Anna Tonn in Aktion. Foto: Herbert Rudel - Herbert Rudel

Handballerin Anna Tonn trifft beinahe zehnmal pro Partie – und hat damit entscheidenden Anteil am Höhenflug der HSG Deizisau/Denkendorf.

DeizisauAnna Tonn ist gut gelaunt. „Ich kann mich gerade nicht beklagen“, sagt sie. Kein Wunder, denn die Handballerin steht mit der HSG Deizisau/Denkendorf verlustpunktfrei auf Platz zwei der Württembergliga – und sie selbst hat einen riesengroßen Anteil daran. Beeindruckende 57 Tore hat Tonn in dieser Saison bereits erzielt, das sind beinahe zehn pro Partie. Im vergangenen Spiel gegen den SC Lehr vor zwei Wochen traf sie gar 17 Mal. Doch die Rückraumspielerin will ihre Leistungen nicht zu hoch hängen, sie verweist lieber auf das Kollektiv: „Die 17 Tore waren eine Ausnahme. In diesem Spiel haben wir als Team einfach sehr gut gespielt und funktioniert, außerdem hat uns der Gegner auch ein wenig in die Karten gespielt.“ Anna Tonn, die torgefährliche Teamplayerin.

Tonn hat die gesamte Jugend bei der JSG Deizisau/Denkendorf durchlaufen, ist also ein waschechtes Eigengewächs. Lediglich zwei Jahre kehrte sie dem Verein den Rücken, von 2016 bis 2018 spielte sie für den TV Möglingen in der 3. Liga. Dass sie zurückkam, hatte zwei Gründe: Zum einen hätte die in Deizisau wohnhafte Rückraumspielerin die Fahrten nach Möglingen zeitlich nicht mehr mit ihrem Beruf unter einen Hut bekommen, zum anderen ist der Verein eine absolute Herzensangelegenheit für sie. „Hier bei uns herrscht ein Zusammenhalt, wie ich ihn woanders noch nie erlebt habe“, schwärmt Tonn. „Ich kenne keinen, der nicht alles für den Club geben würde. Wir sind wie eine große Familie.“

Eine, die diesen Gedanken zu hundert Prozent lebt, ist laut HSG-Coach Steffen-Irmer-Giffoni Tonn selbst. „Anna bringt sich toll ein, um den Frauenhandball bei uns nach vorne zu bringen. Sie gibt im Training Vollgas und den jüngeren Spielerinnen Tipps“, schwärmt der Trainer. Was er außerdem an ihr schätzt: „Sie nimmt sich selbst nicht viel raus und stellt immer das Team in den Vordergrund. Dieser starke Mannschaftsgedanke ist so ein wenig unser Erfolgsgeheimnis.“

„Haben Blut geleckt“

Die Entwicklung bei der HSG schreitet indes Stück für Stück voran. Das Team hat einen Schritt nach vorne gemacht und sich zu einem Spitzenteam der Württembergliga gemausert – auch wegen Tonn. „Klar ist, dass wir durch Anna in der Spitze deutlich an Qualität zugelegt haben“, sagt Irmer-Giffoni. Derzeit steht Deizisau/Denkendorf verlustpunktfrei auf Rang zwei, am ersten Spieltag gelang zudem ein Prestigesieg gegen den Rivalen TV Reichenbach. „Das hatten wir so nicht erwartet“, gibt Tonn zu. „Wir waren eher gespannt, wie die Runde beginnen würde, weil wir in der Vorbereitung teilweise arg dezimiert waren.“

Das große Ziel bleibt weiterhin die Qualifikation für die eingleisige Württembergliga – das hindert die HSG-Spielerinnen jedoch nicht daran, von Höherem zu träumen. Tonn: „Na klar, wir haben schon ein wenig Blut geleckt. Aber es ist jetzt auch nicht so, dass wir sagen, dass wir kein Spiel mehr verlieren dürfen und aufsteigen müssen.“ Nein würde zum Aufstieg aber auch niemand sagen, meint Coach Irmer-Giffoni. „Wenn alle Spielerinnen gesund bleiben, werden wir sicherlich oben mitspielen. Wir haben ja auch schon vor der Saison gesagt, dass wir uns im Bereich zwischen Platz eins und drei bewegen wollen.“

In etwa drei Wochen werden Irmer-Giffoni, Tonn und Co. genauere Prognosen aufstellen können – dann hat Deizisau/Denkendorf unter anderem die Spiele gegen den Ersten TG Nürtingen II und den Dritten TV Weilstetten hinter sich. „Diese Partien sind unglaublich wichtig“, weiß Tonn. Sie selbst wird es, wie schon während der gesamten Saison, wahrscheinlich wieder besonders schwer haben. Denn die meisten Teams nehmen Tonn spätestens im Verlauf des Spiels in enge Deckung. Umso beeindruckender sind ihre Statistiken – es schafft aber auch Räume für ihre Mitspielerinnen. Und es ist ja auch nicht so, als wäre Tonn während der Sonderbewachung komplett abgemeldet. Irmer-Giffoni: „Sie bietet sich trotzdem immer wieder an und stiftet Unruhe in der gegnerischen Verteidigung.“ Die Rückraumspielerin hat hohe Erwartungen an sich selbst – unter Druck setzt sie sich deshalb jedoch nicht. Und auch von Team und Trainern spürt sie keine übertriebene Erwartungshaltung.

Ehrgeizige Ziele

Tonn hat einfach Spaß am Handball, vor allem in dieser Mannschaft. Dennoch – das gibt sie offen zu – reizt sie der Gedanke, noch einmal ein wenig höherklassig zu spielen. „Klar denkt man daran, aber es ist noch viel zu früh, über die nächste Saison zu sprechen. Ich habe mich noch überhaupt nicht festgelegt.“ Wenn Tonn und die restlichen HSG-Akteurinnen so weitermachen, würde sie für diesen Wunsch vielleicht nicht einmal wechseln müssen.