EK Bernhausen ist schon vier Zähler weg.

Abstimmung im Mai oder Juni

Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, entschieden ist aber noch nichts. Ende März soll die endgültige Fassung dem HVW-Präsidium vorgelegt werden, abgestimmt wird dort im Mai oder Juni. Mitte März wollen sich die Vereinsvertreter des Bezirks Neckar-Fils treffen, um die Pläne zu diskutieren und anschließend „mit einer Stimme“ zu sprechen, wie Ostwald ankündigt. Der langjährige Funktionär hat dabei eine Vermutung: „Ich glaube, die Verbandsliga wird nicht kommen.“