Die momentan 16 WFV-Bezirke. Grafik: WFV - Grafik: WFV

Rege Diskussionen bei der ersten Regionalkonferenz im Waldheim.

EsslingenSteffen Jäger sah sich veranlasst, aus seiner Sicht etwas klarzustellen. Eva Schwarz vom SC Geislingen hatte angemerkt, bei einer Reduzierung der Zahl der Bezirke im Württembergischen Fußballverband (WFV) von derzeit 16 auf zwölf kämen auf die Teams möglicherweise längere Reisen zu Auswärtsspielen zu. „So weit sind wir noch nicht“, betonte der stellvertretende WFV-Chef. Gemeinsam mit Harald Müller, dem Vorsitzenden des Verbands-Spielausschusses, leitet Jäger eine Kommission, die eine Reform der Verbandsstruktur erarbeiten soll. Im Vereinsheim der TSG Esslingen läutete das Duo bei der ersten von zunächst vier Regionalkonferenzen den Dialog mit den Mitgliedern dazu ein. Nachdem ein erster Versuch um die Jahrtausendwende gescheitert war, will der Verband diesmal peinlichst darauf achten, die Meinungen der Mitglieder zu berücksichtigen. Sie „mitzunehmen“, wie man sagt – und wie es im Waldheim an diesem Abend auch häufiger formuliert wurde. Ebenso oft wie „ergebnisoffen“.

Klar ist bislang, dass die Strukturreform auf dem Verbandstag am 8. Mai 2021 verabschiedet werden soll. Unklar ist, was dann genau verabschiedet wird. Dass bereits feste Pläne in der Schublade liegen, wie von manchen Fußballern vermutet, verneinten Jäger und Müller.

Möglichkeit zur Beteiligung

Klar wurde bei der ersten Regionalkonferenz – weitere folgen in Neustetten, Stafflangen und Leutenbach – aber auch, dass es um weit mehr geht als um eine mögliche Veränderung bei den Bezirken. Der Schuh drückt den Vereinen an vielen Stellen. Das zu bündeln und Lösungen zu finden, „wird nicht einfach“, wie Jäger nach der Versammlung erklärte. Der 40-Jährige Verwaltungsfachmann freute sich aber über „einen sehr konstruktiven Abend“. Die Teilnehmer begrüßten die Möglichkeit, sich zu beteiligen – an dieser und weiteren Regionalkonferenzen und auf der Internet-Plattform „Zukunft WFV“, die Kommunikations-Chef Heiner Baumeister vorstellte. „Die Technologie kommt von der Berliner Olympiabewerbung. Jetzt kann man sagen, das war nicht sonderlich erfolgreich – aber die Beteiligung war da sehr hoch“, erklärte Baumeister und erntete dafür einen Lacher.

Für eine Reform der Bezirke durch eine Verringerung auf zwölf oder neun spricht vor allem, dass die Anzahl der Mannschaften in den jetzigen Bezirken sehr unterschiedlich ist und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit, was Aufstiege betrifft. Sie variiert zwischen 60 aktiven Vereinen im Bezirk Riß und 131 im Bezirk Neckar-Fils. Bei einer Abstimmung im Plenum analog zu einer Fragestellung im Beteiligungsportal war eine Mehrheit der Vereinsvertreter offen für eine Reform.

Ohnehin scheinen die Clubs andere Probleme mehr zu beschäftigen: das Fehlen von ausreichend kompetenten Trainern besonders im mittleren Alter und von Ehrenamtlichen, die viele Bürokratie – und vor allem die immer weniger werdenden Fußballer und damit Mannschaften besonders im Jugendbereich. „Wir müssen für den Fußball werben, das mussten wir früher nicht“, bemerkte Müller. Die Zahl der A-Juniorenteams im WVF-Bereich ist von 1995 bis heute von 667 auf 558 gesunken, bei den B-Junioren von 753 auf 672, während sich die Anzahl der Jugend-Spielgemeinschaften weit mehr als verdoppelt hat. Die Zahl der aktiven Männermannschaften ging in den vergangenen zehn Jahren von 4441 auf 4071 zurück. Bei den Frauen- und Mädchenteams sieht es nicht besser aus.

Wie groß ist die Not?

„Wir müssen noch nicht aus der Not heraus handeln, der Spielbetrieb funktioniert. Aber wir sehen Tendenzen“, sagte Jäger und will „das, was wir haben, konsolidieren. Die Frage ist, wie ein Fußball-Verband auch in fünf oder zehn Jahren noch funktionieren kann.“ Er weiß aber auch, dass die Verbände gesellschaftliche Entwicklungen nicht aufhalten können.

Martin Hägele etwa, der Sportvorstand des FC Esslingen, sieht die Not schon etwas größer, gerade im Nachwuchsbereich sowohl bei den Mädchen als auch den Jungen. „Wie kann man die Jugendlichen bei der Stange halten? Das ist die größte Herausforderung“, sagte er. Das Problem an den gesellschaftlichen Veränderungen festzumachen reicht nicht aus – stattdessen müssten Vereine und Verbände auf das veränderte Freizeitverhalten der Jugendlichen reagieren. Und das Mitglied des WFV-Trainerstabes hat auch einige Vorschläge wie die Reduzierung der Jugendspieltage durch gebündelte Spieltage oder die Einführung von Freizeitmannschaften bei den Erwachsenen. Vielleicht wird Hägele seine Ideen auch in die Beteiligungsplattform schreiben.

In etwa einem halben Jahr will die Verbandsspitze die ersten Ergebnisse in weiteren Regionalkonferenzen diskutieren und die Vereine weiter „mitnehmen“. Auch da wird es vermutlich nicht nur um die künftige Zahl der Bezirke gehen.

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