Tanja Padutsch geht in ihre fünfte Saison für den TV Nellingen. Foto: Rudel - Rudel

Interview mit Tanja Padutsch, der neuen Spielführerin des Handball-Bundesligisten TV Nellingen

OstfildernVor einem Jahr stand Nellingens Rechtsaußen Tanja Padutsch vor einer schwierigen Entscheidung: Für mehr als ein halbes Jahr nach Philadelphia um dort in der USA für ihre Biologie-Masterarbeit über die unheilbare Krankheit Multiple Sklerose zu forschen – oder weiter Handball in Nellingen spielen. Sie entschied sich für das Studium. Vor dieser Saison stand Padutsch wieder vor der Wahl: Studium oder Sport. Dieses Mal gewann der Handball, wie sie im Interview erzählt.

Sie sind fast ein halbes Jahr wieder da, nachdem Sie mehr als sieben Monate studienbedingt in den USA waren und in dieser Zeit keinen Handball in der Hand hatten. Welches halbe Jahr war besser – das ohne oder das mit Handball?
Es hat beides Vor- und Nachteile. Klar, die USA waren ein Erlebnis, ich habe viel Neues gelernt und viele Menschen kennengelernt. Das mache ich aber in Nellingen genauso, wir haben ja hier auch Neuzugänge. Der Lebensstil in den USA war anders, da er nicht durch Handball bestimmt war. Aber jetzt habe ich auch wieder diesen Handball-Rhythmus und das ist gut, weil der Handball bisher mein ganzes Leben geprägt hat.

Sind Sie nun wieder auf Ihrem alten Leistungsstand?
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen, da wir ja noch in der Vorbereitung sind. Aber ich fühle mich gut. Momentan mache ich leider nichts nebenher außer Handball. Dadurch kann ich auch mal öfter morgens für mich selbst trainieren. Ich habe keine Schmerzen, das ist wichtig für mich. Aber klar, es gibt immer Luft nach oben.

Sie waren sich nach Ihrer Rückkehr lange nicht sicher, ob Sie in Nellingen bleiben, da Sie auf der Suche nach einer Doktorandenstelle waren. Wie sieht es beruflich bei Ihnen aus?
Ich hatte eine Zusage in München, die Stelle habe ich aber abgesagt – für den Handball. Die Stelle hat mich aber ziemlich interessiert. Es ging nicht um MS, sondern um HIV. Das hat mich gereizt, weil ich mich nicht nur auf einen Themenbereich festlegen will. Mit Viren arbeiten ist ein bisschen anspruchsvoller. Ich habe deshalb den Professor noch einmal angeschrieben. Ich soll mich nächstes Jahr vor dem Saisonende nochmal bei ihm melden.

Dieses Mal haben Sie sich also für den Handball entschieden. War es auch wieder so eine schwere Entscheidung wie damals, als Sie sich entschlossen, in die USA zu gehen?
Ja, durchaus. Es ist ja meine Zukunft. Ich hatte diesen Professor gefragt, ob es meine Chancen schmälert, wenn ich jetzt noch weiter Handball spiele. Und er war sehr verständnisvoll. Er meinte, es schmälert meine Chancen nicht. Ich soll dieses Hobby weiter betreiben so lange es noch geht. Ein Jahr sollte da keine Rolle spielen.

Sie haben also den Beruf erstmal auf Eis gelegt.
Nicht ganz. Ich suche gerade nach einem Laborjob. Das ist aber schwierig, weil die meisten Stellen für zwei bis drei Jahre ausgeschrieben sind.

Sie sind von der Mannschaft zur Spielführerin gewählt worden. Eine ungewohnte Rolle?
Durchaus ungewohnt, aber ich freue mich natürlich, dass mir die Mannschaft dieses Vertrauen entgegen bringt. Ich freue mich auch darauf, Verantwortung zu übernehmen. Ich bin ja jetzt mit 24 nicht mehr ganz so jung. Es ist mein fünftes Jahr hier in Nellingen, und da kriegt man dann doch mit, wie alles läuft.

Die beiden wurfstärksten Spielerinnen Annika Blanke und Louisa Wolf sind weg. Werden Sie jetzt die neue Topwerferin?
Als Außenspielerin ist man immer abhängig vom Spielverlauf. Man wird sehen, aber ich finde, wir sind ganz gut in der Breite im Rückraum aufgestellt. Jede wirft Tore. Wir sind eine junge Mannschaft und werden uns im Laufe der Zeit auch sicher noch steigern können. Wir verstehen uns alle auch außerhalb der Halle sehr gut und ich denke, dass sich das aufs Spielfeld übertragen wird.

Die Ersten sind aber schon verletzt.
Ja, in der Vorbereitung lässt sich so etwas nicht verhindern. Die Belastung ist höher als während der Saison. Ich hoffe dennoch, dass alle verletzten Spielerinnen möglichst schnell wieder aufs Spielfeld zurückkehren.

Der amtierende deutsche Meister Thüringer HC ist gleich der erste Gegner. Hat man da das Schlimmste gleich hinter sich oder wie geht man so ein Spiel an?
Im Prinzip haben wir nichts zu verlieren. Die Thüringerinnen werden zu dem Zeitpunkt auch noch nicht auf dem höchsten Stand ihrer Leistung sein. Wir können ganz frei aufspielen und auch alles geben. Ein Sieg ist nie unmöglich, auch wenn es sehr schwierig wird.

Das Interview führte Karla Schairer.